Hans-Werner Sinn fordert eine ernsthafte, tabufreie Klimapolitik. Die Zeit der “sinnlosen Spielereien” müsse ein Ende haben. Deutschlands Wirtschaft könnte ein Auslaufmodell sein, warnt der ehemalige Vorsitzende des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler (IIPF) in einem Gastkommentar beim Handelsblatt. “Während Frankreich siebzig Prozent seines Stroms aus Kernenergie herstellt, will Deutschland den Doppelausstieg aus Atomkraft und Kohle.”
Technisch gibt es aus der Sicht Hans-Werner Sinns nur zwei Auswege aus der Zwickmühle: “Der erste besteht darin, die Kohlekraftwerke auf Gas umzustellen, denn bei der Gasverbrennung entsteht nur etwa halb so viel CO2 wie bei der Kohleverbrennung. Deutschland kann damit immerhin 130 Millionen von insgesamt 900 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Dafür braucht es neue Gaspipelines wie zum Beispiel die Nord-Stream-2-Pipeline. Gerade diese Pipeline wird jedoch von der EU-Kommission, nicht zuletzt auch von Frankreich massiv behindert. Der zweite liegt in der Kernkraft.”
Die besten Wege zur CO2-Reduktion durch Technologiewandel und Nachfrageeinschränkung solle man ergebnisoffen vom Markt suchen lassen, sagt Sinn. Dazu solle man den CO2-Ausstoß flächendeckend und europaweit mit einem einheitlichen Preis versehen.Sinn nennt die Vorteile: “Dann braucht man keine DIN-Verordnungen für die Isolierung von Häusern mehr und auch keine EU-Vorschriften zur Begrenzung der Kraft von Staubsaugern oder zum Verbot bestimmter Leuchtmittel. Das teure und wegen des Emissionshandels ohnehin unwirksame EEG kann genauso entfallen wie die Flottenverbrauchsregulierung bei den Autos, mit der die EU so viel Schindluder betreibt.”
Sinn fordert eine ernsthafte, tabufreie Klimapolitik. Die Zeit der “sinnlosen Spielereien” müsse ein Ende haben, denn, so sagt Hans-Werner Sinn, die Welt werde tatsächlich wärmer.
Diese Annahme Sinns deckt sich mit der Meinung der Politik. Insofern sollte es den Politikern nicht schwer fallen, diesen “Rettungsanker” zu ergreifen, um den Kurs der Energiewende zu korrigieren.
Hans-Werner Sinn berücksichtigt allerdings nicht, dass die Temperaturen trotz weltweit zunehmender CO2-Emissionen rund 18 Jahre nicht gestiegen sind, wodurch Wissenschaftler, die die Auffassung vertreten, die Erde erwärme sich durch den Anstieg der CO2-Emissionen, ihr Argument verloren haben, auf den CO2-Haushalt mit allen Mitteln Einfluss nehmen zu müssen.
Hans-Werner Sinn ist emeritierter Präsident am ifo Institut und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er gründete und leitete das internationale CESifo-Forschernetzwerk und das Forschungsinstitut CES. Er war Vorsitzender des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler (IIPF) und Vorsitzender des Vereins der deutschsprachigen Ökonomen (VfS). Er erhielt vier Ehrendoktorwürden. In den letzten Jahren beschäftigte sich Hans-Werner Sinn vor allem mit der Eurokrise, der Europäischen Zentralbank, dem Brexit, mit Demographie und Migration, sowie mit grüner Energie.
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