Beobachtungen aus dem Revier

Die Kumpel der Energiewende

Foto: Alper Çuğun

Nur weil NGO dran steht, heißt das noch lange nicht, dass Demokratie drin ist. Das gilt auch für das mehrfach ausgezeichnete und angeblich unabhängige Online-Magazin klimaretter.info. Das Magazin fordert von der Süddeutschen Zeitung vorbildliches Verhalten in Klimaschutzfragen. Ein Journalist hat nach den Vorstellungen von klimaretter einen Leitartikel “als Plattform und Bühne” zu nutzen, um “realistische Handlungsoptionen für einzelne Bürger, aber auch und als Allererstes für unsere Bundespolitik herauszuarbeiten.” Der Klimawissenschaftler James Hansen gilt klimaretter.info als Vorbild, aber dessen Aufruf zur Nutzung der Kernenergie wird verschwiegen. Beeinflussung der Presse und Unterdrückung von Informationen – die Kumpel der Energiewende?

Presse- und Meinungsfreiheit

Wenig freundlich hört sich an, was Herr Daniel Boese am 29.11.13 im klimaretter. info der Süddeutschen Zeitung zu sagen hat. Daniel Boese wettert im Teil 3 der Serie “Was Warschau wert ist” aus Leibeskräften gegen einen Artikel von Arne Perras in der Süddeutschen Zeitung: “196 Zeilen Ahnungslosigkeit”. Arne Perras erwähne nicht eine einzige konkrete politische Kampagne, sondern wäge über die ganze Strecke alle Stolperfallen der Klimapolitik ab, beklagt er sich. Die SZ verweigert aus Boeses Sicht ihre Pflicht: “Rund um die Welt arbeiten längst Hunderttausende Menschen an Kampagnen, Aktionen und Strategien, um die Sintflut politisch zu stoppen. Die Klimabewegung wird und muss in den nächsten Jahren in der Größenordnung von Occupy und Arabellion Weltklimapolitik beeinflussen.”

Einen Leitartikel zu dem von ihm genannten Titel “Vor uns die Sintflut” lässt sich im Internet bei der Süddeutschen Zeitung finden, allerdings unter dem Datum vom 26.06.2012. Der stammt von Christopher Schrader. Nun gut, vielleicht hat die Süddeutsche den Titel zweimal verwendet und der zweite Artikel ist nur in der Printausgabe erschienen, aber dies ist im Moment zweitrangig.

Herr Boese erwartet, dass die SZ sich die Mühe macht, “Perspektiven für eine schnelle politische Lösung des Klimawandels zu finden”. Daniel Boese: “Was ich dagegen erwarte, ist, dass ein Journalist so einen Leitartikel nicht verschwendet. Sondern ihn als Plattform und Bühne nutzt, um realistische Handlungsoptionen für einzelne Bürger, aber auch und als Allererstes für unsere Bundespolitik herauszuarbeiten: So können wir den Klimawandel aufhalten!”(Hervorhebung von Boese)

Der Einfluss gut vernetzter NGOs auf politische Entscheidungsprozesse auf die Medien- und Meinungsfreiheit sollte dringend untersucht werden. Der wirtschaftliche Sektor der Erneuerbaren Energien, der den Klimaschutz als wesentliches Argument für seinen massiven Ausbau nutzt, wächst, und damit wächst möglicherweise auch der Druck auf die Presse.

Totschweigen und Skandalisieren

[bg_faq_start]Klimaretter.info

Klimaretter.info ist ein angeblich unabhängiges Online-Magazin, das vom Verein Klimawissen e.V. herausgegeben wird. Es bietet nach eigenen Angaben “Nachrichten und Hintergründe, Debatten und Kommentare zur Klima- und Energiewende”, mit einem klaren Ziel, das sich im Buchtitel seiner Gründer, der beiden  Journalisten Nick Reimer und Toralf Staud, finden lässt: “Wir Klimaretter. So ist die Wende noch zu schaffen”. Hinter klimaretter.info steht ein Verlag mit ebenfalls wohlklingendem Namen, der GutWetterVerlag in Berlin. Und selbstverständlich ziehen die Journalisten das Projekt nicht alleine durch: “Beratend steht der Geschäftsführung ein Herausgeber-Gremium namhafter Personen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zur Seite.” klimaretter.info wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Deutschen Solarpreis, dem Umwelt Medienpreis und 2012 zum Grimme Online Award nominiert.
Die Verschachtelungen der NGOs, die ein wichtiger Träger der Klimawende sind, und das Netzwerk der Vergabe wohlklingender Auszeichnungen lassen sich leider nur schwer aufschlüsseln. [bg_faq_end]

Kein Klimaschutz ohne Kernkraft!

Herr Boese weiß, dass James Hansen der bekannteste Klimawissenschaftler der USA ist. Er ist begeistert, dass dieser sich im Februar 2013 vor dem Weißen Haus mit 1.500 anderen Menschen verhaften lässt, um die Keystone-XL-Pipeline von Kanada nach Texas zu verhindern. Dies sei “die größte Aktion zivilen Ungehorsams in den USA seit Martin Luther King” gewesen und fragt “Hat das kein Gewicht? Weiß Perras das nicht? Ist ihm das egal?”.

Was Herrn Boese aber offenbar egal ist und klimaretter nicht daran gehindert hat, zur “ersten gemeinsamen Großdemo von Anti-Atom-Bewegung und Klimabewegung” am 30. November aufzurufen, ist die Tatsache, dass James Jansen gemeinsam mit drei weiteren Klimaforschern am 3. November 2013 in einem öffentlichen Brief zur Renaissance der Kernenergie aufgerufen hat! Die Klimawissenschaftler betonen, dass es keine glaubwürdige Alternative zur Stabilisierung des Klimas gibt, wenn sie der Kernkraft keine substanzielle Rolle einräume.

klimaretter ignoriert den offenen Brief der Klimawissenschaftler.

Der Verein hatte zur Energiewende-Demonstration am 30.11.2013 gegen “Fracking, Kohle & Atom” aufgerufen. Nach eigenen Angaben wurde sie von 60 Organisationen unterstützt, darunter auch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), IPPNW, mehreren Verbänden der Erneuerbaren Industrie und den Parteien Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Trotz des großen Aufgebots an Unterstützern war die Teilnahme an der Demonstration nicht überwältigend. Dies könnte ein Lichtblick sein, dass endlich mehr Nüchternheit in die Diskussion über den Klimawandel und über geeignete Schutzmaßnahmen einkehrt.

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Beppler


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