“Aktion Abendsonne” und ein unrühmlicher Neujahrsempfang der Grünen im Odenwald

Am Sonntag, den 15. Januar, beteiligten sich nicht nur geladene Gäste am Neujahresempfang der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Erbach im Odenwald. Vor der Werner-Borchers-Halle hatten sich bereits etwa 200 Windkraftgegner der Schutzgemeinschaft “Rettet den Odenwald” versammelt und machten ihrem Ärger über eine fragwürdige Bewilligung  des Regierungspräsidiums Darmstadt (RP Darmstadt) zum Bau von fünf Windkraftanlagen Luft. Sie riefen “Industrieparks gehören nicht in den Wald” und “Grüne Paten, ihr habt eure Wurzeln verraten”. Sie forderten die Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne) auf, die “offensichtlich rechtswidrige, gegen den Artenschutz verstoßende Genehmigung der Windkraftanlagen im Lebensraum der Schwarzstörche („Stillfüssel“ bei Waldmichelbach) zurück zu nehmen.” Den Versammlungsraum durften sie betreten, aber sagen durften sie nichts – die Grünen riefen die Polizei.  

Prominenter Gast des Neujahrsempfangs war Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Sie sei an den Demonstranten vorbeigelaufen, ohne sie eines Blickes zu würdigen, berichten Teilnehmer der Protestveranstaltung. Einige Parteimitglieder hätten ihnen den “Stinkefinger” gezeigt. Andere hätten sie belächelt. Sie seien als “Atomkraftlobbyisten” und “Nazis” beschimpft worden.

Mehrere Demonstranten erhielten nach der Demonstration ungehindert Zugang zum Veranstaltungsraum, wurden sogar begrüßt und verteilten sich mit ihren selbst beschrifteten Schildern und Transparenten entlang der Wände, berichtet echo-online. Als Zwischenrufe laut wurden und die Protestierenden mit einem großen Transparent, auf dem “Wir trauern um unseren Odenwald” zu lesen war, kurzzeitig die Sicht auf das Podium versperrten, riefen die Grünen die Polizei. “Gegen eine solche Störung aber müssten sich auch die Grünen wehren”, hieß es. Die Bürgerinitiative berichtet, das eine Mitstreiterin trotz ihrer 63 Jahre und ohne Grund von einem “Grünen” so stark geschubst worden sei, dass sie fast gestürzt wäre.

Der Bürgerinitiative ging es nicht um Störung, sondern um ein Anliegen, das insbesondere die Grünen und die Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne) betrifft.

 

“Aktion Abendsonne”

Am 30.12.16, am letzten Arbeitstag des Jahres 2016, wurden gegen 11.00 Uhr, sozusagen kurz vor Feierabend,  vom Regierungspräsidium Darmstadt  (RP Darmstadt) der Bau und Betrieb von fünf Windkraftanlagen im Odenwald genehmigt. Die Genehmigung wurde ohne weitere artenschutzrechtliche Prüfung und trotz nachgewiesenen Vorkommens von Schwarzstörchen erteilt. „Diese rücksichtslose Vorgehensweise ist für uns einfach unbegreiflich“, erklärt Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. „Gerade der Schwarzstorch ist eine extrem empfindliche Art und wird durch Windenergieanlagen erheblich gestört – nicht nur zur Brutzeit.“ In Deutschland leben nur noch rund 500 bis 560 Brutpaare der seltenen Schwarzstörche. Eine alarmierend geringe Zahl! Auch Wespenbussarde, Rotmilane, Uhus usw. werden durch den Bau von Windkraftindustrieanlagen verdrängt oder getötet.

Hunde

Der Plan: “Waldumwandlung”

Die Genehmigung wurde ohne fachliche Expertise von Vogelschützern und ohne abschließende Klärung der Situation erteilt. Das RP Darmstadt  hat dem Antragsteller auferlegt, parallel zum Bau der Anlagen ein Monitoring des Schwarzstorchs durchzuführen. Diese Anweisung hält die Bürgerinitiative für Augenwischerei. Die Deutsche Wildtier Stiftung bestätigt: „Wenn das Brutpaar aus seinem Winterquartier zurückkehrt, wird es seinen vertrauten Brutplatz so nicht mehr vorfinden – ein Desaster für den sehr standorttreuen Vogel, der so schnell keinen geeigneten Ersatzlebensraum finden wird“, warnt von Münchhausen.

Sollte der Schwarzstorch wider Erwarten zurückfinden, sichert das Regierungspräsidium dem Betreiber zu, dass im Falle eines notwendigen Änderungsbescheides Maßnahmen geprüft würden, die nicht in den Betrieb der Anlagen eingreifen.

Das Regierungspräsidium Darmstadt lässt an seiner Positionierung keinen Zweifel.  Es unterstützt die Ansprüche der Windindustrie und rechtfertigt diese mit einem angeblichen öffentlichen Interesse, wobei er sich auf § 1 des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) beruft: Die Nutzung Erneuerbarer Energien, insbesondere der Windenergieanlagen, sollen Treibhausgasemissionen reduzieren und damit das Klima schützen können.

Das Regierungspräsidium Darmstadt plant eine “Waldumwandlung“. Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung (§ 9 BWaldG, § 12 HWaldG) und dem öffentlichen Interesse an der Windenergienutzung sei zugunsten der Windenergienutzung getroffen worden, erklärt das Regierungspräsidium lapidar. Es beruft sich auf eine Bewertung von Klose/Orf, Forstrecht, 2. Auflage 1998, § 9 Rd. 19, ein Buch, das im Buchhandel nicht mehr erhältlich ist. Das Regierungspräsidium kommt zu dem Schluss, dass das “hohe Landesinteresse” an dem Ausbau und der Nutzung erneuerbarer Energien als besonderer Belang berücksichtigt worden sei und das im vorliegenden Fall konkrete öffentliche Interesse an der Erhaltung des Waldes zurücktreten müsse.

Wer dem Regierungspräsidium noch bis hierher folgen wollte, könnte spätestens jetzt über dessen ehrbare Motive ins Zweifeln geraten. Die wirtschaftlichen Interessen privater Waldbesitzer wiegen für das RP Darmstadt genau so viel wie die Landesinteressen und die Interessen der Öffentlichkeit. Es bestehe “seitens der Waldbesitzerin ein hohes wirtschaftliches Interesse in der Nutzbarmachung von Waldstandorten zur Gewinnung erneuerbarer Energien und der damit verbundenen Pachteinnahmen”, heißt es in dem Genehmigungsbescheid.

Bauherr der Anlagen ist ENTEGA Regenerativ GmbH, eine 100%-ige Tocher der Entega AG, die sich nahezu vollständig in kommunaler Hand befindet. Der Grund für die Eile liegt auf der Hand: Nur mit einem Bescheid von 2016 konnten die höheren Subventionen für Windkraftanlagen aus dem alten Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) „mitgenommen“ werden. Gleichzeitig aber diente sie einem anderen Grund: Das Regierungspräsidium will mit seiner vorschnellen Entscheidung mögliche Anfechtungsklagen gegen Entega unterlaufen. Es befürchtet, dass eine längere Verzögerung der Vollziehung des Bescheids zu einer Anfechtungsklage gegen das Unternehmen und unter Umständen auch zu einem vollständigen Scheitern des Windkraftprojektes und damit zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin führen könnten, wie es in dem Bewilligungsschreiben heißt.

Das traurige Ende der einst grünen Bewegung

Die Grünen waren einst eine Zuflucht für Menschen, die sich um die Zerstörung der Natur sorgten. Sie waren regierungskritisch, originell und mutig, wenn es darum ging, die Wälder und Tiere zu schützen. Die Grünen von Heute haben nichts mehr mit den ehemals engagierten Rebellen gegen Bevormundung und Umweltzerstörung gemeinsam. Sie sind selbst ein Teil des kapitalistischen Systems geworden, das sich die Zerstörung der Natur zugunsten des Profits auf die Fahnen geschrieben hat. Mehr noch: Die Grünen sind dessen Thinktank.

Es sind die Grünen, die den menschenfeindlichen Frevel an der Natur  maßgeblich initiiert haben und fördern. Sie sind es, die die Waldumwandlung fördern und vorantreiben. Jeder Arbeitsplatz, der im Rahmen der Erneuerbaren Energien in Unternehmen oder Verwaltungen neu eingerichtet wird, stärkt ihren politischen Einfluss, ihre Macht und Bereitschaft, diese wunderbare Quelle der Geldvermehrung zu erhalten. Sie wissen, wie wirkungsvoll Demonstrationen sind, wenn sie mit genügend Nachruck agieren und eine großen Sympathie genießen, und sind auf der Hut, dass keine Protestbewegung ihre Kreise stört.

Die 63-jährige Windkraftgegnerin Dr. Angelika Grimm-Eckardt, eine promovierte Radiologin, schreibt in einer eMail an den Gymnasiallehrer Frank Diefenbach, der im Odenwald für die Grünen bei der Bundestagswahl 2017 antritt, wie sehr sie die Reaktion der Grünen beim Neujahrsempfang entsetzt habe. Sie schreibt:

“Sehr geehrter Herr Diefenbach,
an Ihrem heutigen Neujahrsempfang habe ich auch demonstriert. Wir haben uns ordentlich aufgeführt, sind keine Kaoten, sondern rechtschaffene Bürger. Wir sind besorgt um unsere Heimat und die Natur im Odenwald. Wir lehnen die Windkraft im Wald ab. Ich möchte hier nicht über Windkraftanlagen schreiben, sondern Ihnen meine tiefe Betroffenheit über die Art und Weise beschreiben, wie ich sie auf dem Neujahrsempfang durch mehrere Teilnehmer im Saal erfahren habe.
Ich glaube, Sie waren es, der die Demonstranten sogar begrüßt hat. Hätten wir nur kurz unsere Belange vortragen können, wären wir danach auch gleich wieder gegangen.
Was aber geschah läßt mich komplett zweifeln, daß ich bei den Grünen war. Ich und andere Demonstranten wurden als Nazis beschimpft, wir sollten zur AFD gehen. Ein kräftiger Mann hat mich ältere Frau mehrfach geboxt und geschubst, daß ich fast das Gleichgewicht verloren habe. Ist das die Art der Grünen mit ihren politischen Gegnern umzugehen? Dabei habe ich die Grünen bereits gewählt zu Zeiten Petra Kelly und Gert Bastian. Ich habe bereits gegen Atomkraft demonstriert und Ihre Partei wirft uns vor , wir seien gesteuert von der Atomlobby.
Wenn so die Grünen mit Menschen umgehen, die anderer Meinung sind, brauchen sie sich nicht zu wundern über Menschen, die sich von ihnen abwenden.
Die Polizei vor der Tür hat mir empfohlen, den rabiaten Menschen, wegen Körperverletzung anzuzeigen. Das werde ich zwar nicht tun, aber mein Glaube, daß ich als Bürger gehört werde, hat mit dem heutigen Tag gründlich gelitten.”

Herr Diefenbach antwortet auf dieses Schreiben von Dr. Angelika Grimm-Eckardt. Dass er dabei den Titel unter den Tisch fallen ließ, gehört sich nicht, kann man aber vielleicht mit der gemeinsamen grünen Vergangenheit erklären. Wohlerzogen antwortet der Gymnasiallehrer, dass er der Demonstrantin die Besorgnis um die Natur selbstverständlich abnehme und betont, dass das Versammlungsrecht eines der wichtigsten demokratischen Grundrechte sei, er für jede faire Auseinandersetzung zu haben sei und “wir alle (Windkraftgegner und GRÜNE)” diesen Streit mit demokratischen Mitteln austragen müssten. Er habe im Saal auf der Bühne gestanden, die “Demo-Einlage” und den “Tumult”, wie er den Umgang mit dem Anliegen der Demonstranten bezeichnet, zwar mitbekommen, aber persönlich keine Handgreiflichkeiten gesehen.

Nun hätte Herr Diefenbach die Möglichkeit gehabt, der Demonstrantin zuzusichern, dem Vorfall nachzugehen, mit dem Angreifer ein ernstes Wort zu reden. Aber dazu sieht er keine Veranlassung. Er sagt: “Sollte es so gewesen sein (“Ein kräftiger Mann hat mich ältere Frau mehrfach geboxt und geschubst, daß ich fast das Gleichgewicht verloren hab”), dann geht das auf das Konto der entsprechenden Person, die handgreiflich wurde. Die GRÜNEN als Ganzes damit gleichzusetzen, halte ich allerdings für unredlich.” Er verteidigt sich gegen einen Vorwurf, der nicht erhoben wurde. Dies mag damit zusammen hängen, dass ein Grüner niemals schändlich handelt. Es sind immer die anderen, die dies tun, und für die übernehmen Grüne grundsätzlich keine Verantwortung, auch nicht als Veranstalter.

Auf einen zweiten Punkt reagiert Herr Diefenbach ebenfalls auf grüne Art: Pauschalbeschimpfungen (“Nazis”, “geht zur AFD”) seien natürlich fehl am Platz, sagt er. Er fügt jedoch einschränkend hinzu: “sofern sie gefallen sind”. Ein Bedauern übersteigt offenbar das grüne Vorstellungsvermögen. Stattdessen belehrt der Lehrer die promovierte Radiologin, sie sei im Grunde selbst Schuld an der Beschimpfung, denn bei den Windkraftgegnern gebe es nämlich “insgesamt durchaus politische Gesinnungen”, die sich dem AFD-Milieu zuordnen lassen oder auch anderen politischen Richtungen, bei denen ich eine demokratische Grundausrichtung nur schwer erkennen kann.” Verunglimpfungen wie “Nazi” sind derzeit typisch für eine grüne Klientel, die nach Bestrafung wegen “Hate Speech” ruft, wenn nicht sie es sind, die Menschen mit einer anderen Meinung verunglimpfen, sondern, umgekehrt, sie es sind, die beschimpft werden.

In den Reihen der Anti-Windkraftbewegung seien “selbstverständlich” auch “aufrechte, demokratische Naturschützer, mit denen zu reden wir GRÜNE und auch ich als Direktkandidat gerne bereit sind”, räumt der Herr Lehrer ein. Auf Pädagogenart werden die Guten ins Töpfchen und die Schlechten ins Kröpfchen sortiert. Welcher gebildete, erwachsene Mensch lässt sich denn von einem Lehrer eine Note für politisch korrektes Betragen geben?

Fazit der Bürgerinitiative:

“Der Artenschutz und die Menschen spielen für die Grünen keine Rolle. Wie auch immer: Wir haben beim Neujahrsempfang der GRÜNEN (Odenwaldkreis – Michelstadt) in Erbach (Odenwald) demonstriert. Anwesend war auch Fau Göring-Eckardt. Frau Göring ist an uns vorbeigelaufen und hat uns keines Blickes gewürdigt. Wir haben friedlich demonstriert. Dennoch haben einige Parteimitglieder uns zum Beispiel den “Stinkefinger” gezeigt. Einige haben uns belächelt. Gegen Ende hat man uns als “Atomkraftlobbyisten” und “Nazis” beschimpft. Eine Mitstreiterin von uns wurde trotz ihrer 63 Jahre – und ohne irgendeinen Auslöser dazu gegeben zu haben! – von einem “GRÜNEN” so stark geschubst, dass sie fast gestürzt wäre. Wo leben wir denn? Gerade die GRÜNEN waren es doch die jahrelang demonstriert haben. Und das vielfach weniger friedlich als wir. Ich finde das ist eine Unverschämtheit und es ist auch feige. Mit einem der Männer, die bei uns dabei waren, hätte dieser Mensch sich das sicher nicht getraut.
Nunja. Ich dachte, ich berichte mal. Es grüßt euch herzlich Daniela Kohl.”

Quellen:

 

Bürgerinitiative Gegenwind Siedelsbrunn bei Facebook:

 


Die Schutzgemeinschaft “Rettet den Odenwald” fordert mit dieser Petition die Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (GRÜNE) auf die offensichtlich rechtswidrige, gegen den Artenschutz verstoßende Genehmigung der Windkraftanlagen im Lebensraum der Schwarzstörche („Stillfüssel“ bei Waldmichelbach) zurück zu nehmen und die Bauarbeiten sofort stoppen zu lassen.

Link zur Petition: https://www.change.org/p/regierungspr%C3%A4sidentin-brigitte-lindscheid-rettet-die-schwarzst%C3%B6rche-im-eiterbachtal-odenwald

 


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