Manheim

Manheim – der Letzte macht die Tür zu

Das Dorf Manheim, 898 das erste Mal urkundlich erwähnt, seit 1974 Stadtteil von Kerpen im Rhein-Erft-Kreis in Nordrhein-Westfalen, liegt im Rheinischen Revier und damit in der Abbauzone des Tagebaus Hambach. 2012 begann die Umsiedlung der Einwohner nach Manheim-neu. Die Menschen waren seit vielen Jahren auf den Umzug vorbereitet und wussten, dass sie dem Abbau der Braunkohle weichen mussten. Seit 1974 sank die Einwohnerzahl Manheims kontinuierlich von 1761 Einwohnern auf aktuell nur noch 18 Haushalte mit insgesamt 112 Personen.

Das Dorf gehört zu den Orten, die Rechte am Bürgewald, von dem jetzt nur noch der Hambacher Forst übrig geblieben ist, besaßen. Dass Orte wie Manheim zugunsten der Industrialisierung aufgegeben werden mussten, ist unter anderem auch eine Folge des Einflusses von Atomkraftgegnern, die die Nutzung der Kernenergie als echte Alternative zur Kohle und Braunkohle ablehnten. Kohle und Braunkohle sind die Grundlage unseres Wohlstands.

Die Braunkohle ist der einzige Energieträger, der ausreichend in der Bundesrepublik vorhanden ist. Sie ermöglicht seit Jahrzehnten Millionen Menschen Wohlstand durch zuverlässige, bezahlbare Energie. Das Rheinische Revier in der Niederrheinischen Bucht gehört neben dem Mitteldeutschen Revier und dem Lausitzer Revier zu den drei großen Braunkohle-Revieren in Deutschland. Andere Braunkohlereviere sind inzwischen ausgekohlt und wurden renaturiert. In Deutschland würden die Braunkohlevorräte, so die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), bei konstanter Förderung (176,3 Millionen Tonnen im Jahre 2006) noch für 231 Jahre ausreichen.

Braunkohle (BMWi)

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) informiert:

Kohle ist der wichtigste Energieträger in der Stromproduktion. Die Bruttostromerzeugung erfolgte 2017 zu rund 37 Prozent aus Kohle (Braunkohle – 22,5 Prozent, Steinkohle – 14,1 Prozent).

Braunkohle ist der wichtigste einheimische fossile Energierohstoff, der in ausreichender Menge vorhanden ist und subventionsfrei gewonnen werden kann. Die heute bekannten Reserven und Ressourcen an Braunkohle haben sehr lange Reichweiten. Die Vorräte in genehmigten und erschlossenen Tagebauen betragen rund fünf Milliarden Tonnen.

Braunkohle wird noch in drei Revieren, dem Rheinischen, Lausitzer und Mitteldeutschen Revier, ausschließlich in Tagebauen, also oberflächennah gefördert. Die Förderung im Helmstedter Revier endete im August 2016. Die Jahresförderung betrug 2017 rund 171,3 Millionen Tonnen und war in den letzten Jahren nahezu konstant.

Die Bundesrepublik Deutschland ist weltweit das größte Braunkohlenförderland, gefolgt von China, Russland und den USA.

Wegen ihrer spezifischen Eigenschaften wird Braunkohle lagerstättennah im Verbund von Tagebau und Kraftwerk mit einem Höchstmaß an Versorgungssicherheit und Effizienz wirtschaftlich genutzt. Einen internationalen Markt für Braunkohle gibt es daher nicht. Knapp zehn Prozent der Braunkohlenförderung werden zu festen oder staubförmigen Brennstoffen (Braunkohlenbriketts, Braunkohlenstaub und Wirbelschichtbraunkohle, Braunkohlenkoks) veredelt – für eine gewerbliche Nutzung sowie für die privaten Haushalte.

Entweihung der Pfarrkirche St. Albanus

Die feierliche Entweihung der Pfarrkirche St. Albanus und Sankt Leonhardus in Kerpen-Manheim fand am 20. Mai 2019 statt. Das Ritual der Profanierung hat in der katholischen Kirche eine große Bedeutung. In Manheim war sie ein letztes Symbol für 300 Einwohner, die mit einem Gottesdienst endgültig Abschied von der Kirche und ihrem Stadtteil nahmen.

Pfarrer Ludger Möers (Sankt Albanus und Sankt Leonhardus) erklärt die Entweihung als einen unabänderlichen Schritt: “Die Infrastruktur ist weg. Gas, Wasser, Strom ist abgeklemmt und jedes Mal, wenn man nach Manheim fährt, gibt es neue Einblicke, weil dann ganze Straßenzüge weg sind und man ganz andere Sichten auf die Kirche bekommt.”

Profanierung

domradio.de beschreibt die Entweihung einer Kirche wie folgt:
Wenn eine Kirche – oder ein anderer heiliger Ort – Weihe oder Segnung verliert, geschieht durch diese Profanierung das Gegenteil der (Kirch-)Weihe. Angeordnet wird eine solche Entwidmung durch ein Dekret des Diözesanbischofs, das im Allgemeinen in einem letzten Gottesdienst verlesen und damit wirksam wird. Damit wird dann das Gotteshaus dauerhaft profanem Gebrauch überlassen.

Das kirchliche Gesetzbuch, der “Codex Iuris Canonici” (CIC), beschreibt diese Verweltlichung von ursprünglich Heiligem: So muss im Abschiedsgottesdienst – dem (nach Möglichkeit) der Ortsbischof vorstehen sollte – das Allerheiligste aus der Kirche getragen und das Ewige Licht gelöscht werden. Die Reliquien sind aus dem Altar zu entnehmen und alle liturgischen Geräte und Einrichtungsgegenstände (von Altar über Ambo, Tabernakel, Beichtstuhl etc.) müssen aus dem Gebäude entfernt und “an einem würdigen Ort aufbewahrt” werden. Sie können aber auch an einem anderen Ort ihrer Bestimmung gemäß weiter verwendet werden.

Während in der Kirche die Menschen Abschied nahmen, musste die Polizei sie vor der Kirche vor etwa 200 lärmenden und aufgebrachten Demonstranten, die gegen den Braunkohle-Abbau protestierten, schützen. Darunter befand sich auch die Kölner Schülerdemonstration „Fridays for Future“ und augenscheinlich auch Aktivisten aus dem umkämpften Hambacher Forst, berichtet RP-online. Es seien “verschiedene stille Proteste zur Entweihung der Kirche geplant, u.a. ein Demozug mit Fridays for Future von Buir nach Manheim”, berichtete die Klima-Allianz am 17.5.2019. Sie erklärte auch: “RWE zerstört weiter Dörfer: Kirchenentweihung in Manheim unnötig”.

“Unnötige Zerstörung” der Kirche? Ein Stichwort für die lautstarken Demonstranten: „Wehrt Euch, leistet Widerstand gegen die Braunkohle hier im Land“, sangen sie vor der Festmesse draußen im Chor.

Manche Demonstranten hätten schweigend einfach nur Banner mit wörtlich zitierten Kernthesen aus dem Papier der Bischöfe hochgehalten, mit Sprüchen wie: „Dem gefährlichen Klimawandel entgegenwirken“, „Aus den fossilen Energieträgern aussteigen“, „Globale Gerechtigkeit ins Zentrum setzen“ oder „Glaubhaft, zielorientiert und konsequent die Klimaziele umsetzen“, berichtet die Kölnische Rundschau. Andere Demonstranten stammten aus der autonomen Szene. Sie versuchten, die Gebete grinsend und feixend mit ihrem eigenen „Vater unser“ per Megafon zu übertönen: „Vater unser im Hambi, unseren täglichen Rausch gib uns heute, und vergib uns unser Chaos . . .“

Seinen “unschönen Höhepunkt” habe der „stille Protest“ nach dem Gottesdienst beim Auszug der Gläubigen aus der entwidmeten Kirche erlebt. “Als die Manheimer und ihre Geistlichen in feierlicher Andacht Reliquien und andere sakrale Erinnerungsstücke ins Freie trugen, mussten sie an einem Polizeispalier und einer etwa 30-köpfigen Protestgruppe vorbei, aus der Pfiffe, Buhrufe und „Verräter, Verräter!“-Sprechchöre kamen. Die Polizei sprach hinterher von einem „zeitweise lautstarken Protest“.

Polizeieinsatz zum Schutz der kirchlichen Veranstaltung

Polizeieinsatz zum Schutz der kirchlichen Veranstaltung zur Entweihung der Kirche in Manheim-Alt

Aachen/Manheim/Kerpen (ots)

“Die Polizei war heute in Manheim-Alt im Einsatz, um die Durchführung der kirchlichen Veranstaltung zur Entweihung der Kirche St. Albanus und Leonhardus zu gewährleisten und angemeldete Demonstrationen in diesem Zusammenhang zu schützen. Im Vorfeld wurden zwei Versammlungen im Bereich der Kirche angemeldet und unter der Erteilung von Auflagen bestätigt. Zum einen wurde durch eine Privatperson eine Mahnwache mit circa 100 Personen vor der Kirche von 15-20 Uhr angemmeldet. Zum anderen wurde bestätigt ein Aufzug vom Bahnhof Buir zum Manheimer Marktplatz mit etwa 200 Personen von 14 bis 17 Uhr, angemeldet durch einen Vertreter der Initiative “Fridays for future”. Der zweiten Versammlung schlossen sich augenscheinlich auch Personen aus der Waldbesetzerszene im Hambacher Forst an. Kurz vor Beginn der kirchlichen Messe fanden sich ca. 200 Personen vor dem Zugangsbereich zur Kirche ein. Bis auf 50 Personen verließen diese den Bereich jedoch nach Ansprache der Polizei. Erst nach mehrmaliger Aufforderung über Megaphon und Androhung polizeilicher Zwangsmaßnahmen folgten auch die 50 Personen dem Platzverweis und gingen in den ihnen zugewiesenen Bereich. Die kirchliche Zeremonie mit Messe und anschließender Prozession konnte wie geplant stattfinden. Während der Zeremonie wurde zeitweise lautstarker Protest geübt. Gegen 19.40 Uhr waren die Veranstaltung und die Versammlungen beendet.”



Aus einer anderen Welt: Antje Grothus

Eine besondere Rolle im politischen Kampf gegen den Tagebau spielt die Ernährungsberaterin Antje Grothus. Seit April 2017 gehört sie zur Geschäftsstelle der Klima-Allianz Deutschland, ist dort Koordinatorin für Kohlepolitik NRW (Büro NRW) und für ihr Wirken im Rheinischen Revier freigestellt. Ihr Auftrag besteht darin, das Team der “Initiative Buirer für Buir” ehrenamtlich im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen.

Antje Grothus war zur Überraschung von Beobachtern 2018 auf Vorschlag der “Inititative Buirer für Buir” von der Bundesregierung in die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (“Kohlekommission”) eingeladen und als eines von 28 stimmberechtigten Mitgliedern in die Lage versetzt worden, Einfluss auf die Energiepolitik und damit auf die Zukunft Deutschlands zu nehmen.

Grothus nahm die Einladung zwar an, ärgerte sich aber darüber, dass die Betroffenen zu kurz kämen, wie sie sagte. Sie verlangte, dass im Hambacher Wald kein Baum mehr gefällt werden dürfe.

Der Betroffenheitskult hatte es bis in die Strukturkommission geschafft.

Die Mitarbeiterin der Klima-Allianz genießt die Aufmerksamkeit der Medien, die ihr nicht widersprechen, wenn sie sich als “Regionenvertreterin” bezeichnet und öffentlich ihre Forderungen manifestiert. Sie ist nicht autorisiert, die Einwohner von Buir oder Manheim oder gar der Region zu vertreten. Sie hat keinen anderen Auftrag als den, die Interessen der Klima-Allianz zu verbreiten. Unterstützt wird sie vor Ort von politisierten Umweltverbänden (unter anderem BUND, Greenpeace) und Nicht-Regierungsorganisationen aus ganz Europa, von den Baumbesetzern im Hambacher Forst und von einigen wenigen Einwohnern, die die Umsiedlung ablehnen, von denen Antje Grothus ihre Rechte ableitet.

Auf ihrer Homepage hat die “Hambachfrau”, wie sie sich selbst bezeichnet, ein “persönliches Statement zur Entwidmung der Kirche in Manheim” abgegeben, in dem sie fordert, die katholische Kirche solle an der Seite aller betroffenen Menschen stehen.

Statement von Antje Grothus

Persönliches Statement zur Entwidmung der Kirche in Manheim: Die katholische Kirche sollte an der Seite aller betroffenen Menschen stehen.

Buir ist durch seine Randlage am Tagebau Hambach besonderen natur- und umweltschädigenden Belastungen ausgesetzt. Dies führt zu Einschränkungen der Lebensqualität der Menschen. Um dem entgegenzuwirken, hat sich der Verein folgende Ziele gesetzt:

Den Natur- und Umweltschutz rund um Buir zu fördern
Wir wollen helfen, Belastungen, die mit Tagebau, Hambachbahn und Autobahn verbunden sind und dem Ort und seinen Menschen zugemutet werden, zu vermeiden oder zu reduzieren.

Bei allem Verständnis dafür, dass sich der Pfarrverband Kerpen Süd-West und der Kirchenvorstand Manheim für eine Entweihung der Kirche St. Albanus und Leonhardus entschieden hat, um mit den sakramentalen Gegenständen einen Teil der Identität in das neu zu schaffende kirchliche Zentrum in Manheim-neu umzusiedeln, bleibt doch der Eindruck einer einseitigen Parteinahme der katholischen Würdenträger auf Gemeinde- und Bistumsebene und damit ein bitterer Beigeschmack.

Auch der entweihte Kirchenbau wird für viele Menschen ein Ort der Erinnerung sein und bleiben. Ein Umsiedler hat die Kirche beschrieben als eine Zeitkapsel, in der wichtige Lebensstationen wie Taufe, Geburt, Kommunion, Hochzeit und das Abschiednehmen von Mitmenschen konserviert werden. Der Kirchenraum als Ort des Rückzuges, der Besinnung und der Erinnerung. Auch als entweihter Ort, wird der Kirchenbau genau das für viele Menschen sein und bleiben.

Dass Umsiedler*innen vehement den Abriss ihrer Häuser und sogar ihrer Kirche fordern, zeugt von dem großen Trauma, das Umsiedlung bei Menschen auslöst und welches nur schwer zu verarbeiten ist. In Bezug auf ihre seelsorgerische Aufgabe im Zusammenhang mit Umsiedlung und Heimatverlust versagt die katholische Kirche, indem Sie die Menschen im Stich lässt, die gerne in ihrem Dorf, ihrem Zuhause bleiben möchten. Statt im Konflikt um die Kohle zu vermitteln und zu befrieden, sind die Kirchenvertreter parteiisch, grenzen kohlekritische Menschen und Klimaschützer*innen aus, und schaden so letztlich dem Ansehen der katholischen Kirche.

Wie ist es zu verstehen, wenn der Weg für die Zerstörung der Kirche St. Albanus und Leonhardus frei gemacht wird und sie zugleich angepriesen wird als die „schönste Kirche im Seelsorgebereich“ die dem „Tagebau weichen muss“ *?

Diese Kirche in Manheim „muss“ dem Tagebau nicht weichen, da der Hambacher Wald erhalten bleibt und der Energiekonzern dem eigenen Bekunden nach nicht um den Wald herumbaggern kann.

Indem auch die Stadt Kerpen ihren Ortsteil Manheim, die Kirche, das Marktplatzensemble und weitere erhaltenswerte Baudenkmäler komplett in Schutt und Asche legen lassen will, beraubt sie sich selbst des großen Potentials einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Entwicklung dieses symbolhaften Ortes im Zuge des zukünftigen Strukturwandels im Rheinischen Revier.

*„Eine Kirche, die viele Generationen von Gläubigen durchs Leben begleitet hat. Diese Kirche muss dem Tagebau weichen. Sie ist klein, aber fein! Herzliche Einladung zu einem Rundgang durch die schönste Kirche im Seelsorgebereich …“ ? (Quelle: Einladungstext an Firmlinge zur Kirchenbesichtigung im Juni 2019).

Mit besten Grüßen aus dem Herzen des Rheinischen Braunkohlenreviers,

Antje Grothus

Im Rheinischen Revier lehnen viele Menschen die politische Selbstinszenierung von Frau Grothus geradeheraus ab.

In einem Leserbrief* an die Redaktion der Rundschau macht Hans-Willi H. deutlich, dass es den Protestlern bei der Entweihung der Kirche in Manheim nicht um “Klimaschutz und die Bewahrung der Schöpfung” gehe, wie ein anderer Leser behauptet hatte. Sätze wie „Ihnen ging es um Klimaschutz und um die Bewahrung der Schöpfung“ seien mit dafür verantwortlich, dass aus Anarchisten Umweltschützer gemacht werden sollen. “Was sich in Manheim abgespielt hat, hat nichts mit Protest gegen Braunkohle oder Umsiedlung zu tun. Das sind Individuen, die den Staat mit seinen Rechtsmitteln als solches ablehnen. Je öfter das verniedlicht wird, umso mehr werden rechtsfreie Räume geschaffen. Die sogenannten Umweltschützer werden angezogen wie die Motten vom Licht, und die Menschen die dort leben, haben diesen Dreck vor ihrer Haustür. Und eine verharmlosende Berichterstattung oder ein Kommentar wie der von Herrn M. sind dafür mitverantwortlich.”

In einem weiteren Leserbrief* kritisiert Jochen S. die Protestdemonstration: Es sei “schlichtweg pietätlos, respektlos und beleidigend eine kirchliche/religiöse Veranstaltung für Demonstrationen, die im Zeichen von Gewalt stehen, zu missbrauchen und kirchliche Veranstaltungen gewollt und gezielt zu stören. Hier die Sache auch noch zu beschönigen mit dem Satz: „Natürlich war dies nicht die Absicht der Organisatoren der Demonstration. Und aus dem Ruder, wie Herr M. weiter schreibt, lief die Demonstration auch nicht. Es war so geplant und so gewollt.” Natürlich mache es Sinn, sich für Denkmäler, denkmalgeschützte Gebäude und religiöse Gebäude einzusetzen. Aber ein einzelnes Gebäude krampfhaft erhalten wollen, wohlwissend, dass der ganze Ort im Zuge des Tagebaus verschwindet und die Umsiedlung im vollen Gange ist, da stellt sich schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit.”
*Beide Leserbriefe liegen uns als Kopie vor.

“Wie anmaßend von einer zugereisten Unruhestifterin und Heilsbringerin mit Hang zur Unterstützung von Gewalttätern”, sagen sie. Frau Grothus spreche weder für die Allgemeinheit noch für die Betroffenen. Sie werfen der PR-Frau von der Klima-Allianz vor, die linksautonome, gewalttätige Szene zu unterstützen und erwähnen, dass die “Initiative Buirer für Buir” in der Antwort zu einer kleinen Anfrage im Landtag NRW als Unterstützer der linksautnomen Szene genannt wurde.

Antje Grothus gibt vor, sich für die “Betroffenen” einzusetzen. Sie meint damit ausschließlich eine Minderheit von Einwohnern, die sich mit der Umsiedlung nicht abfinden will. Die emotionale Bindung dieser Menschen nutzt sie zu politischen Zwecken aus. Wer nicht unter dem Umzug leidet, wird von ihr auch gegen seinen Willen zu einem Leidenden erklärt, den sie, das Medium Antje Grothus, angeblich retten will, aber effizient zu ihrem Vorteil vermarktet. Ein simples Konzept öffnet ihr die Türen zu den Medien. PR-Erfahrene setzen dieses Medium professionell in Szene.

Die Stadt Kerpen habe die Absicht, ihren Ortsteil Manheim, die Kirche, das Marktplatzensemble und weitere erhaltenswerte Baudenkmäler komplett in Schutt und Asche zu legen. Sie beraube sich selbst “des großen Potentials einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Entwicklung dieses symbolhaften Ortes im Zuge des zukünftigen Strukturwandels im Rheinischen Revier.” Bei einem Verbleib von 18 Familien in Manheim eine kühne Behauptung.

Grothus räumt selbst ein, dass die Umsiedler “vehement den Abriss ihrer Häuser und sogar ihrer Kirche fordern”, interpretiert diese Bereitschaft der Menschen, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen, um endlich in Frieden weiter leben zu können, als Folge eines “großen Traumas, das die Umsiedlung bei Menschen auslöst und welches nur schwer zu verarbeiten ist.” Antje Grothus will nicht realisieren, dass die Einwohner ihren missionarischen Eifer gegen die Braunkohle befremdlich finden.

Der katholischen Kirche wirft sie vor, in Bezug auf ihre seelsorgerische Aufgabe im Zusammenhang mit Umsiedlung und Heimatverlust versagt zu haben. Sie habe die Menschen im Stich gelassen, die gerne in ihrem Dorf, ihrem Zuhause bleiben möchten. “Statt im Konflikt um die Kohle zu vermitteln und zu befrieden, sind die Kirchenvertreter parteiisch, grenzen kohlekritische Menschen und Klimaschützerinnen aus, und schaden so letztlich dem Ansehen der katholischen Kirche.”

Dass Antje Grothus so denkt, wie sie denkt, ist ihr nicht vorzuwerfen. Sie spricht allerdings nur für sich. Der Mehrheit unterstellt sie, dass sie das traumatische Erlebnis der Umsiedlung psychisch nicht verkraftet habe. Aus ihren Worten spricht Arroganz, Selbstüberschätzung und Machtanspruch – und dies entspricht dem politischen Framing der Kohlegegner und ihrer Erweckungsbewegung. Die Medien lieben das.

Im Unterschied zu Deutschland verläuft die größte bekannte Umsiedlung in Schweden. 18.000 Menschen siedeln von Kiruna nach Kiruna-neu um. Auch in Kiruna gab es Abschiedsschmerz und Proteste, aber vor allem gab es kein meschenfeindliches Netzwerk, das wegen des angeblichen größeren Zieles “Klimaschutz” dem Schmerz ständig neue Nahrung gibt, um letztendlich die politische Macht an sich zu reißen.

Kiruna-neu

Weil im schwedischen Norden eine Eisenerzmine ausgebaut werden soll, zieht eine ganze Stadt mit rund 18.000 Einwohnern um. 3.000 Häuser werden in Kiruna abgerissen, 3 Kilometer entfernt entsteht Kiruna neu – und die Bewohner sind zufrieden. Der Umzug wird als ein Aufbruch in eine neue Zukunft verstanden. Kiruna ist historisch – und de facto bis heute – eine von einem einzigen Unternehmen dominierte Stadt. Die Lebensdauer der Mine ist begrenzt; entweder durch den Erzkörper selbst oder aber durch die Bedingungen zu seinem wirtschaftlichen Abbau.


In Deutschland dagegen wird der Kampfgeist der Bürger für Erneuerbare Energien, gegen Atom und Kohle, mit Horrormeldungen und Aktionismus am Leben erhalten.

In Deutschland bestimmt eine “Betroffenheitsindustrie” die Richtlinien der Politik, bis tief hinein in zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen. Glückliches Schweden.

https://www.facebook.com/Ruhrkultour/posts/748394598610993

Titelfoto: Karl-Heinz Meurer, Katholische Pfarrkirche St. Albanus und St. Leonhardus in Manheim (Stadt Kerpen)


Nachtrag, 16.06.2019 

https://www.facebook.com/Ruhrkultour/posts/2234081520042286

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