Beobachtungen aus dem Revier
Iran

Öltanker-Konflikt mit Iran

Neue Entwicklungen

Das US-Justizministerium begründete seine Maßnahme mit mutmaßlichen Verstößen gegen US-Sanktionen, Geldwäschegesetze und Terrorismusstatuten. Darüber hinaus wird auf eine angebliche Verbindung zwischen dem Schiff und den iranischen Revolutionsgarden hingewiesen, die Washington als eine Terrororganisation einstuft. Laut dem Dokument ist das Schiff Teil eines Plans zur Unterstützung illegaler Lieferungen Irans an Syrien.

19.08.19 View of the sea off Gibraltar, as Iranian supertanker is released

17.08.2019 Bundestagsgutachten: Festsetzung des iranischen Tankers „Grace 1“ vor Gibraltar war völkerrechtswidrig

17.08.2019 Iranischer Öltanker vor Gibraltar: US-Gericht ordnet Beschlagnahmung an


29.07.2019

Der Iran habe einen wichtigen Bereich des internationalen Rechts, die freie Schifffahrt, angegriffen, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen mit Blick auf die Beschlagnahme des britischen Öltankers “Stena Impero” durch iranische Sicherheitskräfte. Röttgen dringt laut t-online auf eine deutsche Beteiligung an der Militärmission.

Die USA haben ihre Verbündeten zu einem gemeinsamen Einsatz aufgerufen, die Marine-Einheit “Cheonghae” solle vom Kampf gegen die Piraterie vor Somalia abgezogen werden, Großbritannien hat vor wenigen Tagen die Idee einer europäischen Militärmission aufgeworfen, Südkorea will sich offenbar an dem Militäreinsatz beteiligen, Die Bundesregierung schließt eine Beteiligung der Bundeswehr an einer europäischen Schutzmission nicht grundsätzlich aus. Der Konflikt könnte eskalieren.

Der Anlass des Konflikts

Die Tagesschau berichtete, dass die britische Marine vor der Festsetzung des Öltankers “Stena Impero” in Gibraltar einen Tanker mit iranischem Öl festgesetzt hatte, der Kurs auf Syrien gehabt haben soll. Die Briten argumentieren, der Tanker habe Erdöl für Syrien an Bord, was gegen EU-Sanktionen verstoße. Daraufhin setzten iranische Patrouillen am vergangenen Freitag den britischen Tanker “Stena Impero” fest, als er die Straße von Hormus passierte. Zur Begründung hieß es, das Schiff habe Vorschriften nicht beachtet.

Vorschlag Irans

Die Lösung des Konflikts scheint sehr einfach:

Lüders Sturm

 

Der Iran hat einen Austausch der beiden festgesetzten Öltanker mit Großbritannien angeregt. Präsident Hassan Rouhani sagte bei einer Kabinettssitzung, wenn sich die Briten auch in Gibraltar an die Vorschriften hielten, würden sie eine angemessene Antwort erhalten.

Den britischen Vorschlag für eine europäische Marinemission im Persischen Golf zurückgewiesen. “Wir haben gehört, dass sie eine europäische Flotte in den Persischen Golf entsenden wollen, was natürlich eine feindselige Botschaft transportiert, provokativ ist und die Spannungen vergrößern wird”, zitierte die Nachrichtenagentur Isna den Regierungssprecher Ali Rabiei.

Konflikttreiber

Die freie Schifffahrt sei “Grundlage des freien Handels, des Exports und damit unseres Wohlstands”, sagte Röttgen laut t-online.de. Und weiter: “Aus diesen Gründen sollte es eine europäische Mission mit deutscher Beteiligung geben.”

Auch der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, befürwortet einen Einsatz der Bundeswehr am Persischen Golf, allerdings unter dem Dach einer EU-Mission. Er sieht darin eine Chance, eine Deeskalation der Lage herbeizuführen, die durch Überreaktionen im Konflikt zwischen den USA und Iran entstehen könnten.

Skeptisch zu einer Militärmission im Persischen Golf hat sich unter anderem der Verband deutscher Reeder im Gespräch mit dem NDR geäußert. “Je mehr Kriegsschiffe im Golf unterwegs sind, desto stärker steigt die Gefahr einer Eskalation”, warnte dessen Präsidiumsmitglied Ralf Nagel in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er forderte ein “Primat der Diplomatie”. Im Tanker-Konflikt mit dem Iran hoffen deutsche Reeder auf eine diplomatische Lösung für die wichtige Handelsroute, berichtet auch der NDR am 24.07.2019.

dpa macht Stimmung

Die deutschen Reeder schlugen vor, den Tankerstreit vor dem Internationalen Seegerichtshof in Hamburg beizulegen. Dort solle geklärt werden, was tatsächlich in der Straße von Hormus und in der Straße von Gibraltar vorgefallen sei. “Wir brauchen Deeskalation und objektive Aufklärung”, sagte Ralf Nagel vom Präsidium des Verbandes Deutscher Reeder. Die Freigabe von Schiff und Besatzung müsse an erster Stelle stehen. Das Interview mit Ralf Nagel führte der NDR:

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) ist ein Spitzenverband der deutschen Wirtschaft. Er repräsentiert rund 200 Mitgliedsunternehmen. Gründer waren 1907 die regionalen Reedervereinigungen, um eine gemeinsame und einheitliche Interessenwahrnehmung zu ermöglichen. Die Mehrzahl der Mitgliedsunternehmen ist mittelständisch geprägt. Sie werden von Eigentümern, ihren Familien und langfristig orientierten Managern geführt.

Die dpa verfasste einen Text, dessen Titel lautete: “Reeder für Militärmission in Straße von Hormus”. Der Textinhalt lässt diese Schlussfolgerung jedoch nicht zu, im Gegenteil. dpa zitiert den Hauptgeschäftsführer des Verbands DeutscherReeder, Ralf Nagel, der zwar sagte, dass die Überlegungen der Briten für eine Schutzmission in der Straße von Hormus “nachvollziehbar” sei. Für eine Militärmission hat Nagel sich jedoch nicht ausgesprochen.

Welchen Grund die unstimmige Mitteilung der dpa auch immer haben mag, sie heizt die kriegerische Atmosphäre auf. Die meisten Medien in Deutschland, darunter Stern, Süddeutsche Zeitung, Börse-Online, Handelsblatt, Focus und zahlreiche kleinere Zeitungen, haben die Meldung der dpa unkontrolliert übernommen und somit Kriegstreibern nolens volens einen Dienst erwiesen.

Wir haben Correctiv heute, 8:36 Uhr, gebeten zu überprüfen, ob es sich bei der dpa-Nachricht um eine Falschmeldung handeln könnte.

Handel und Politik “mit imperialem Zungenschlag”

Am Rand seines Truppenbesuchs in Afghanistan gab der damalige Bundespräsident Horst Köhler ein Interview, das vorwegnahm, was Norbert Röttgen jetzt fordert: Eine Beteiligung an einer Militärmission zur Sicherung des “freien Handels, des Exports und damit unseres Wohlstands”. Wenige Tage nach dem Interview trat der Bundespräsident zurück. Wegen dieser Äußerung war Köhler in die Kritik geraten:

“Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.”

Der Verfassungsrechtler Ulrich Preuß wies dieses Ansinnen zurück. “Das ist eine durch das Grundgesetz schwerlich gedeckte Erweiterung der zulässigen Gründe für einen Bundeswehreinsatz um wirtschaftliche Interessen”, sagte er SPIEGEL ONLINE. Ganz abgesehen von der juristischen Fragwürdigkeit hält er Köhlers Einlassungen politisch für “höchst irritierend”. “Da ist ein imperialer Zungenschlag erkennbar”, meint der Jurist. “Mich erinnert das an die englischen Imperialisten des 19. Jahrhundert, die mit ähnlichen Argumenten ihre Seeherrschaft verteidigten.”

Ruprecht Polenz (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, gesteht 2010 zu, dass sich Köhler “etwas missverständlich ausgedrückt” habe. Der Bundespräsident habe aber “keine neue Militärdoktrin für Deutschland verkünden”, sondern nur deutlich machen wollen, dass Deutschland seinen Beitrag zu internationaler Sicherheit und Stabilität leiste, sagt Polenz im Deutschlandfunk. Und dabei habe Deutschland natürlich ein Interesse an freien Handelswegen: “Sie sehen das ja beispielsweise am internationalen Einsatz gegen Piraterie am Horn von Afrika.” Voraussetzung sei selbstverständlich immer ein “klares völkerrechtliches Mandat”.

Einen Vergleich mit der Piraterie am Horn von Afrika hat der Verband der Reeder 2019 im Interview mit dem NDR immer noch entschieden zurückgewiesen. Marc Hoffmann, Autor der Sendung: “Bei den deutschen Reedereien hofft man auf die politische Vernunft.”

Franz Aarhus

Quellen/Medien:

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-in-afghanistan-koehler-entfacht-neue-kriegsdebatte-a-696982.html

https://www.ndr.de/info/Tanker-Krise-Reeder-setzen-auf-Diplomatie,audio539178.html

https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/militaer-verteidigung/id_86170548/krise-am-golf-roettgen-will-deutsches-militaer-vor-iran-schicken.html

https://www.spiegel.de/politik/ausland/suedkorea-schliesst-sich-us-militaereinsatz-in-strasse-von-hormus-an-a-1279422.html

https://www.tagesschau.de/ausland/iran-grossbritannien-tanker-103.html

https://www.deutschlandfunkkultur.de/koehler-mehr-respekt-fuer-deutsche-soldaten-in-afghanistan.1008.de.html?dram:article_id=163260

https://www.welt.de/newsticker/news1/article197580221/Schifffahrt-Iran-Europaeische-Marinemission-im-Persischen-Golf-waere-provokativ.html

Foto: Free-Photos, pixabay


Nachträge

30.07.2019 – 16:24 Uhr, Handelsblatt: “Bundesregierung lehnt US-Militärmission ab – „vertreten grundlegend andere Iran-Politik“

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