MALIZIA

Greta on Tour mit Malizia II

Die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg will Mitte August von Europa nach Nordamerika segeln, um eine mehrmonatige Klimatour in Amerika zu starten. Die Wahl fiel auf die emissionsfreie Hochseeyacht “Malizia II” unter Skipper Boris Herrmann (Hamburg), die mit Solarpaneelen und Hydrogeneratoren zur Energieerzeugung ausgestattet ist. Luxus ist nicht angesagt.

Die Rennyacht soll am 14. August 2019 in Südengland ablegen und ohne Stopp etwa zwei Wochen später nach der Fahrt über den Nordatlantik entlang von Neufundland später in New York City festmachen. Der genaue Abfahrtszeitpunkt wird je nach Wetter- und Windvorhersage festgelegt.

Die Mission

Die Mission der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg ist inhaltlich schlicht, aber spektakulär in Szene gesetzt. Hintergrund ist der Wunsch der Betreuer, Greta nicht im Flugzeug nach Amerika reisen zu lassen, sondern klimaneutral mit einem Segelschiff.

Und das kommt bei vielen Leuten gut an. Das autistische (Asperger) Kind, das reifeverzögerte Erwachsene wie eine Heilige oder Christus verehren, setzt seinen in Schweden begonnenen Protest auf seine Weise in Amerika fort. Am 23. September soll die 16-Jährige am Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York teilnehmen, im Dezember dann an der Weltklimakonferenz in Santiago de Chile. Außerdem will Greta Thunberg im September an großen Klimademonstrationen teilnehmen.

Die Tournee ist sorgfältig und professionell geplant, die Medien wurden auf seine Spur gesetzt, der Applaus ist organisiert.

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Der Listige

Die Hochseeyacht Malizia II wird vom “Team Malizia” betrieben und fährt unter deutscher Flagge. Skipper sind Boris Herrmann und Pierre Casiraghi, Sohn von Prinzession Caroline, Monaco. 

Das Boot wurde in der monegassischen Sprache La Malizia genannt, was “der Listige” bedeutet. Die Namensgebung symbolisiert für Casiraghi die tiefe Verbundenheit seiner Familie mit dem Meer und soll Francesco Grimaldi ehren, der 1297 auf dem Seeweg ankam, mit List eine Burg besetzte und die Familiendynastie gründete.

Die Skipper

Der Oldenburger Segelprofi Boris Herrmann ist kein Unbekannter. Er habe sicher mehr als zehn Mal den Atlantik überquert, sagt Boris Herrmann. Seine Wassersportwiege ist das ostfriesische Wattenmeer, sein Arbeitsplatz sind die Weltmeere, beschreibt ihn die Westdeutsche Zeitung (WZ). Boris habe schon als Baby auf einem Segelboot gesessen.

Herrmann strebt dem Gipfel seiner Karriere entgegen, er will als erster Deutscher an der härtesten Regatta der Welt teilnehmen. Vorher aber hat der 38-Jährige noch einen Sonderauftrag mit der Hochseejacht Malizia 2 zu erfüllen. Herrmann und sein Co-Skipper, Segelfreund und Förderer Pierre Casiraghi, werden die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg voraussichtlich ab dem kommenden Mittwoch von einem Hafen in Südengland aus über den Atlantik bringen.

Pierre Rainier Stefano Casiraghi ist der jüngere Sohn und das jüngste von drei Kindern von Caroline von Hannover, und ihrem zweiten Mann, Stefano Casiraghi. Casiraghi ist der Gründer des Teams Malizia, der Crew, die bei der jährlichen GC32 Racing Tour die gleichnamige Yacht segelt.

Die Mitreisenden

An Bord werden sich neben dem Extremsegler Boris Herrmann, Pierre Casiraghi, Gründer des “Team Malizia”, und Greta Thunberg auch ihr Vater Svante sowie der Filmemacher Nathan Grossman von der Firma B-Reel Films, der die große Reise über den großen Teich dokumentieren will, befinden. Etwa zwei Wochen lang werden sie mit der Malizia II unterwegs sein.

Greta Thunberg, 16, eine “Klimaaktivistin” aus Schweden, hat im August 2018 durch ihren Schulstreik für den Klimawandel vor dem schwedischen Parlament den Anlass für eine weltweite Kampagne geboten. Greta hat Entscheidungsträger auf dem UN Klima Summit in Polen, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos und im Europaparlament sowie mehreren europäischen Nationalparlamenten angesprochen. Sie wurde für den Friedensnobelpreis nominiert und im Time Magazin als eine der 100 einflussreichsten Menschen 2019 gelistet. Greta lebt mit ihrer Familie in Stockholm und hat im Frühjahr die Gesamtschule abgeschlossen (9. Klasse). Sie nimmt nun eine einjährige Pause von der Schule, um die Möglichkeit zu haben, ihre Kampagne nach Amerika zu tragen.

Svante Thunberg ist Schauspieler und Produzent.

B-Reel Films (BRF) ist eine schwedische Filmproduktionsfirma, die eine lange Feature-Dokumentation über Greta Thunberg und ihren Kampf um mehr Aufmerksamkeit für den Klimawandel produziert. BFR-Direktor Nathan Grossman hat Greta seit Beginn der Kampagne begleitet.

Die Route

Die ca. 6.000 km von Süd-England nach New York sollen in 12-14 Tagen bewältigt werden. Eine solche Rennyacht kann die Strecke auch in kürzerer Zeit zurücklegen, allerdings in umgekehrter Richtung. Mit Greta geht es aber genau gegen den Golfstrom und Wind/Jetstream an. Gegen alle Naturgewalten. Üblicherweise macht man sich Wind und Strömung zu nutze und segelt mit dem Wind und der Strömung zuerst zu den Kanaren und überquert dann mit dem Passatwind, der nahe des Äquators weht den Atlantik bis zur Karibik und nutzt dort den Golfstrom, der entlang der amerikanischen Künste einen bis New York befördert. Eine solche Überfahrt würde aber Wochen bis Monate dauern.

Das Schiff

Die Malizia II zählt zu den schnellsten Segelschiffen der Welt. Kosten: fünf Millionen Euro. Das Schiff ist ein kompromissloses Rennboot, ohne Komfort. Es wurde speziell für das Vendée-Globe-Rennen designed. Ende 2020 will Herrmann in diesem Nonstop-Segelrennen innerhalb von drei Monaten um die Welt segeln – allein, sagte er in einem Interview mit dem Stern. Es gebe an Bord also nur ein Minimum an Ausrüstung.

Segelyacht für Übersee-Rennen

Die 2015 gebaute Malizia II gehört der Bootsklasse Open 60 an. Um für die Bootsklasse der Einrumpfboote von 60 Fuß Länge (IMOCA 60) verbindliche Regeln aufzustellen, wurde 1991 die IMOCA (International Monohull Open Class Association) gegründet.

Die IMOCA verwaltet die Klasse der Open-60-Boote und arbeitet am Regelwerk für Regatten dieser Klasse mit. Sie zählt Regattateilnehmer, Organisatoren und Bootsbauer zu ihren Mitgliedern, die sich mit Segelyachten für Übersee-Rennen beschäftigen. Das Reglement für die Wettbewerbsklasse IMOCA verlangt, dass das Boot mit einem Motor ausgestattet ist, der das Boot über einen Zeitraum von 5 Stunden mit einer Geschwindigkeit von 5 Knoten in jede Richtung antreiben kann.

Dieselfrei mit Solarpaneelen

Popularität erhielt die Malizia II durch einen Umbau im Winter 2018/2019. Das Rennboot erzeugt die notwendige elektrische Energie an Bord für Navigation und Kommunikation mit Solarpaneelen und Propellern am Heck. Das Besondere an dem Boot ist der Verzicht auf Diesel.

Weil Rennjachten einen hohen Energieverbrauch haben, unter anderem für Autopiloten, Satellitenkommunikation und Meerwasserentsalzung, sind gewöhnliche Jachten auf Hunderte Liter Diesel, die das Gewichts des Bootes erhöhen, angewiesen. Alle paar Stunden muss der Diesel-Motor gestartet werden, um die Batterien aufzuladen. Herrmann hatte die Idee, auf das Gewicht des Diesels zu verzichten und CO2-neutral zu segeln. Die Lösung waren Solarmodule von Solbian sowie Hydrogeneratoren für Schlechtwetterphasen. Nach nur rund einem Monat Planungszeit wurde die Malizia II vor wenigen Monaten über die Wintermonate umgebaut.

Die Paneelen bestehen aus einer dünnen Kunststoffschicht als Oberfläche und lassen sich nach Angaben der Herseller direkt am Boot befestigen.” Die spezielle Beschaffenheit der Oberfläche ermöglicht es auch, die Paneele zu betreten. Jene in der Mitte der Jacht wurden dafür auch mit einer Antirutsch-Oberfläche ausgestattet”. Weitere, glatte Paneelen befinden sich links und rechts am Deck. Die größte Herausforderung sei allerdings nicht die Montage der teils gekrümmten Paneele, sondern der Schatten der Segel und des Masten. Üblicherweise erleiden Solarpaneelen einen starken Leistungsabfall, sobald etwas Schatten auf sie fällt. Dies soll angeblich auf die Anlage aus Graz nicht zutreffen: “Wir haben Bypass-Dioden und separate Regler verbaut. Dadurch erzielen wir eine hohe Schattentoleranz und einen höheren Wirkungsgrad”, erklärte der Geschäftsführer Körner.

Die Jacht fährt mit “Windantrieb, der Strom für Telefon, Kocher und Computer kommt von Solarzellen an Bord und erfüllt damit die Anforderungen, die Aktivistin Thunberg an ein Fortbewegungsmittel stellt”, sagt Boris Hermann.

Umweltschonung – ein Märchen

Die Segelyacht Malizia II besteht aus Karbonfasern. Emissionsfrei sind weder die Herstellung des Bootes noch die Entsorgung des Bootrumpfes, lediglich die Fahrt.

Ein Vergleich der Herstellung von Bauteilen für Rumpfkomponenten aus Aluminium bzw. CFK in Bezug auf ihren Material- und Energieverbrauch durch das Forschungszentrum Karlsruhe zeigt, dass die Fertigungsschritte der Rumpfstrukturen aus den Halbzeugmaterialien einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag am energetischen und stofflichen Ressourcenverbrauch ausmachen. Nach den vorliegenden Analysen zeige sich in Bezug auf ökologische Aspekte, dass die “Herstellung der CFK-Rumpfstruktur näherungsweise die gleiche Menge an Primärenergie verbraucht, wie die Herstellung der entsprechenden Aluminiumstrukturen.”

Eine fachgerecht und umweltschonende Entsorgung des Materials ist nur in geringem Umfang möglich und wirft dieselben Probleme auf wie die Entsorgung des Sondermülls der Rotorblätter von Windkraftanlagen. Der Energieverbrauch ist sehr hoch.

Im Jahr 2018 lag die Anzahl der Flugpassagiere aus Deutschland mit Ziel USA bei rund 5,3 Millionen. Um fünf Menschen unter kärglichen Umständen und großen Risiken innerhalb von 12-14 Tagen von Deutschland aus per Rennyacht nach New York zu befördern, müssten mehr als eine Million Segelyachten gebaut werden.

Kein Komfort

Luxus ist nicht zu erwarten, “Es gibt einen kleinen Gaskocher und Isomatten – wie Zelten in der Wildnis, nur dass sich der Untergrund bewegt”, sagt Boris Herrmann. Es ist vermutlich nicht zynisch gemeint, wenn Herrmann auf die Bemerkung des Interviewers, Greta dürfe sich nicht auf allzu viel Komfort freuen, antwortet: “Nein, aber wir werden sehr schnell und vor allem emissionsarm unterwegs sein. Wir wollen keinen Tropfen Diesel für die Überfahrt benutzen.” In New York werde zwar ein Schlauchboot mit Außenmotor beim Anlegen helfen, “aber das versteht Greta.”

Gesehen hat die 16-Jährige das Schiff vor der Zusage nicht. Er habe ihr Bilder per Videokonferenz zeigen können, sagt Herrmann und fügt lachend hinzu: “Ehrlich gesagt hatte ich ein Weitwinkelobjektiv auf meinem Handy angebracht, damit das alles ein bisschen größer wirkt.”

Es wird eng für fünf Personen. “Die Fläche im Innenraum misst kaum mehr als 3 Meter. Es gibt auch nur zwei Kojen und einen einzigen Campinggaskocher. Keine Dusche, keine Toilette, kein fließendes Wasser. Außerdem kann es sehr kalt werden, wenn wir auf dem Nordatlantik unterwegs sind – die Yacht ist nicht einmal isoliert”, sagt Herrmann.

Physische und psychische Belastung

Für Greta Thunberg ist es der erste Segeltörn ihres Lebens – ein krasserer Einstieg als der Transatlantik-Törn auf Herrmanns 18 Meter langem Kohlefaser-Geschoss ist kaum vorstellbar, meint die WZ. Boris Herrmann habe sie gefragt, ob sie Angst habe. “Sie hat mit klarem Nein geantwortet“, sagt der Ausnahmesegler.

Eine Seglerausbildung hat die Schülerin vorher nicht erhalten. Ein bis zwei Tage vor der Abfahrt soll mit ihr eine Trainingsfahrt gemacht werden. “Mehr war nicht möglich, da sie bis kurz vor dem Start ständig unterwegs ist. Das wird eine sehr steile Lernkurve.”

Der Frage, ob sie körperlich zu so einer Überfahrt überhaupt in der Lage sei, weicht Boris Herrmann aus. Die psychische Herausforderung werde für Greta mindestens genauso intensiv wie die physische. “Das kennt jeder, der mal für längere Zeit auf einem Boot gewesen ist: Alles schwankt, man fühlt sich unwohl, wird seekrank oder sogar hysterisch”, sagt er. Der Vater meine allerdings, sagt Herrmann, dass es für sie viel unangenehmer wäre, auf einem großen Schiff mit vielen Leuten zu reisen. “Jetzt begleiten sie nur ihre engsten Vertrauten: Ihr Vater und ein Kameramann, mit dem sie bereits seit über einem Jahr zusammenarbeitet.” Er und Pierre Casiraghi werden abwechselnd schlafen. “Greta hat also immer nur einen von uns beiden um sich herum. Wenn es ihr aber doch einmal zu viel werden sollte, kann sie sich in ihre Koje zurückziehen. Dort haben wir extra für sie einen Vorhang installiert.”

Ab 15 Knoten Geschwindigkeit versteht man unter Deck kaum sein eigenes Wort, ab 20 Knoten wird es infernalisch. Und die Schläge und das Rucken im Seegang können einen ohne Vorwarnung von den Füßen holen. Dagegen helfen weder Meditation noch Pillen.

Wegen des Asperger-Syndroms des Mädchens hat Hermann keine Bedenken. Er ist überzeugt, dass Greta die Strapazen der Reise richtig einschätzt. “Ich habe den Eindruck, dass Greta eine sehr klar kalkulierende, analytische Person ist, die nicht so schnell hysterisch wird. Wir haben ihr sehr genau gesagt, worauf sie sich einlässt. Außerdem bereitet sie sich sehr konkret auf diese Reise vor. Wir haben ihr auch Meditation und autogenes Training empfohlen. “

Weil Meditation nicht bei Seekrankheit hilft, hat das Team ihr “verschiedene Medikamente nach Schweden geschickt, damit sie ausprobieren kann, welche sie am besten verträgt.”

Die Mahlzeiten auf dem Boot bestehen aus gefriergetrocknetem Essen oder in Vakuum eingeschlossenen Campinggerichten, darunter auch eine große Bandbreite an veganen Gerichten.

Eine Hightech-Seefahrt mit Kind

„Ich hätte in ihrem Alter nicht den Mut gehabt, das zu tun, was sie jetzt tut“, sagte Herrmann in einem Gespräch mit dem Abendblatt. Und er wollte mit 17 Jahren Profisegler werden…

Susann Beucke, die für ihre Offshore-Zukunft lernt, hatte die Chance, mit Boris Herrmann auf der foilenden Imoca Malizia II zu segeln. Das habe sehr viel Spaß gemacht, sagt die Segel-Athletin. Greta ist jedoch keine Sportlerin. Sie hat keine Segelerfahrung und ist sportlich nicht trainiert.

Ob die junge Schwedin aktiv mitsegelt, ließ Herrmann offen: „Ich werde ihr gerne alles zeigen und erklären und sehen, inwieweit sie Lust hat zu lernen.“ Er könne sich vorstellen, dass sie wegen ihres Klimabewusstseins eine starke Neugier für Wetter und Navigation mitbringe, sagte er der WZ. Sie ist komplett befreit von allen Seglerpflichten.

Während der Skipper genug damit zu tun hat, die Passagiere heil auf die anderen Seite der Welt zu bringen, kann Greta an Bord wenig machen: „Sie hat gesagt, dass sie viel lesen will, schreiben, filmen. Und sicherlich wird sie auch die eine oder andere Botschaft von Bord verschicken“, sagte Herrmann dem Abendblatt. Bei geringem Wellengang ist das sicher möglich.

Er selbst werde zusammen mit seinem Freund und Co-Skipper Casiraghi dafür sorgen, dass Greta sicher und heil in die USA kommt, sagt Herrmann. Im Zweifel würden sie eine Route wählen, die nicht zu stürmisch ist. Und den einen oder anderen Umweg fahren, damit die Bedingungen komfortabler bleiben.

„Greta soll sich wohlfühlen, und dafür werden die ersten ein, zwei Tage entscheidend sein.“ Mittwochnachmittag soll es los gehen. Die Wetteraussichten für den Start? „Noch sind sie nicht optimal“, sagt Boris Herrmann. Zu viel Wind sei für den kommenden Mittwoch vorausgesagt, wenn der Hamburger Extrem-Segler das Abenteuer wagt. „Wir zögern den Start aber im Zweifel so lange hinaus, bis wir die besten Bedingungen für die Fahrt haben.“

Informationen über die Wetterlage (das aktuelle Wind- und Strömungsszenario in Europa) hat der Blog Science Skeptical zusammengestellt: “Vor einigen Tagen kündigte sich aber bereits das Sturmtief YAP an, dass gerade über England und über Norddeutschland zieht. Die Vorbereitungsfahrt fiel so offenbar aus.”

Der Leser Karl R. kommentiert am 10. August 2019 bei Science Skeptical das Vorhaben der Thunbergs wie folgt:

“Es geht um Klimaschutz, oder in Wirklichkeit um Klima Aktivismus unter Verwendung von lebendem Menschenmaterial. Man muß als Außenstehender, aber Seemann mit viel Erfahrung, wirklich von Material reden. Da wird erst einmal ein reifeverzögertes Kind mit Asperper Syndrom als Testkaninchen auf das Boot gesetzt. Das arme Kind hat keine Ahnung von Seefahrt. Sie folgt nur dem eingeimpften „Kampf fürs Klima“. Die Schreiberlinge, ebenfalls ohne jegliche Ahnung, schreiben von einer umweltfreundlichen Yacht, sogar emmissionsfrei. Dieser Haufen segelnder Schrott besteht aus Carbon und Kunststoff. Da benötigt man viele tausend KWh um alleine die Fasern zu erzeugen. Wegen teurem deutschem Ökostrom geschieht dies außerhalb von Europa.
Dann noch die Route. Seit Jahrhunderten entwickelte sich das Buch „Ocean Passages for the World“ der britischen Admiralität. Diese Route steht da nicht drin, denn sie ist komplett bescheuert. Gegen die Windsysteme, gegen den Golfstrom gegen die Natur. Soll aber für die Natur sein, das glauben nur Idioten.
Dann das Schiff mit 18 m als Folterkammer für das arme Kind. 14 Tage festgurten und sedieren kann ich nur empfehlen, denn ich bin mehrmals über den ATLANTIK in den richtigen Richtungen gesegelt. Bei uns an Bord wurde 3 x warm gekocht, es gab 9 bequeme Kojen, Toilette und warme Dusche. Wenn das auf 18 m nicht geht, ist auch noch die Konstruktion falsch. Wir waren nur 12 m lang.”

Das Risiko

Eine Routine ist die Überfahrt auch für Boris Herrmann nicht. Er räumt ein: “Eine Fahrt über den Atlantik mit einer Segelyacht ist immer ein Abenteuer. Auch für Regattaprofis. Ich muss mich jedes Mal wieder kneifen und mir klar machen, dass ich in die absolute Wildnis hinausfahre. Im Moment ist Hurrikan-Saison, weswegen wir keine angenehme Südroute wählen können. Stattdessen segeln wir durch die rauen Gewässer des Nordatlantiks: Hier trifft der Golfstrom auf die kalten Strömungen aus dem Norden. Mal ganz abgesehen von den Eisbergen.”

“Klingt gefährlich”, bemerkt der Interviewer. Herrmann antwortet ihm:

Es ist ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Wenn das Wetter nicht mitspielt, kann es auch sein, dass wir umkehren müssen. Wenn wirklich nichts mehr geht oder die wichtigste Technik versagt, müssten wir die nächste Küste anfahren: Irland, die Azoren, Neufundland – was immer am günstigsten ist. Das Gute aber ist, dass wir mittlerweile ziemlich verlässliche Wettervorhersagen haben. Wir können immer eine Woche vorausplanen, und das Schiff ist so schnell, dass man schwierige Wettersysteme umfahren kann.

Eine bedrohliche Erfahrung, die Boris Herrmann 2018 auf der Route du Rhume gemacht hat, steht im Widerspruch zu diesem Optimismus.

Bedrohliche Erfahrung 2018 auf der Route du Rhume

Boris Herrmann segelte 2018 mit der Malizia II auf der Route du Rhume, eine der spektakulärsten Einhand-Segelregatten der Welt. Die Route führt über eine Strecke von 3.450 Seemeilen – etwa 6.500 Kilometer – von der Westspitze Frankreichs in der Bretagne bis auf die Karibikinsel Guadeloupe. Auch der Hamburger Segelprofi Boris nahm daran teil, um sich mit seiner Rhum-Premiere auf die Strapazen der Vendée Globe vorbereiten, an der er 2020 als erster Deutscher teilnehmen wird. Boris Herrmann übernahm bei der Route du Rhum überraschend die Führung – und dann gab es ein Manöverprobleme. Das schrieb der Skipper in seinem Bericht von Bord (Auszug):

“Ich döste wieder ein und wartete auf die nächste Bö. Es begann wieder von vorn. Doch nach einer Weile ging es auf 26, manchmal auch 28 Knoten hoch. Zu diesem Zeitpunkt stand ich mit der Schot im Cockpit, immer noch entspannt und mit langsamem Herzschlag, erwartete, dass die Bö in wenigen Minuten wieder nachlassen würde. Doch dann hat uns die unvermeidliche Kombination aus Schwell und Bootsgeschwindigkeit – wir waren vielleicht langsam oder in einem hohen Winkel unterwegs – binnen des Bruchteils einer Sekunde außer Kontrolle geraten lassen.

Das Ruder zieht Luft, und das Boot bewegt sich gewaltsam in den Wind. Weil ich alle Segel sofort gefiert habe, krängt das Boot noch nicht einmal besonders stark. Der kritische Moment besteht dann immer darin, beim Zurücksteuern auf den alten Kurs keine Crash-Halse hinzulegen. Hat das Ruder erst einmal wieder Griff, überreagiert der Autopilot oft und würde uns direkt in eine Halse schicken – mit dem hochgezogenen Backbordruder zu diesem Zeitpunkt keine schöne Vorstellung.

So weit so normal. Doch mein Jockey Pole (bringt die Holepunkte für die Schoten weiter nach außen) ist aus dem Beschlag gesprungen und schlägt jetzt wie wild gegen das Deckshaus und seine Fenster. Anstatt die Schoten dichtzunehmen, habe ich sie weiter aufgefiert, um dem Jockey Pole Lose zu geben. Das war fatal für den Trimm des Spinnakers. Ich staue den Jockey Pole also weg und fixiere ihn in Sicherheit.

Der Wind bläst immer noch mit 26 Knoten, und ich beginne die Leine des Bergesystems für den Spinnaker runterzukurbeln. Ich wechsle die Gänge der Winsch sehr vorsichtig, weil ich die Leine nicht zum Reißen bringen will. Sie scheint blockiert. Es ist immer noch so dunkel, dass ich nur einen kleinen Radius vom Boot mithilfe meiner Kopflampe sehen kann. Ich benutze eine starke Taschenlampe, um die Mastspitze erkennen zu können – und um zu sehen, warum das Bergesystem des Spinnakers nicht herunterkommt. Mein Herz setzt fast aus, als ich sehe, dass der Spinnaker ums Vorstag herumgewickelt ist.

Ich glaube, dass ihr, falls ihr bei Youtube mal nach Segelboot-Fails schaut, schnell ein Beispiel finden werdet: Der typische Mittwoch-Feierabend-Segler hat sein Segel komplett vertörnt und ist nun hilflos dazu verdammt, vor dem Wind weiterzusegeln, bis einer seiner Kumpels in den Mast steigt und alles freischneidet. Mir ist in diesem Moment nicht zum Lachen zumute – ich bin der Dumme. Nur dass ich mitten auf dem Atlantik in viel zu viel Wind für das 400-Quadratmeter-Segel unterwegs bin, das 30 Meter über mir in einer Gewitterbö feststeckt und ich es noch nicht einmal sehen kann.

Was jetzt passiert, ist verrückt: In meinem Gedanken höre ich eine Melodie. Mein Bewusstsein konzentriert sich auf meinen Herzschlag, und da ist dieses saure Gefühl im Mund, während mein Kopf die Arbeit eines professionellen Segelteams von fünf Leuten erledigt. Nur von Zeit zu Zeit gibt mein Bewusstsein einige allgemeine Anweisungen an das Team. Ich bleibe dabei nahezu entspannt. Ich empfinde eine echte Trennung zwischen meinem Körper und meinem Geist.

Die Reisekosten

Die Kosten für die Reise übernehme sein Team, sagt Herrmann, auch „wenn das ein ziemliches Loch in unsere Kasse reißt“. Sponsoren, wie sonst im Segelsport, gebe es nicht, „das passt weder zur Greta noch zu dieser Mission“. Und was, wenn Greta ihn dann fragt, ob er sie wieder zurück nach Europa bringen kann? „Ich denke, dass es bis dahin genug Schiffe geben wird, die das auch ohne Emissionen tun können.“

“Wir schreiben Geschichte”

Der Oldenburger Profi-Segler hatte der 16-Jährigen angeboten, sie mit der Hochsee-Rennsegeljacht Malizia II nach New York zu bringen – und die Schwedin hat das Angebot angenommen.

Eine Freundin habe ihm geraten, sagt Hermann: “Wenn sie mal irgendwo nicht mit dem Zug hinkommt, müsst ihr sie unbedingt mit dem Boot bringen. Am 17. Juni twitterte Greta, dass sie eine Möglichkeit suche, ohne Flugzeug über den Atlantik zur UN zu kommen. Pierre und ich wussten sofort, dass wir diese Mitfahrgelegenheit nach New York sein wollten. Pierre war direkt begeistert und meinte: Finde die Nummer heraus, ich ruf sofort an!” Er meinte Pierre Casiraghi, den Prinzen von Monaco. “Pierre und ich segeln seit Jahren gemeinsam. Mit dem Ziel, an der härtesten Hochseeregatta, der Vendée Globe, teilzunehmen, auf die sich unser Team vier Jahre vorbereitet.”

Wenn Boris Herrmann seine Passagiere in New York abgesetzt hat, will er so schnell wie möglich das Training für die Vendée Globe aufnehmen, bei der er 2020 als erster Deutscher allein in etwa drei Monaten die Welt umsegeln will.

Die IMOCA veranstaltet eine jährliche Weltmeisterschaft für Boote dieser Klasse, die die Popularität der Bootsgruppe stärken soll. Für 2021 hat das Team Malizia die Teilnahme am Ocean Race angekündigt. Das Vendée-Globe-Rennen sei für ihn ein Lebenstraum, sagt Boris Herrmann. “Schon mit 17 Jahren wollte ich Profisegler werden. Damals haben mich meine Eltern für komplett verrückt gehalten. Aber, wenn ich Greta nun zur UN bringe, leiste ich einen Beitrag der weit größer ist als meine persönlichen Träume. Wir schreiben Geschichte.”

Der Profisegler Boris Herrmann hat Greta vor seinen Karren gespannt. Er benutzt sie, um seine eigene Popularität und damit auch seinen Marktwert zu steigern. Sie benutzt ihn, um für die Marke “Greta Thunberg” zu werben. Der Ruf als Heldin oder als Märtyrerin dürfte Dank der Medien gesichert sein.

Faina Faruz

Titelfoto (ohne Greta): Von Xriss – Andreas Lindlahr, CC BY-SA 4.0, Link

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