Diätengesetz verfassungswidrig?

Nicht nur in der Öffentlichkeit stößt die geplante Diätenerhöhung für Bundestagsabgeordnete auf Widerspruch, sondern auch bei dem renommierten Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim. Dabei geht es nicht allein um den Betrag von zukünftig monatlich 9.082 Euro, sondern

Foto: escpeapalumni
um eine ganze Reihe von Leistungen und Privilegien, die von Arnim für bedenklich oder sogar verfassungswidrig hält.

Einseitige Darstellungen, Verschleierungen, taktische Manöver, Ausschaltung der parlamentarischen Kontrolle durch das Bestreben, die Diäten an die allgemeine Lohnentwicklung anzupassen und der Hang zur Selbstbedienung sind einige der Kritikpunkte von Armins an der großen Koalition. Ihr stehe eine Opposition gegenüber, die nicht einmal über ein Viertel der Bundestagsmandate verfüge, sagt von Arnim, dadurch sei die Kontrolle noch weiter geschwächt.

stern.de liegt ein Gutachten von Armins vor. Einleitung und Resümee des Gutachtens können unter diesem Link nachgelesen werden. Dazu auch das Interview mit Hans Herbert von Arnim.

Einige der Kritikpunkte:

  • Alle Abgeordneten erhalten eine steuerfreie Kostenpauschale von monatlich 4204 Euro zusätzlich zu den Diäten, auch dann, wenn sie geringere Aufwendungen haben, weil sie z. B. aus Berlin kommen und  deshalb keine Zweitwohnung und kaum Fahrten mit dem eigenen Pkw benötigten. Hinzu komme, dass die Festsetzung und laufende Erhöhung der Pauschale der öffentlichen Kontrolle entzogen wird, weil ihre Höhe nicht im Gesetz steht und sie obendrein dynamisiert sei. Dieses Verfahren sei verfassungswidrig.
  • Die Mitarbeiterpauschale werde im Gesetzentwurf und von der Kommission* überhaupt nicht behandelt, obwohl sie mit monatlich über 20.000 Euro rund fünfmal so hoch wie die Kostenpauschale und verfassungsrechtlich und politisch ebenfalls hochproblematisch ist.
  • Der hohe Versorgungsanspruch der Abgeordneten soll pro Mandatsjahr weiter erhöht und dynamisiert werden: von bisher 207 Euro monatlich auf in Zukunft 227 Euro. In zwölf Mandatsjahren sind das 2724 Euro. Durchschnittsrentner erhalten dagegen pro Arbeitsjahr nur einen Rentenanspruch von 28 Euro – über 12 Jahre sind dies 336 Euro.

Lesenswert ist außerdem die Begründung von Armins gegen den Vergleich von Abgeordneten mit Richtern. Dieser Vergleich passe nicht, und deshalb sei die Angleichung der Entschädigung an die Bezüge von Bundesrichtern nicht tragfähig.

 

Abgeordnete der Oppositionsfraktionen im Bundestag dürfen klagen

Der Gefälligkeitsbericht der selbst ernannten Kommission* leiste Hilfestellung, sagt von Armin: “Die Gesetzesinitiatoren vertrauen anscheinend darauf, dass Bürger mangels Klagebefugnis nicht gegen das Gesetz vorgehen können.
Abgeordnete haben aber sehr wohl die Befugnis zu klagen. Wenn die Oppositionsfraktionen im Bundestag es mit ihrer Kritik ernst meinen, können sie das Bundesverfassungsgericht anrufen und auch auf eine rasche einstweilige Anordnung des Gerichts dringen.”

 

*Bei der Kommission handelt es sich um eine selbstgeschaffene Kommission, einer so genannten „unabhängigen Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechts“ unter dem Vorsitz des früheren Bundesjustizministers Edzard Schmidt-Jortzig. Sie wurde im November 2011 vom Ältestenrat des Bundestags eingesetzt. Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der SPD berufen sich in ihrem Gesetzentwurf auf die Vorschläge dieser Kommission. Deren Bericht wurde am 19. März 2013 als Bundestagsdrucksache 17/12500 veröffentlicht. Dazu von Arnim: “Das geplante Abgeordnetengesetz kann deshalb nicht ohne genauen Blick auf den Kommissionsbericht vernünftig gewürdigt werden.”

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