Beobachtungen aus dem Revier
Interventionen

Opportunitätskosten (3): Politische Interventionen in den Energiemarkt

Opportunitätskosten der Energiewende (3)

Die Opportunitätskosten (Opportunity cost), die auch als Schattenpreis, Alternativkosten oder Verzichtkosten bezeichnet werden, spielen  in der Wirtschaft eine bedeutende Rolle. Sie beschreiben in den Wirtschaftswissenschaften einen Gewinn, der dadurch geschmälert wird, dass auf eine Handlungsalternative verzichtet wird. In Marktwirtschaften müsse jeder, der in irgendeiner Form Verantwortung übernimmt, den Umgang mit den Opportunitätskosten  gelernt haben, sagt der Nationalökonom Prof. Dr. Hans-Lothar Fischer. “Lernen Ökonomen, Kaufleute und Ingenieure dies in ihrer Berufsausbildung nicht, dann ist es um ihre beruflichen Chancen schlecht bestellt.”

Auch von Politikern und Verwaltungsfachleuten sollte man erwarten, dass sie die Opportunitätskosten der Energiewende kennen: Der Schattenpreis sind volkswirtschaftliche Verluste, für die sie die Verantwortung tragen.

 

Politische Interventionen in den Energiemarkt

Weitere Probleme mit gewaltigen Opportunitätskosten-Risiken entstehen durch die von der Politik verordneten Programme der Umstellung des mobilen Verkehrssystems von fossilen Brennstoffen auf Elektroantrieb. Über die technischen Möglichkeiten der vollständigen Substitution wird gegenwärtig diskutiert. Einzelne Modellversuche – etwa die Einführung von E-Transport-Fahrzeugen bei der Deutschen Bundespost haben sich unter normalen Winterbedingungen als nicht tragfähig erwiesen, u. a. weil
bei eingeschalteten Fahrzeugheizungen sehr große Reichweiteneinbußen festzustellen waren.

Ein weiteres politisches Programmfeld ist die angestrebte Digitalisierung breiter administrativer und ökonomischer Handlungsfelder sowohl in öffentlicher und privater Administration als auch in Industrie und Handel. Weitgehend ungeklärt sind beispielsweise unter anderem folgende Problembereiche:

  • E-Mobilisierung im Güterverkehr (just-in-time)
  • Konkurrenzbeziehungen zwischen traditionellem und E-Güterverkehr
  • Behandlung ausländischer Transportunternehmen (werden traditionelle Antriebsverfahren für ausländische Unternehmen weiterhin akzeptiert, dann ist damit zu rechnen, dass inländische Anbieter ihre Unternehmenssitze ins Ausland verlagern)
  • Anforderungen an städtische Flächenbilanzen für private E-Ladegeräte

 

Interventionen auf der Angebotsseite des Energiemarktes

Diese Effekte werden noch verstärkt, wenn politische Entscheidungen dazu führen sollen, dass ökonomisch tragfähige, grundlastfähige Energieerzeuger (Kernenergie) aus dem gesamtwirtschaftlichen Energieangebot
entfernt werden. Auch hier entstehen politische Überzeugungskosten.

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Stromnachfrage verändert sich im Tagesablauf: die Verbrauchsverhalten von Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben führen in der Aggregation zu starken Schwankungen. Auch über die Jahreszeiten verteilt
ergeben sich große Unterschiede. Die Nachfrage nach Wärmeenergie ändert sich mit den Jahreszeiten: Frühling – Sommer – Herbst – Winter. Energieproduzenten liefern Energie für die o.a. Märkte über unterschiedliche Netze.

 

Strom- und Wärme in Kuppelproduktion

Manche Energieerzeuger beliefern sowohl die Strom- als auch die Wärmenetze mit Energie. Der politisch gewollte Ausstieg aus der Kernenergie erzeugt also “Leerstände” im Wärmenetz und bei Anschlüssen an Stromnetze. Die Einführung von Energieerzeugung aus alternativen Quellen (Fotovoltaik und Windenergie) macht aus einem ursprünglich singulär auf Energieverteilung angelegten Übertragungsnetz ein auf duales Sammeln und Verteilen angelegtes Netz. Die Netzfunktionen ändern sich also grundlegend.
Unter der Beibehaltung der Staatsdoktrin, dass die CO2-Problematik bestimmend für die weitere Energiepolitik sein soll, werden Kohlekraftwerke diskriminiert. Die Auswirkungen werden sich auf zwei Teilmärkten auswirken: dem Strom- und dem Wärmemarkt. Hier ist also mit erheblichen
“Leerständen” zu rechnen. Allein diese Zusammenhänge zeigen das Ausmaß der ökonomischen Risiken sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite.

 

Stabilitätsrisiken der Übertragungsnetze

Zusätzliche Opportunitätskosten entstehen natürlich auch durch Risiken des Netzausfalls. Dies gilt zum einen dann, wenn sich die Grundfunktion des Energietransportnetzes von einem Verteilernetz zu einem Sammlernetz verändert. Hierzu gibt es umfangreiches Material des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Blackouts bedeuten – wie die Erfahrungen zeigen – eben auch Schadensrisiken durch Plünderungen, Ausfall von Kliniken, Rechenzentren, Tankstellen etc. und stellen für eine
Gesellschaft damit eben auch volkswirtschaftliche Kosten dar.

 

Kosten des Politikbetriebs

Betriebswirte betrachten natürlich nur die Kosten, die sie unmittelbar betreffen. Volkswirtschaftlich bedeutsam sind aber auch noch die Kosten der politischen Überzeugung und der politischen Willensbildung. Diese Kosten steigen vor allem dann in einem erheblichen Umfang, wenn Politiker und
Bürokraten keine Ahnung von ökonomischen Zusammenhängen haben. Welche volkswirtschaftlichen Ressourcen wurden bisher für die systematische Verbreitung von schlimmem Unsinn im deutschen  Bildungssystem verschwendet?

Die eindeutige Wirkung dieser Bildungspolitik ist jedenfalls, dass die politischen Überzeugungskosten für vernünftige politische Strategien durch ideologische Indoktrination ganz entscheidend gesenkt wurden. Auch der Aufwand für die Ausbildung von einer für Pro-Energiewende-Indoktrination befähigten Schar von Lehrern und Forschern zählt mit zu den Opportunitätskosten der deutschen Energiepolitik. Aber das ist ein anderes Thema.

Bei einer 48-monatigen Legislaturperiode des Bundestages und der Landtage der 16 Bundesländer kommt es rein rechnerisch alle drei Monate zu Parlamentswahlen15. Das führt zwangsläufig zu instabilen Mehrheitsverhältnissen in Deutschland. Im Laufe der Zeit haben sich weit über 1000 Bund-Länder-Kooperationsgremien gebildet, in denen Vertreter aus Bundes- und Länderministerien die entscheidende Koordinationsarbeit leisten. In diesen Gremien sitzen die Kommunen nur als Beobachter “am Katzentisch”
und haben kein Stimmrecht.

Auch in den Kommunalverfassungen haben sich im Laufe der Zeit entscheidende Veränderungen ergeben. So wurde in NRW die noch von den Briten nach englischen Vorbild geschaffene duale Führungsstruktur (Stadtdirektor versus Bürgermeister) abgeschafft. Damit wurde die Akkumulation wertvollen Managementwissens durch das System der Stadtdirektoren abgeschafft.

Während in der deutschen Gesamtbevölkerung nur ein geringer Prozentsatz Mitglied in Parteien ist, erreicht die Parteiquote in deutschen Verwaltungsstuben einen Wert von nahezu 100 %. Eine von juristischer Methodik dominierte Ausbildung für den mittleren, gehobenen und höheren Verwaltungsdienst
verschafft karriereorientierten Parteimitgliedern ausgezeichnete Chancen in allen öffentlichen Arbeitbereichen – und das bundes- und europaweit. Der höhere Verwaltungsdienst wird in einer Einheitslaufbahn zusammen mit Anwälten und Richtern ausgebildet. Der gehobene Verwaltungsdienst muss dümmer sein und bleiben als der höhere Dienst15. Die Grenzen zwischen den beiden Kasten sind bis auf wenige Ausnahmen undurchlässig. Ökonomik, Informatik, modernes Rechnungswesen, Statistik und weitere für die Bewältigung von öffentlichen Aufgaben wichtige Studieninhalte werden auf niedrigst möglichem Niveau oder überhaupt nicht vermittelt. Parteitreue Autodidakten rücken an die Spitze der Städte und Fachverwaltungen (z.B. Studiendirektoren, Umweltaktivisten und andere Fachfremde).

Handwerkliche Fehler im Verwaltungsmanagement häufen sich. Den Aufsichtsinstanzen im Innenministerium bieten sich zunehmend größere Eingriffsmöglichkeiten. Es herrscht ökonomischer Analphabetismus. Ostdeutsche Verwaltung kannte keine kommunale Selbstverwaltung. Alte Nomenklaturkader haben noch für eine lange Zeit das Sagen in den neuen Bundesländern gehabt. (Muckefuck-Ökonomen dominieren) Das politische System bringt völlig neue Verwaltungsfunktionen In den Bereich Administration der Fördermittel eines „nudgenden“ Staates gehören Fördermittelerfinder (Eventmanager, Freizeitökonomen, Urbanistiker, Umwelt-Verbände, sowie mit ihnen verbundene Bürokraten in Brüssel, Berlin und den Landeshauptstädten. Ferner findet man Fördermittelwerber:
Ministerialbeamte, Wahlkämpfer in Bundestags- Landtags- und Kommunalwahlen. Dazu kommen dann die Fördermitteladministratoren (Erfinder, Prüfer, und Verteiler von Richtlinien und Fördermitteln) und
natürlich die zahlreichen Fördermittelfans (Minister, Oberbürgermeister, Dezernenten, Mischfinanzierungsjongleure).

Die Dummen sind Steuerzahler. Die makroökonomischen Wirkungen kann man aus folgenden Grafiken erkennen:

In diesem einfachen Kreislaufmodell wird ein Expansionsprogramm mit
produktiven Staatsausgaben (Straßen, Kanäle, Häfen etc.) gefahren.
Das Volkseinkommen steigt (Modell 1 Ergebnis: blau). Nun kommt es zur Bildung eines im Laufe der Zeit wachsenden Teils der Bürokratie, der
keinen volkswirtschaftlichen Nutzen stiftet. Das Volkseinkommen sinkt
(Modell 2 Ergebnis: rot). Dann wird unter Beibehaltung der unnützen Bürokratie ein Expansionsprogramm wie im Modell 1 gefahren. (Modell 3 Ergebnis: gelb). Schließlich wird ein Expansionsprogramm wie unter 1 gefahren und gleichzeitig wird die unnütze Staatsbürokratie abgebaut. (Modell 4 Ergebnis: grün).

 

Hans-Lothar Fischer

 

Quellen:

14 Das Wahlsystem für den Bundestag mit Erst- und Zweitstimme hat eine merkwürdige Auswirkung auf die Zusammensetzung der Fraktionen und die Zusammenarbeit in den Fraktionen. Kandidaten, die sich ihrer Kandidatur im Wahlkreis nicht sicher sind, sichern sich in den parteiinternen Abstimmungen über die Landeslisten der Partei ab. Kommen sie als Direktkandidaten durch, verschwinden sie von den Landeslisten und die Auszählungsverfahren laufen ohne ihre Namen. Direktkandidaten haben in den Fraktionen gegenüber den Listenabgeordneten Schwierigkeiten, wenn sie ihre Arbeit ernst nehmen und besonderen Vorstellungen ihrer Wähler entsprechen wollen. Da kann es passieren, dass dem Abgeordnete und Kanzleramtsfunktionär Pofalla „die Fresse von Herrn Bosbach“ nicht gefällt.
15 Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH) macht auch ohne Abschluss der Ausbildung zum gehobenen
Dienst eine einträgliche politische Karriere16 Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH) macht auch ohne Abschluss der Ausbildung zum gehobenen Dienst eine einträgliche politische Karriere

 

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Titelfoto: TayebMEZAHDIA

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