„Kostenlose“ Energie wird zum Alptraum

Strompreise – dank EEG auf zu den Sternen. Ein Alptraum.

In Deutschland herrscht das Energiewendezeitalter. Bis 2050 soll die Stromerzeugung zu 80 % auf die sogenannten Erneuerbaren Energien umgestellt werden. Im Vordergrund stehen hierbei Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne, daneben gibt es noch Biomasse, Müllheizkraftwerke und Stauseen. Da Wind und Sonne keine Rechnung schicken, sollte dies alles den Verbraucher nicht mehr kosten als den Gegenwert einer Kugel Eis im Monat – so der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin im Jahre 2004. Inzwischen sind die realen Kosten jedoch so explodiert, dass Trittins Nachfolger Altmaier nach der Bremse sucht – und keine findet. Da jetzt Prognosen bis 2017 zur Verfügung stehen, ist es dringend Zeit für einen erneuten Faktencheck.

Ausgangspunkt sind zunächst einmal die tatsächlichen Gesamtkosten, die den Bürgern aufgrund von Zahlungen an die Betreiber von Anlagen entstehen, die nach dem EEG-Gesetz gefördert werden. Diese sind für den Verbraucher viel interessanter als die ursprünglich „klein“ wirkenden Aufschläge, die er pro kWh auf seiner Stromrechnung erkennen kann. Diese tatsächlichen Gesamtzahlungen werden ihm letztlich nicht nur über seine direkte Stromrechnung, sondern auch über seine gesamten übrigen Lebenshaltungskosten weitergereicht. Von exportierten Gütern einmal abgesehen werden schlieβlich sämtliche Stromkosten, die Industrie, Handel, Handwerk und öffentliche Verwaltungen zu bezahlen haben, auf dem Umweg über entsprechend höhere Preise wieder bei Otto Normalverbraucher landen. Anders kann eine Volkswirtschaft nun einmal nicht funktionieren. Die zurzeit erhobene Forderung, keine Ausnahmeregeln für energieintensive Industrien mehr zuzulassen, ist insofern ein reines Ablenkungsmanöver.

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Bild 1: An die Betreiber von EEG-Anlagen jährlich gezahlte Beträge in Mrd. €, ab 2012 Prognosen (rot) (Quellen: Wikipedia/ eeg-kwk.net)

Zu finden sind diese Angaben übrigens für jeden, der sich dafür interessiert, auf der Homepage der Informationsplattform der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW (www.eeg-kwk.net). Seit dem ersten Rumpfjahr 2000 sind diese Zahlungen von zunächst 883 Mio. € auf 16,763 Mrd. € im Jahre 2011 1) angestiegen.
Ein interessanter Nebenaspekt ist der deutliche Bruch des Trends zwischen den bis 2011 vorhandenen Ist-Zahlen und den ab 2012 verfügbaren Prognosedaten. Dies legt die Vermutung nahe, dass bei der Berechnung der Prognosen „ein wenig“ geschönt wurde. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die Realitäten in den nächsten Jahren darstellen werden.

Wohin geht die Entwicklung?

Jeder, der mit Zahlen und Kalkulationen zu tun hat, erkennt beim Blick auf Bild 1 schnell, dass hier kein allmählicher Anstieg stattfindet. Stattdessen liegt eine sich stetig beschleunigende Entwicklung vor.

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Bild 2. Bis zum Jahr 2020 verlängerte Trendlinie des voraussichtlichen Verlaufs der Zahlungen aus Bild 1

Eine solche Kurve fordert deshalb geradezu dazu heraus, die entsprechende Gleichung zu ermitteln und nachzurechnen, welche Kostensteigerungen in den nächsten Jahren denn noch zu erwarten sind. Eine solche Prognose ist derzeit mit recht hoher Sicherheit möglich, denn gröβere Trendänderungen beim EEG kann man zumindest für die nächsten zwei bis drei Jahre wohl ausschlieβen. “Nach dem weitgehenden Scheitern der Kürzungsambitionen des bis 2012 zuständigen Ministers Röttgen und der „Kostenbrems“-Ambitionen seines Nachfolgers Altmaier im Bundesrat sind angesichts der bevorstehenden Wahlen keine Schwenks mehr zu erwarten. Bis 2014 dürften alle überhaupt für eine künftige Bundesregierung infrage kommenden politischen Parteien an der mehr oder weniger intensiven weiteren Förderung der Energiewende festhalten. Zudem hat Rot-Grün derzeit vermutlich auf etliche Jahre hinaus eine solide Machtposition im Bundesrat.

Berger

Mit Hilfe von etwas Mathematik findet man schnell heraus, dass die bisherige Kostenkurve recht gut durch eine quadratische Gleichung beschrieben wird. Somit lässt sich die voraussichtliche Entwicklung für einige weitere Jahre leicht vorausberechnen, Bild 2. Für 2020 landet man dann schon bei beeindruckenden 33,5 Mrd. €.

Welches sind die tatsächlichen Kosten?

Dabei geben die bisher dargestellten Zahlen in Wirklichkeit nur einen Bruchteil dessen wieder, was im Gefolge der bisher geleisteten EEG-Zahlungen tatsächlich auf die Bevölkerung zukommt. Wie bei einem Eisberg, der zum gröβten Teil unter Wasser verborgen bleibt, zeigt Bild 2 nur, welche Zahlungen im betreffenden Jahr geflossen sind bzw. voraussichtlich zu zahlen sein werden. Um die Gesamtbelastung zu erfassen, muss man sich in Erinnerung rufen, dass die Verpflichtung zur Zahlung von EEG-Vergütungen für eine anerkannte und produzierende Anlage laut Gesetz 20 Jahre lang Bestand hat. Die 883 Mio. € aus dem Jahr 2000 sind daher gleichbedeutend mit einer Gesamt-Zahlungsverpflichtung von 17.660 Mio. €, die von der Allgemeinheit der Stromverbraucher noch bis zum Jahre 2020 aufzubringen sind. Diese Verpflichtungen sind seitdem Jahr um Jahr weiter angewachsen. Die entsprechenden Gesamtzahlen und ihre voraussichtliche weitere Entwicklung bis zum Jahr 2020 sind mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms leicht auszurechnen, Bild 3. Schon für das Jahr 2012 liegt die Gesamtsumme aus bereits geleisteten Zahlungen und künftigen Zahlungsverpflichtungen bei kumulierten 347 Mrd. €, das ist die Gröβenordnung eines Bundeshaushalts. Bis zum Jahr 2020 dürfte sie auf voraussichtlich 669 Mrd. € anwachsen.

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Bild 3. Bisheriger Verlauf, Prognose (rot) sowie bis 2020 weitergeführte Trendberechnung (blau) der kumulierten Gesamtverpflichtung in Mrd. €

 

Was bedeutet dies für den Bürger?

Rechnet man die tatsächlichen Belastungen für den einzelnen Einwohner bzw. für den typischen Vier-Personen-Haushalt einmal aus, indem man die jährlichen Gesamtzahlungen durch die aktuelle Einwohnerzahl von etwa 81,9 Mio. teilt, so stellt man fest, dass der einzelne Bürger durch das EEG bereits heute wesentlich stärker belastet wird als laut Stromrechnung ausgewiesen, Bild 4.

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Bild 4. Bisheriger Verlauf, Prognose (rot) sowie bis 2020 weitergeführte Trendberechnung (blau) der jährlichen EEG-Belastungen für einen vier-Personen-Haushalt

Grund hierfür ist die Tatsache, dass private Haushalte zwar nur rund ein Viertel des in Deutschland abgenommenen Stroms verbrauchen, die EEG-Umlagekosten für die übrigen drei Viertel aber aus den bereits genannten Gründen nahezu vollständig mit finanzieren müssen. Von lediglich 43,- € pro 4P-Haushalt im Jahr 2000 sind diese Belastungen bis 2012 auf inzwischen rund 850,- € angewachsen. Bis zum Jahr 2020 ist ein weiterer Anstieg auf dann jährlich 1.635,- € so gut wie vorprogrammiert.

Das dicke Ende

Die wahre Gröβenordnung der dem Bürger mit dem EEG zugemuteten Kosten zeigt sich jedoch erst dann, wenn man nicht nur die jährlichen Kosten, sondern auch die Gesamtbelastung aufgrund der 20jährigen weiteren Zahlungsverpflichtung für den 4P-Haushalt aufsummiert. Diese Verpflichtungen auf die Zukunft gelten selbst dann, wenn man den weiteren Ausbau von EEG-Anlagen mit sofortiger Wirkung stoppen würde. Bereits für das Jahr 2012 beläuft sich die Gesamtbelastung aus bereits gezahlten und noch geschuldeten Beträgen, die der übliche 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalt letztlich zu schultern hat, auf insgesamt knapp 17.000,- €. Bei unveränderter Weiterführung der aktuellen Energiewendepolitik wird sich dies bis zum Jahr 2020 auf mehr als 32.000,- € erhöhen. Wobei auch diese Zahlen noch unvollständig sind: Sie berücksichtigen weder Steuern noch Netzentgelte noch weitere Zusatzkosten wie den Ausbau von Netzen, Speichern oder die vorgesehenen Anti-Stilllegungsprämien für unrentable Reservekraftwerke. Als Fazit bleibt demnach festzuhalten, dass Wind und Sonne zwar tatsächlich keine Rechnung schicken, sehr wohl aber die Betreiber von EEG-Anlagen, denen per Gesetz nahezu risikolose Erträge auf 20 Jahre garantiert werden.

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Bild 5. Bisheriger Verlauf, Prognose (rot) sowie bis 2020 weitergeführte Trendberechnung (blau) der kumulierten Gesamtbelastung für einen vier-Personen-Haushalt

Als einziger Trost bleibt dem Bürger, der von allen relevanten politischen Parteien gemeinschaftlich dieser „alternativlosen“ Schröpfkur ausgeliefert wird, die alte Weisheit, dass der Krug stets nur so lange zum Brunnen geht, bis er bricht. Wirtschaftsfachleute dürften keine Probleme haben, in der skizzierten Entwicklung die deutlichen Anzeichen einer inzwischen stark überdehnten Blase zu erkennen, die früher oder später platzen wird…

Fred F. Mueller

1) Zwar wird bei diesen Zahlen oft geltend gemacht, dass hiervon noch die (deutlich niedrigeren) Erlöse für den an den Strombörsen erzielten Verkaufserlös für den Ökostrom abzuziehen seien, doch kann man dies bei den hier angestellten Überlegungen erst einmal unberücksichtigt lassen. Denn diesen Erlösen steht volkswirtschaftlich ein mindestens gleich groβer Schaden gegenüber. Im Prinzip wird hier Strom, der wegen des bereits vollständig vorhandenen Kraftwerksparks gar nicht gebraucht würde, auf Kosten der anderen Produzenten vorrangig in den Markt gedrückt. Dadurch erleiden die Kraftwerksbetreiber entsprechende Verluste, welche die Allgemeinheit auch wieder bezahlen muss. Wie sich das auswirkt, zeigt folgende Meldung der Schwäbische Zeitung Online vom 18.3.2013 über die drohende Stilllegung des Gas- und Dampfkraftwerks Irsching 5. „Die 2010 in Betrieb gestellte 400 Millionen Euro teure Anlage gilt als eines der modernsten Gaskraftwerke der Welt. Trotzdem müssen die Betreiber – neben E.ON die Stadtwerke in Nürnberg, Frankfurt und Darmstadt – tiefrote Zahlen verkraften. Wegen der verstärkten Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom im Zuge der Energiewende ist die 845-Megawatt-Anlage seltener als geplant am Netz. Statt wie geplant 4000 bis 5000 Stunden pro Jahr läuft Irsching derzeit nicht einmal 1000 Stunden“.

Titelfoto: marcus.b, “Windrad gegen Sonne”, © www.piqs.de
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