El Hierro, eine Umweltberaterin und “Sex zwischen Himmel und Erde”

Die Ureinwohner nannten ihre Insel Esero oder Ero, was so viel wie stark, fest oder hart bedeutet, womit der riesige Felsblock im Meer, El Hierro, nach Ansicht von Wikipedia anschaulich beschrieben wäre. Die Perle der Kanaren, wie sie oft genannt wird, wird von rund 10.000 Menschen bewohnt. Für den pauschalen Massentourismus ist El Hierro unattraktiv, wodurch die Insel für Individualurlauber “mit ihren vielen verschiedenen Landschaftsbildern” besonders reizvoll ist.

Den Inselbewohnern wurde versprochen, dass sie ihren Strom zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien erhalten könnten. Auf dem Gipfel eines erloschenen Vulkans wurde eine Gruppe von fünf Windenergieanlagen installiert, die mit Hilfe der hier ziemlich kräftig und stetig wehenden Atlantikwinde kostenlosen Strom erzeugen sollten.

“El Hierro- Alles Öko, oder Riesenbetrug?”

“El Hierro- Alles Öko, oder Riesenbetrug?” – fragt Hermann Dirr. Anhand einer aktuellen Grafik vom 13.10.2017 zeigt er auf seiner Facebookseite, dass sich die überschwänglichen Ankündigungen, El Hierro werde sich ausschließlich mit Erneuerbaren Energien selbst versorgen können, nicht bewahrheiten. “Am 13. Oktober 2017, um 7:20 Uhr, wurde die Stromversorgung zu 100 % durch ein Mineralölkraftwerk erledigt.”

Eingeständnis der Fehleinschätzung? Fehlanzeige!

Ein Eingeständnis der Fehleinschätzung ist von keinem der Verfechter der Erneuerbaren Energien, die sich auf den Klimaschutz berufen, und Lobbyisten zu erwarten. Das unterscheidet sie, ihre Politiker und Medien maßgeblich von seriösen Klimawissenschaftlern. Woher beziehen Anhänger der Erneuerbaren Energien eigentlich ihre Informationen?

Eine Spur führt zum Beispiel zu Esther Weinz, die 2014 in “Sonnenenergie, Zeitschrift für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz” einen Beitrag über die kanarische Insel El Hierro veröffentlichte. Die Sonnenenergie ist seit 1976 das offizielle Fachorgan der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. (DGS). Esther Weinz wird von der DGS als “Umweltberaterin, DGS/Kassel” tituliert. Sie schrieb: “Die fünf Windräder sollen künftig 11,5 MW produzieren. Das ist deutlich mehr als der momentane Spitzenverbrauch von 7 MW. Es gibt hier also noch Luft nach oben, auch zum Betreiben vielfältigster Elektromobilität. Die finanziellen Ressourcen durch die Einsparung von Dieseltreibstoff können in neue Ökoprojekte und in die Infrastruktur investiert werden.”

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Herrmann Dirr kommentiert: “Die fünf Windräder sollen also in Zukunft 11,5 MW produzieren. Na, ja, von installierter Windkraftleistung hat sie anscheinend keine Ahnung. Warum schreiben solche Menschen nicht einfach über die Bibel oder so etwas?” Er liegt mit seinem Vorschlag gar nicht so falsch.

Ein Link

Als Kontaktadresse für Esther Weinz wird in dem Artikel info@AccaKassel.de angegeben. Folgt man dem Link, trifft man auf die Homepage einer “Paar- und Sexualtherapeutin” und reibt sich verwundert die Augen. Auf dieses Thema habe sie sich fokussiert, sagt Esther Weinz, weil ein großer Bedarf bestehe. Sie empfiehlt dort ihr Buch „Sex zwischen Himmel und Erde, Band 1“.

Dass Himmel und Erde etwas mit Umwelt zu tun haben, sofern man das Umweltthema nicht allzu wörtlich nimmt, mag der Grund sein, dass die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. die Sexualtherapeutin Esther Weinz als “Umweltberaterin” bezeichnet. Welcher enst zu nehmende Geograph, Geologe, Meteorologe, Klimaforscher oder Physiker hat gegenüber so viel Sexualkompetenz noch etwas zu melden?

Die DGS-Sektion Kassel befindet sich im Umwelthaus in der Wilhelmsstraße 2 – zusammen mit
– Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
– Frauen nach Tschernobyl
– Greenpeace
– Robin Wood
– Verkehrsclub Deutschland (VCD)
– Weltladen

Für das umfassende körperliche und Seelenheil der Mitglieder im Netzwerk ist jedenfalls bestens gesorgt.

Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V.

Das Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenenergie (DGS) sitzt in Berlin. Der Verein ist nach eigenen Angaben der älteste Fachverband für Erneuerbare Energien (gegründet 1975) und die  mitgliederstärkste, technisch-wissenschaftliche Fachorganisation. Die DGS ist die deutsche Sektion der International Solar Energy Society (ISES). Sie finanziert sich durch Zuwendungen.
Außerdem ist die DGS ein als gemeinnützig anerkannter Verbraucherschutzverband nach § 22 AGBG (jetzt § 3 UKlaG). Dass der Verein auf seiner Homepage auch für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirbt (rotierende Werbung), überrascht nicht.

Die DGS unterstützt laut Wikipedia außerdem die Fachmesse Intersolar des gemeinnützigen Vereins Eurosolar, der 1988 auf Initiative des SPD-Politikers Hermann Scheer gegründet wurde. Eurosolar wirkt auf internationaler Ebene mit 13 Sektionen, hat ca. 2800 Mitglieder, ca. 180 Fördermitglieder und ca. 400 juristische Mitglieder (Vereine, Institutionen, Bundesländer, Landkreise, Kommunen, Städte und Firmen). Der Verein betreibt intensive Lobbyarbeit in den nationalen Parlamenten Europas sowie auf EU-Ebene, initiierte 2001 die Gründung des Weltrats für Erneuerbare Energien (World Council for Renewable Energy – WCRE) als weltweite Dachorganisation und stand gemeinsam mit dem WCRE Pate bei Initiierung und Gründung der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA), der inzwischen 136 Staaten beigetreten sind (Stand Juni 2009).

Die Frage, woher die Medien ihre Informationen über El Hierro beziehen, ist mit dem Hinweis auf die Lobbyverbände der Erneuerbaren Energien natürlich nicht beantwortet. Der Dschungel der Verflechtungen und des Wissenstransfers ist undurchschaubar. Eine Parallelgesellschaft lässt sich aufgrund übereinstimmender Informationen nur vermuten.

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Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit” nannten Peter Berger und Thomas Luckmann ihr Buch. Sie gehen der Frage nach, durch welche Prozesse sich für die Mitglieder von Gesellschaften eine zwischen den Subjekten geteilte, gemeinsame Wirklichkeit herausbildet. Sie wird von den Subjekten vorgefunden und gestaltet. Die gesellschaftliche Ordnung in der Menschen leben, “ist keine notwendige, objektiv entstandene Geschichte”, erläutert Susanne Weiß, sondern vielmehr ein “von Menschen selbst hergestellter Prozess. Daran wird erkennbar, wie sowohl das kommunikative Gedächtnis als auch das kulturelle Gedächtnis, als Sediment der Geschichte, durch Sprache und Schrift vermögen, in wechselseitiger Beeinflussung zur Verzerrung bzw. Manipulation der Tradierung kultureller Wissensbestände beizutragen.”

Wer hätte ahnen können, dass die Verzerrung bzw. Manipulation der Tradierung kultureller Wissensbestände durch Lobbyverbände so weit reichen würde, dass trotz vielfältiger Informationsmöglichkeiten, guter Bildung und sozialer Kompetenz Grundkenntnisse in der Physik über den Haufen geworfen und aus dem Wissensfundus ausgeblendet werden?

Foto: lapalma1.net

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