Die Vielfalt der Organismengemeinschaften bedingt die Leistungen und die Stabilität der Land- und Meeresökosysteme. Mit alarmierenden Überschriften machen Umweltverbände und Medien auf das Aussterben der Arten aufmerksam. Sind die schrillen Töne gerechtfertigt?
Schlagzeilen im Dezember 2019:
- “Bedrohte Tierarten: Ein schreckliches Jahr für Eisbären, Koalas und Nashörner
Spiegel Online, 28.12.2019″ - “Größtes Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier”,
T-Online, 28.12.2019 - “WWF – 6.400 Tierarten vom Aussterben bedroht”,
Dlf, 20.12.2019 - “Bis zu eine Million Arten drohen zu verschwinden In 30 Jahren unumkehrbar: Biologe warnt vor größtem Artensterben seit den Dinos”
Focus, 03.12.2019 - “Landwirtschaft ist Artensterben-Ursache Nummer eins …
Nabu, 04.12.2019
Fridays for Future behauptet, es gebe 112.432 bewertete Tierarten, und 30.000 seien vom Aussterben bedroht. Dies ist ein typisches Beispiel für die Agitation der “Klimaschützer”.
Vorkommende Arten
Der WWF geht von 6.400 Tierarten aus. Die Zahl 30.000 bezieht sich auf Tier- und Pflanzenarten. Sie wurde unter anderem von dem Biologen Edward O. Wilson in die Debatte geworfen, so zum Beispiel 2010 in einem Interview [1] mit der “Welt”. Er ging davon aus, dass pro Jahr bald bis zu 30.000 Tier- und Pflanzenarten aussterben.
Mehr als 1,2 Millionen Arten waren bereits vor 2011 in einer zentralen Datenbank katalogisiert. Demnach wären nicht 27% der auf der Erde vorkommenden Arten vom Aussterben bedroht, wie Fridays for Future behauptet, sondern 2,5%.
Die Vielfalt des Lebens gehört zu den schwer zu lösenden Fragen in der Wissenschaft. Die Bemühungen zur Erhebung der weltweiten Artenvielfalt sind begrenzt. Obwohl eine direkte Quantifizierung des globalen Artenreichtums als unmöglich gilt, behaupten Wissenschaftler, dass das Artensterben und die Entstehung neuer Arten aus dem Gleichgewicht geraten seien. “Das Artensterben geht zu schnell”, sagte Wilson. Der Mensch sei dafür der einzige Grund, nicht der Klimawandel.
Schätzungen der Arten schwanken zwischen 3 und 100 Millionen Arten. Längst sind nicht alle Arten bekannt.
Neue Methoden zur Schätzung der Artenzahl
Forscher des internationalen Projekts „Census of Marine Life“ entwickelten mit Hilfe einer Stammbaumanalyse eine neue Methode [2], die Artenzahl möglichst genau zu schätzen. Sie stellten ihre Studie 2011 im Fachmagazin „PloS Biology“ vor.
Ihrer Schätzung zufolge gibt es weltweit 8,7 Millionen ∼ (± 1. 3 Millionen SE) eukaryotische Arten, das heißt Arten, die Zellen mit einem Zellkern besitzen – von einzelligen Algen bis zum Säugetier. Davon leben 6,5 Millionen Arten an Land und 2,2 Millionen (± 0,18 Millionen SE) sind marine Arten.
Jedes Jahr werden nach Angaben der Forscher etwa 15.000 neue Arten entdeckt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der langsame Fortschritt bei der Beschreibung von Arten dazu führen wird, dass Arten aussterben, bevor wir überhaupt wissen, dass sie existieren. Der hohe Artenvielfaltverlust wird nicht bestritten. Er ist nach Auffassung der Wissenschaftler ein dringender Anreiz, unser Wissen über die verbleibenden Arten der Erde zu erweitern.
Lokale Unterschiede
In einem ebenfalls 2011 in der Fachzeitschrift Diversity and Distributions erschienenen Artikel [3] weist Craig Loehle darauf hin, dass das Aussterben von Vögeln hauptsächlich auf Inseln erfolgt. Nur sechs kontinentale Vögel und drei kontinentale Säugetiere wurden in Standarddatenbanken seit 1500 als ausgestorben erfasst, verglichen mit 123 Vogelarten und 58 Säugetierarten auf Inseln. 95% der vom Aussterben bedrohten Vogelarten leben auf Inseln.
So analysierte das Papier das kontinentale Aussterben und fand seit dem Jahr 1500 nur sechs bestätigte Aussterben von kontinentalen Vögeln und drei bestätigte Aussterben von kontinentalen Säugetieren. Diese Zahlen belaufen sich auf 0,08% der kontinentalen Säugetiere und 0,062% der kontinentalen Vögel.
Wissenschaft am Anfang
Tatsächlich haben Wissenschaftler gerade erst damit begonnen [4], die lebenden Arten der Welt gründlich zu katalogisieren, um so eine umfassendere Erfassung des Aussterbens zu ermöglichen, sagt Craig Loehle.
Verursachen menschliche Lebensraumstörungen und Lebensraumveränderungen tatsächlich das Aussterben? Diese Frage hält Craig Loehle für wichtig, da die Ausweisung von Reserven für alle gefährdeten Arten mit widersprüchlichen Anforderungen bestenfalls unplausibel sei. Die Mittel für den Naturschutz seien begrenzt, und es bestehe die Gefahr, dass sie an den falschen Orten für Maßnahmen eingesetzt werden, die nicht wirksam sind. Tests zur Wirksamkeit bestehender Erhaltungsmaßnahmen seien sehr begrenzt.
Trotz dieser Tatsachen wollen uns die Menschen um Greta Thunberg glauben lassen, dass “ganze Ökosysteme zusammenbrechen” und “wir am Anfang eines Massensterbens stehen”. Die Propaganda dient nicht dem Klima oder der Natur, sondern der Gier von Umweltverbänden, Unternehmen, anderen Organisationen und Politikern zahlreicher Parteien.
[1] https://www.welt.de/wissenschaft/tierwelt/article6849901/Pro-Jahr-sterben-rund-30-000-Arten-aus.html
[2] https://doi.org/10.1371/journal.pbio.1001127
[3] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1472-4642.2011.00856.x
[4] https://www.justfactsdaily.com/is-ocean-life-on-the-brink-of-mass-extinction/
Weitere Literatur:
- https://www.scinexx.de/news/geowissen/87-millionen-arten-leben-auf-der-erde/
- https://www.geo.de/natur/oekologie/4178-rtkl-biodiversitaet-auf-der-erde-leben-87-millionen-arten
- https://de.wikipedia.org/wiki/Artenvielfalt#cite_note-18
Titelfoto: RoyBuri, “Rotmilan”, Pixabay