Völkermord durch deutsche Truppen: Es geschah in Deutsch-Südwestafrika – Deutsch-Südwas?

Foto: hans wakataitea

Bundespräsident Gauck verwendete in seiner Rede am 23. April 2015 anlässlich eines Gedenkgottesdienstes im Berliner Dom erstmals den Begriff des Völkermordes für Verbrechen an den Armeniern. In der entsprechenden Passage nahm er auch Bezug auf die deutsche Rolle im Ersten Weltkrieg: “In diesem Fall müssen auch wir Deutsche insgesamt uns noch der Aufarbeitung stellen, wenn es nämlich um eine Mitverantwortung, unter Umständen sogar Mitschuld, am Völkermord an den Armeniern geht.” [1]

Die Gräueltaten gegen Armenier geschahen 1915. Wenige Jahre zuvor, zwischen 1904 und 1908, vernichteten deutsche Truppen gezielt 85.000 Hereros und Namas in Deutsch-Südwestafrika, später Namibia. Der Genozid wurde durch die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen 1948 beschlossene Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes [2] als Völkermord anerkannt. Historiker stufen den Vernichtungskrieg gegen die Herero heute mehrheitlich als Genozid ein. [3]

Die deutsche Bundesregierung lehnt dagegen eine offizielle Wertung des Krieges gegen die Herero und Nama als Völkermord ab. 2012 erklärte sie, die “brutale Niederschlagung” des Aufstands »könne nicht nach den heute geltenden Regeln des humanitären Völkerrechts bewertet werden«. [4]

Gaucks Bewertung der Gräueltaten an den Armeniern hat die Zustimmung der Bundestags gefunden. “Das, was mitten im Ersten Weltkrieg im Osmanischen Reich stattgefunden hat, unter den Augen der Weltöffentlichkeit, war ein Völkermord”, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Redner aller Fraktionen teilten diese Einschätzung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) meldeten sich nicht selbst zu Wort. Noch vor der Sommerpause will der Bundestag eine Erklärung zu den Gräueltaten verabschieden. [5]

Die Anerkennung des Völkermordes an den Hereros und Namas steht dagegen aus.

[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/gedenkgottesdienst-im-berliner-dom-gauck-nennt-verfolgung-der-armenier-voelkermord-1.2448888
[2] Übereinkommen vom 9. Dezember 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes auf der Website der Schweizer Bundesregierung
[3] http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/176142/herero-aufstand
[4] http://www.bundestag.de/presse/hib/2012_08/2012_367/05.html
[5] http://www.RTL.de/cms/news/RTL-aktuell/tuerkei-nennt-gaucks-voelkermord-aussage-unverzeihlich-4828b-5f19-21-2288613.html?nav=ticker

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