Keine Angst vor der Kernkraft!

Die Risiken unserer Industrie, insbesondere die der Energiegewinnung, werden mit unterschiedlichem Maß bewertet. Ganz oben auf der Gefahrenliste steht insbesondere in Deutschland die Kernenergie. Hat sie diese herausragende Position wirklich verdient? Lassen sich die Gefahren durch Kernkraftwerke an Hand zuverlässiger Zahlen belegen, oder ist es nicht vielmehr so, dass es im Vergleich mit der Kernenergie viel größere Gefahren bei der Energewinnung gibt, die wir aber aus unserem Bewusstsein verdrängt haben? Markus Branse hat sich darüber in einem Gastkommentar Gedanken gemacht.

Gastkommentar: Markus Branse

Wer die Risiken der Kernenergie fürchtet, sollte Folgendes bedenken:

Die eigentlichen Risiken liegen ganz woanders (übrigens, auch in Japan sind viele Menschen durch Erdbeben und Tsunami und deren Folgen umgekommen, während es in Fukushima Daiichi keinen einzigen Strahlentoten gab):

Autos, Chemiebetriebe, Kohlekraftwerke inklusive Bergbau, Öl und Gas und so weiter fordern jährlich mehr Tote als die friedliche Kernenergienutzung bislang gefordert hat, aber diese nehmen wir billigend in Kauf, wobei ein Verzicht auf Wasserkraft, Kohlekraft und erneuerbare Energien inklusive Wasserkraft wesentlich mehr Leben retten würde, als ein Verzicht auf die Kernenergie.

Es wird halt mir zweierlei Maß gemessen! Sicher ist es für die Tschernobyl- oder Fukushima-Daiichi-Anrainer alles andere als schön, ihre Heimat aufzugeben, aber es ist für den Anwohner an einer Bahnstrecke auch nicht schön, wenn der Flüssiggastransport hoch geht oder eine Leck geschlagene Gasleitung explodiert, wenn der Strand auf lange Sicht mit Öl verseucht wird, ist das für die Fischer und Anwohner auch schlimm oder wenn der LKW in das eigen Haus fährt, nachdem die Bremsen versagten, dass ein Flugzeug abstürzt auf unseren Wohnblock u.s.w. u.s.f. Aber dieser Risiken, die ungleich wahrscheinlicher sind, als ein ernster Kernenergie-Unfall, nehmen wir als selbstverständlich hin, während uns das ungleich geringere Risiko der Kernenergie als nicht hinnehmbar erscheint. Das ist einfach nur irrational.

Risiko Staudämme

Ermittelt man nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens – und dieses ist für die Kernkraft sehr umfassend – das tatsächliche Risiko, so stellt sich dieses als sehr gering heraus. Die für deutsche Kernkraftwerke durchgeführten Risikostudien haben für die Häufigkeit einer Kernschmelze Werte um 10 hoch minus 6 pro Jahr ergeben, das heißt: In einer Million Jahren ist mit einem einzigen Schadensfall zu rechnen. Dabei ist zu beachten, dass bei einer Kernschmelze zwar ein technisches Gerät zerstört würde, aber wie in Harrisburg kein Mensch zu Schaden kommen müsste. Im Vergleich dazu fehlen bei Staudämmen in der Regel technische Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden an Menschen. Betrachtet man die Situation der Bewohner des Zillertals in Österreich, die unterhalb von drei Staumauern leben, so kann man nur konstatieren, dass sie im Notfall ziemlich chancenlos wären. Der Bruch nur einer Mauer – durch ein Erdbeben oder einen Anschlag – würde das ganze Tal überschwemmen, es gäbe für Zehntausende Menschen kein Entrinnen aus der Flutwelle. Falsch wäre es dennoch, angesichts solcher Katastrophenszenarien den Ausstieg aus der Wasserkraft zu fordern. Wohl aber sollte man sich der Gefahren bewusst sein und eventuell Vorkehrungen zur Schadensbegrenzung treffen.

Beispiel: Seit den 50er-Jahren, gab es in z.B. in Europa zwei große Unglücke mit Staudämmen, die viele Tote forderten: Am 2.12.1959 brach der Malpasset-Staudamm bei Frejus (Frankreich), 421 Menschen starben. Am 9.10.1963 brachte in Longarone (Italien) ein Erdrutsch den Stausee zum Überlaufen, die Flutwelle forderte etwa 2500 Tote. Am 11.8.1979 brach der Machhu-Staudamm in Indien, die Stadt Morvi wurde überflutet.

Die Münchner Rück schrieb im Jahre 1997: Seit 1950 ereigneten sich weltweit rund 100 größere Dammbrüche; die meisten dieser Dämme sind vor 1930 erbaut worden (und daher vermutlich Erdwälle). 1975 sollen bei einem Staudammbruch am Huai-Fluss in China 26.000 bzw. mehr als 230.000 Menschen ums Leben gekommen sein.
”Überschwemmung und Versicherung“, Münchner Rück 1997, S. 29.

Risiko Chemieindustrie

Die Katastrophe von Bhopal, auch Bhopalunglück, ereignete sich am 3. Dezember 1984 im indischen Bhopal, der Hauptstadt des Bundesstaats Madhya Pradesh. In einem Werk des US-Chemiekonzerns Union Carbide Corporation traten aufgrund technischer Pannen mehrere Tonnen giftiger Stoffe in die Atmosphäre. Es war die bisher schlimmste Chemiekatastrophe und eine der bekanntesten Umweltkatastrophen der Geschichte. Tausende von Menschen starben an ihren unmittelbaren Folgen.

Hinsch

Man könnte noch wesentlich mehr Chemie-, Bergbau-, Öl-, Gas- u.s.w.- Katastrophen aufzählen. Dem stehen 3 ernste Ereignisse in der Kernenergie gegenüber (Majak, Tschernobyl und Fukushima). Wer die Kernkraft aus Sicherheitsgünden abschaffen will, sollte auch dafür sein, den Autoverkehr, alles anderen Arten der Energiegewinnung und alle anderen Industrien abschaffen!

Risiko Kernkraft

Tschernobyl und Fukushima lassen sich nicht vergleichen, zumal es sich um ganz verschiedene Reaktortypen handelte.
Hinzu kam im Fall von Tschernobyl, dass die Regierung die Evakuierung viel zu spät eingegleitet hat, während man in Japan schon frühzeitig gehandelt hat.

In Tschernobyl gab es auch KEINE hunderttausende von Toten, die WHO geht von 4000 Toten aus (im Straßenverkehr sterben jedes Jahr mehr, genauso wie in Kohleminen und anderen nicht nuklearen Bereichen)

Ein wassermoderierter Reaktor kann z.B. nicht so “durchgehen”, wie es bei Tschernobyl geschehen ist. Der negative Void-Koefizient verhindert dies.

“Atommüll” – Müll, der keiner ist

Dass der “Atommüll” nicht endgelagert wird, ist mehr ein politisches als technisches Problem. Chemische Gifte, Halbwertzeit=unendlich, einige davon noch giftiger als die radioaktiven Abfälle, werden problemlos endgelagert!

Außerdem sollte man die “abgebrannten” Brennelemente auch nicht als Müll betrachten: Sie sind ein Wertstoff. Sie könnten z.B. in zukünftigen Reaktorgenerationen wieder eingesetzt werden, die z.B. einen höheren Abbrand erlauben, als die heutigen. Die Transmutation könnte in Zukunft die Problemkomponenten unschädlich machen.

Mit Wiederaufarbeitung (in Deutschland politisch auch nicht gewollt) kann das Volumen des Mülls reduziert werden, die Spaltprodukte und Aktiniden werden in Glaskokillen eingegossen, die man problemlos endlagern könnte (selbst ein Wassereinbruch würde den Kokillen nichts anhaben), während man die thermisch spaltbaren Komponenten abtrennt und weiter verwendet.

Die Kernenergie ist eine der nachhaltigsten Formen der Energiegewinnung

Die Kerenergie ist meiner Einsicht nach eine der nachhaltigsten Formen der Energiegewinnung, und dies aus folgendem Grund:

Die Kernspaltung hat gegenüber anderen uns zur Verfügung stehenden Energiequellen einen entscheidenden Vorteil: Die extrem hohe Energiedichte, die dadurch zu Stande kommt, weil hier auf eine kernphysikalische Reaktion zurückgegriffen werden kann. Da über 99 % der Masse und damit auch der Energie im Atomkern liegen (E=mc2), ist die Energieausbeute gewaltig.
Während die Verbrennung von 1kg Steinkohle gerade mal 30 Megajoule Energie freisetzt, sind es bei der Spaltung von 1kg U-235 sage und schreibe 90.000.000 Megajoule Energie!

Hinzu kommt, dass auch in der Kerntechnik die Entwicklung nicht stehen geblieben ist. Während wir uns von dieser Technik verabschieden, wird in anderen Ländern fleißig an Kernenergie-Konzepte der Zukunft gearbeitet, die Kernkraftwerke der 4. Generation!

Somit wird auch die Technik zur Kernspaltung immer weiter entwickelt und effektiver und vor allem sicherer gemacht.

Makus Branse

Titelfoto: dimitrisvetsikas1969, pixabay


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