Medienberichte über den tödlichen Unfall mit dem “selbstfahrenden” Uber-Auto sind ein Musterbeispiel für Vertuschung. Der Wissenschaftsjournalist Fred F. Mueller durchleuchtet die Manipulation. Das Titelfoto ist ein Screenshot der Bordkamera des Uber-Autos kurz vor dem Aufprall. Das Video wurde allem Anschein nach manipuliert [VERGL].
Fred F. Mueller
Musterbeispiel für Vertuschung
Am 20.3.18 gingen die ersten Berichte über den tödlichen Zusammenprall eines selbstfahrenden Uber-Fahrzeugs mit einer Fußgängerin durch die Presse. Sofort wurde der Eindruck erweckt, dass es sich um eine verhängnisvolle Kombination unglücklicher Umstände gehandelt habe und der Unfall wegen des Fehlverhaltens der Fußgängerin unvermeidbar gewesen sei. Die Frau sei „plötzlich aus dem Dunkeln gekommen“, es habe keine Chance gegeben, die Kollision zu vermeiden. Diese Aussagen hätten bei Journalisten sofort Misstrauen erwecken müssen.
Erst zwei Tage später wurde dann in Deutschland eine Videoaufzeichnung des Unfallhergangs öffentlich zugänglich gemacht [SPIE]. Im Zusammenhang mit dem kommentierenden Text ist diese hochinteressante Kreation der Deutschen Presseagentur (dpa) ein Lehrstück dafür, wie man seitens der Behörden und in den Medien „Tatsachen“ in manipulativer Absicht so darstellen kann, dass der gewünschte Eindruck – in diesem Fall im Sinne von Uber und den ganzen Vertretern des Hypes vom „selbstfahrenden Auto“ – entsteht. Schaut man nämlich genau hin, so geht selbst aus den kurzen verfügbaren Abschnitten des Videos eindeutig hervor, dass das „selbstfahrende“ Auto an diesem Unfall in erheblichem Umfang Schuld trug. Von „investigativen Journalisten“ hätte man eigentlich entsprechende Hinweise erwarten dürfen. Doch weit gefehlt: Es gab wieder einen hochpeinlichen Beweis dafür, wie sich sogenannte Spitzenmedien als willige Handlanger behördlich verbreiteter Tatsachenverfälschungen zugunsten dubioser Geschäftemacher hergeben, sofern diese nur der „richtigen“ Ideologie zuzuordnen sind.
Die Polizei veröffentlichte dieses Dash-Cam-Video, das den unmittelbaren Moment vor dem Unfall des selbstfahrenden Uber-Fahrzeugs zeigt, durch den eine Frau in Tempe, Arizona, getötet wurde.
Medien und Behörden: Verharmlosung im Schulterschluss
Schon beim ersten Bericht über den Vorfall hatte der Spiegel-Redakteur Michael Kröger getitelt: „Unfall mit Uber-Roboterauto. Der Computer ist trotzdem der bessere Fahrer“ [KROE]. Dieses Vorurteil zog sich als roter Faden durch seinen Beitrag.
- „der Fall ist kein Beleg dafür, dass die Technologie ihre Versprechungen nicht erfüllen kann“
- „Denn in diesem Punkt sind sich Ingenieure, Unfallforscher und Versicherungsmathematiker einig: Sensoren oder Software eines Roboterautos mögen bisweilen versagen, doch die Zahl der Fälle, in denen ein menschlicher Fahrer für einen Unfall verantwortlich ist, liegt dramatisch höher“
- „Die Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der Unfälle um neunzig Prozent reduzieren ließe, wenn nur noch Computer die Autos steuerten“
- „Der Computer-Pilot ist einem menschlichen Counterpart dermaßen überlegen, dass man eigentlich nicht fragen sollte, ob Computer Autos steuern sollten, sondern warum sie es immer noch nicht tun“, (Bild 3)
- „Auf dem Überwachungsvideo des Uber-Wagens ist die Frau offenbar erst in allerletzter Sekunde zu erkennen. Polizeichefin Sylvia Moir sagte dem “San Francisco Chronicle”, das Video zeige, dass die Frau “direkt aus dem Schatten auf die Fahrbahn getreten” sei. “Es ist klar, dass dieser Zusammenstoß in jedem Modus, ob autonom oder manuell, schwer zu verhindern gewesen wäre”“
Das „Beweis“-Video
Auf dem zwei Tage später bei „Spiegelonline“ [SPIE] veröffentlichten Video von der Bordkamera sieht man eine extrem dunkle Straße mit breiten Fahrspuren, einem ziemlich breiten Bürgersteig und einem ebenfalls sehr breiten Radweg. Lichter im Hintergrund lassen Gebäude und eine Kreuzung erahnen. Die Straße ist durch beidseits aufgestellte Laternen gut ausgeleuchtet. Die Kamera scheint jedoch so lichtschwach zu sein, dass nur die jeweils zwei oder drei nächstgelegenen Teilstreifen der unterbrochenen Mittellinie zu erkennen sind. Alles, was weiter hinten gelegen ist, wird von Schwärze verschluckt. Erst etwa anderthalb Sekunden vor dem Zusammenprall taucht „urplötzlich“ eine Gestalt auf, die von der anderen Straßenseite kommend mit ihrem unbeleuchteten Fahrrad die Straße überquert, Bild 4, Bild 5, Bild 6 und Bild 7.
Den eigentlichen Zusammenprall zeigt das Video im Spiegel [SPIE] nicht, stattdessen wird die Szene davor nochmals wiederholt, wohl auch um den Eindruck der Plötzlichkeit zu unterstreichen. Dazu kommen folgende erklärende Texte im Video selbst:
- „Laut Polizei hätte die Fahrerin das Unglück wohl nicht verhindern können“
- „Die Frau taucht sehr spät im Lichtkegel des Fahrzeugs auf“
- „Dennoch: Das Sensorsystem des Autos soll eigentlich weit entfernte Objekte erkennen können“
- „Derzeit hat das Lidarsystem allerdings noch Probleme bei Dunkelheit“
Aus dem Abstand der Zeitmarken im Video und der bekannten Geschwindigkeit des Fahrzeugs von ca. 17,8 m/s lässt sich berechnen, dass die Fußgängerin auf dem Video erst in einer Entfernung von rund 25 m vor dem Auto sichtbar wird. Dies ist angesichts der Mindest-Leuchtweite der Fahrzeugscheinwerfer von 90 m ein klarer Hinweis auf massive Manipulationen am Video.
Im Text des zum Film gehörenden Spiegel-Artikels finden sich ergänzend noch folgende Kommentare:
- „Die Außenaufnahmen der Kamera auf dem Armaturenbrett zeigen, wie das Auto eine schlecht ausgeleuchtete Straße entlangfährt. Im Scheinwerferlicht des Fahrzeugs taucht unvermittelt von links eine Fußgängerin auf, die ihr Fahrrad über die Straße schiebt. Die 49-jährige war aus einem unbeleuchteten Bereich auf die Fahrbahn getreten. Zuerst sind nur die Füße der Passantin zu sehen, die Sekunden später vom Fahrzeug erfasst wird“.
- Ebenfalls findet sich dort folgendes Zitat der Polizeichefin Sylvia Moir: „Es ist klar, dass dieser Zusammenstoß in jedem Modus, ob autonom oder manuell, schwer zu verhindern gewesen wäre”.
Eine plumpe Vertuschung…
Diese Kommentierung ist so naiv, dass man sich wirklich fragen muss, wie man als Journalist ein solch offensichtlich getürktes Video so kritiklos durchgehen lassen kann. Jedem, der schon einmal nachts auf innerstädtischen Straßen unterwegs war, muss doch sofort auffallen, dass diese vorgeblich „miserablen Sichtverhältnisse“ nie und nimmer der Realität entsprechen können. Auf einer solchen beleuchteten innerstädtischen Straße liegt die Sichtweite bei Nacht und ohne Regen oder Nebel bei mehreren 100 Metern. Das wissen sogar Fußgänger oder Radfahrer, warum fällt Journalisten das nicht auf?
Zunächst hätte man sich die Frage stellen müssen, wieso der Lichtkegel der Scheinwerfer auf einer Stadtstraße mit vorhandener Straßenbeleuchtung anscheinend lediglich eine Strecke von vielleicht 20-25 m ausleuchten konnte. Diese Entfernung lässt sich leicht abschätzen, weil auf dem Film in der Regel nur zwei, selten drei Striche der unterbrochenen Mittellinie zu sehen sind. In Deutschland ist deren Abstand innerorts 9 m, bei 2,5 Strichen also 23 m [MARK]. Auch in den USA dürften diese Maße nicht um ganze Größenordnungen unterschiedlich ausfallen.
Zweifel an der Leuchtkraft der Scheinwerfer des Volvo XC 90 sind nicht angebracht. In Schweden gehören nächtliche Elchunfälle zum Alptraum jedes Autofahrers. Volvo legt seine Fahrzeuge deshalb so aus, dass man einen dunklen Elch in einer dunklen Landschaft auch im besonders dunklen arktischen Winter noch rechtzeitig genug erkennen kann, um einen Crash zu vermeiden. Der Blick in das Datenblatt des Fahrzeugs bestätigt dies. Die superhellen LED-Scheinwerfer heißen sicherlich nicht ohne Grund „Thors Hammer“. Selbst ihr Abblendlicht reicht rund 90 m weit, außerdem kann man das Fernlicht die ganze Zeit anlassen, da der Wagen die Leuchtweite bei Gegenverkehr automatisch anpasst, um Blendungen zu vermeiden [VOLVO]. Da auf dem Film keinerlei Gegenverkehr zu sehen ist, hätte die effektive Leuchtweite also mindestens 120 m statt der mickrigen 25 m auf dem Video betragen müssen.
Dies lässt den Schluss zu, dass hier an einem primären Beweismittel für ein Verfahren wegen eines tödlichen Unfalls in erheblichem Umfang manipuliert worden ist. In den USA, wo man dem Vernehmen nach als Autofahrer bei Unfällen mit Todesopfern von Glück sagen kann, wenn man nicht im Knast landet, ist das ein sehr schwerwiegendes Vergehen.
Die Aussage der Polizeichefin Sylvia Moir: „Es ist klar, dass dieser Zusammenstoß in jedem Modus, ob autonom oder manuell, schwer zu verhindern gewesen wäre“, kann man demnach als Indiz für ihre Komplizenschaft bei der Manipulation zur Vertuschung der Angelegenheit auffassen. Dies zeigt, mit welcher Konsequenz die Behörden in den USA die Interessen ihrer eigenen Industrien schützen.
…und die Realität
Dieses seltsame Video ist natürlich verschiedensten Leuten auch vor Ort aufgefallen. Im Internet sind inzwischen Bilder von Dashcam-Videos zu sehen, die am gleichen Ort und zu vergleichbaren Zeiten aufgenommen wurden, und dem „Beweisvideo“ gegenübergestellt worden, Bild 9.
Die im unteren Teilbild gezeigten Sichtverhältnisse können als realistisch gewertet werden und lassen erkennen, wie stark die „offizielle“ Aufnahme offensichtlich manipuliert wurde.
Es ist kaum vorstellbar, dass bei einem derartigen Milliardenprojekt – allein der in Stückzahlen von mehr als 10.000 vorgesehene Volvo XC90 hat einen Basispreis von knapp 60.000,- € – derartig miserable Dashcams zum Einsatz gekommen sein sollten. Die unglaublich schlechten Lichtverhältnisse kann man fast nur so interpretieren, dass der Film mit geeigneter Software sehr kräftig nachbearbeitet wurde, um die von der Polizei verbreitete Version zu stützen. Ob dies von Uber selbst vorgenommen wurde oder ob die Polizei mitgetrickst hat, sei hier dahingestellt. Glaubhaft ist das Ergebnis jedenfalls in keinster Weise.
Eine klare Antwort sollte in jedem Fall auf die Frage gefordert werden, wo denn die sonstigen vom Uber-System aufgezeichneten Daten abgeblieben sind, wozu neben den Lidar- auch Videodaten gehören dürften, und zwar solche von höchster Qualität. Warum werden diese Daten und die entsprechenden Systeme nicht erwähnt, und warum hat anscheinend kein Journalist danach gefragt, ob darin nicht eventuell Antworten auf die drängenden Fragen zu finden sein könnten, die sich nach Vorlage dieses dubiosen Dashcam-Videos geradezu aufdrängen. Eigentlich hätte die Polizei den Wagen beschlagnahmen und sicherstellen müssen. Wenn Uber nicht zu verbergen hat und, wie behauptet, mit den Behörden kooperiert, dann hätte man der Polizei unverzüglich unverfälschte Originaldaten zur Verfügung stellen müssen. Wo sind diese, und was lässt sich darauf erkennen?
Für die Redaktion von SpiegelOnline, die sich bei der Hetzjagd auf deutsche Autohersteller in enger Zusammenarbeit mit der US-gesponsorten Deutschen Umwelthilfe DUH mehrfach durch außergewöhnlichen „investigativen Eifer“ hervorgetan hat, ist das hier dokumentierte unkritische Nachplappern plumper Lügen und Vertuschungsversuche in jedem Fall ein ganz besonderes Armutszeugnis.
Ein Fall für den Staatsanwalt
Rund um den Fall ergeben sich jedenfalls etliche drängende Fragen, was die Sicherheit der getesteten Technologie und die offenkundig systematischen Gesetzesverstöße im vorliegenden Fall angeht. Dazu gehören neben den Fragen, welche die Manipulation des Films aufwirft, vor allem folgende Punkte:
- Wer trägt die Verantwortung für die überhöhte Geschwindigkeit? Zum Zeitpunkt des Unfalls war das Fahrzeug nach Angaben der Polizei mit einer Geschwindigkeit von 64 Kilometern pro Stunde unterwegs (erlaubt waren 56 km/h (35 Mph), real 64,4 (40 Mph). Diese Überschreitung muss programmiert worden sein. Es ist davon auszugehen, dass dies nicht von einem subalternen Programmierer auf eigene Kappe gemacht wurde, sondern auf Anordnung des Managements erfolgte.
- Warum gab es keine Warnung aufgrund des offensichtlichen Ausfalls der Kollisionswarnsysteme? Bei einem solchen Fahrzeug sollten mindestens zwei, besser drei derartiger Systeme parallel in Betrieb sein, da immer mit einem Ausfall zu rechnen ist. Sobald eines davon ausfällt, muss das Fahrzeug sofort und automatisch zu einem sicheren Stillstand gebracht werden. Dazu gehören z.B. Anhalten am Straßenrand, Warnblinkanlage, automatischer Notruf an die Firmenzentrale und ggf. an die Polizei.
- Wer hat veranlasst, dass der Volvo-eigene Notbremsassistent ausgeschaltet wurde? Dieser bremst bei erkannten Hindernissen selbstständig ab [VOSI] und hätte dazu beitragen können, den Unfall zu vermeiden oder zumindest seine Folgen zu mindern.
- Wieso durften Uber-Fahrzeuge überhaupt bei Nacht verkehren, wenn laut dem SpiegelOnline-Artikel das Lidarsystem bereits früher Probleme bei Dunkelheit hatte? Wer trägt die Verantwortung dafür, dass ein offensichtlich bereits früher als fehleranfällig aufgefallenes System nicht sofort und dauerhaft von der Straße genommen wurde, bis es mit dem erforderlichen Mindestmaß an Zuverlässigkeit funktioniert? Menschen dürfen nicht als Versuchskarnickel für unsichere Technologie missbraucht werden. Kein Pharmakonzern darf ein Medikament verkaufen, das nicht umfassende und extrem strenge Versuchsreihen erfolgreich absolviert hat. Die gleichen Maßstäbe sollten auch für Google und Uber gelten.
Angesichts dieser Gesamtumstände kann man die sonstigen Ablenkungsmanöver der Polizei, die das Opfer als „vermutlich obdachlos“ bezeichnete und sich zu der Behauptung verstieg, dass weniger passieren würde, wenn man die Zebrastreifen benutzen würde, nur als zynisch bezeichnen.
Die Gier nach dem ganz großen Profit…
Um die Hintergründe des Vorfalls zu verstehen, muss man wissen, dass sich große IT-Konzerne – wie Alphabet/Google mit Uber und Waymo, NVidia oder Qualcomm – sowie diverse Autohersteller derzeit ein wildes Match um den erhofften künftigen Markt der selbstfahrenden Autos liefern. Sie haben gesehen, wie mit der Idee der „Klimarettung“ gigantische Summen – die Billionengrenze ist inzwischen weit überschritten – in bestimmte Märkte gelenkt werden können. Ähnliches erhofft man sich von den sogenannten „selbstfahrenden“ Autos. Die Politik ermuntert dies nach Kräften, wie das Beispiel Deutschlands beweist. Schließlich ist dessen politische Führung bereit, sogar die eigene Autoindustrie zu zerstören, siehe die aktuelle Anti-Diesel-Kampagne. Ziel ist es, die Hersteller vom Verbrenner abzubringen und zur bedingungslosen Unterwerfung unter die Kanzlerinnenvision vom selbstfahrenden Auto zu „motivieren“, Bild 10.
Nachrichtenfetzen in zahlreichen Börsenzeitschriften und Blogs lassen erkennen, was sich im Markt der künftigen „selbstfahrenden“ Autos derzeit abspielt. Beflügelt von den aktuellen politischen Signalen liefern sich insgesamt rund 20 „Elefanten“ ein erbittertes Wettrennen um die Führungsposition. Software- und Chiphersteller wetteifern mit allen Mitteln darum, wer sich als Technologieführer durchsetzen kann. Wer vorne liegt, kann mit sagenhaften Gewinnen rechnen, den Verlierern droht der Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Die Nase vorn hat derjenige, der am schnellsten den Markt mit seinen Ergebnissen überzeugen kann. Wichtig sind Kennziffern wie die Zahl der fahrerlos zurückgelegten Kilometer, (geringe) Anzahl der Unfälle und niedrige Quote der Zahl der erforderlichen Eingriffe durch Sicherheitsfahrer. Der Mitteleinsatz ist enorm: Firmen wie Uber oder Waymo kaufen teure Limousinen von z.B. Volvo oder Jaguar in Paketen a 10.000 oder 20.000. Mit hohen Summen für Niederlassungen und Errichtung von Fabriken lockt man auch jene US-Bundesstaaten, die bei der Zulassung solcher Fahrzeuge Sicherheitsbedenken „ein wenig“ weiter zurückstellen als andere. Dies bildet auch den Hintergrund für den Vorfall in Arizona.
Man hat bei Uber vermutlich versucht, schnellstmöglich möglichst viele „ereignisfreie“ Kilometer abzuspulen. Als geeignet erschienen Nachtfahrten mit überhöhter Geschwindigkeit auf leeren Straßen, auf denen kein anderer Verkehr stört. Auf den Biorhythmus der Fahrer, die um halb vier Uhr morgens am Tiefpunkt ihrer Fähigkeiten angekommen sind, wurde dabei keine Rücksicht genommen. Ebensowenig auch auf Fußgänger wie die Ehefrau und Mutter einer Tochter Elaine Herzberg. Übermüdete Menschen verhalten sich um derartige Uhrzeiten manchmal äußerst unlogisch. Viele Sicherheitsbeauftragte in großen dreischichtig arbeitenden Industriebetrieben haben ein abendfüllendes Repertoire an Anekdoten, was zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens in ihren Unternehmen schon so alles an haarsträubenden Dingen vorgefallen ist und wie oft pures Glück Schlimmeres verhindert hat.
…dürfte noch weitere Menschenleben fordern
Eine lesenswerte Analyse der Situation hat Raul Rojas, Informatikprofessor an der FU Berlin, in einem Interview mit SpiegelOnline am 23.03.2018 geliefert [ROJA]. Er zieht aus dem Vorfall unter anderem folgende Schlüsse:
- „Aus dem Video, das die Polizei von Tempe veröffentlicht hat, wird klar, dass das Auto die Fußgängerin gar nicht erkannt hat. Der Wagen fährt ungebremst weiter, auch als die Frau im Bild erscheint“
- „Selbst wenn das Lidar ausgefallen war, hätte der Computer allein aufgrund der Daten aus dem Videosystem bremsen müssen, und das ist nicht passiert. Ich gehe davon aus, dass das System zusammengebrochen war. Die Eingangsdaten waren zwar vorhanden, wurden aber vom Computer nicht ausgewertet“
- „Die Programmierung hat versagt. Ich nehme an, dass die Sensoren alle aktiv waren, aber die Software die Daten nicht verarbeitet hat und das Auto deshalb nicht einmal versucht, abzubremsen“
- „Es müssen Redundanzketten wie in der Luftfahrt eingebaut werden, das heißt, es muss immer ein System geben, das im Notfall übernehmen kann. In der Luftfahrt ist das Standard, bei autonomen Autos ist das entscheidend, um die Sicherheit zu garantieren, die Leute sind ja irgendwann nur noch Passagiere“
Prof. Rojas sieht die Verantwortung eindeutig bei Uber, die er als „Disruptionsfirma“ charakterisiert, Bild 11.
Allerdings wären zusätzlich noch drei weitere Tatbeteiligte zu nennen. Das sind zum einen die Regierungen von US-Bundesstaaten wie Arizona, die bereit sind, ihre Bürger als Versuchskaninchen für derartige Windhunde zur Verfügung zu stellen. Dann die mit ihnen offenkundig kooperierenden Polizeibehörden. Jeder US-Sheriff hat heute standardmäßig mit Dashcams und ihren Bildern zu tun und ist mit ihren Möglichkeiten vertraut. Somit hätte den Beamten die unterirdische Qualität des Uber-Materials sofort ins Auge springen müssen. Die Polizeichefin gehörte von Rechts wegen eigentlich vor einen Untersuchungsausschuss. Allerdings ist man in solchen Dingen von US-Polizeibehörden ja schon einiges gewohnt. Und last but not least tragen die Verantwortung auch gewisse Politiker, die durch ihre realitätsfernen Visionen überhaupt erst das Goldfieber hervorgerufen haben, das Geschäftemacher wie Uber in dieses „Business“ gelockt hat.
Ausblick
Die Visionen vom emissionsfreien (batterieelektrischen) Verkehr und die vom autonomen Fahren stammen aus dem gleichen politischen Umfeld wie die Klimahysterie und die „Dekarbonisierung der Volkswirtschaft“ nebst der Vorstellung, moderne Industrienationen mit Sonne und Windenergie betreiben zu können. Die Verantwortlichen haben es geschafft, in ungeheurem Umfang Ressourcen für ihre Vorstellungen zu mobilisieren. Das hat entsprechende Goldgräber angelockt. Manche Firmen versprechen den Einstieg ins autonome Fahren bereits im laufenden Jahr, andere erwarten dies erst in den 2030er Jahren.
Das, was bisher gezeigt wurde, entspricht zumeist Wunschdenken, und es wird vermutlich noch etliche weitere Tote geben, wenn diese unausgereiften Systeme auf die Straßen losgelassen werden. Wann soll ein solches System beispielsweise imstande sein, Haltsignale eines nicht uniformierten Passanten richtig zu interpretieren, der vor einer abgerutschten Böschung hinter einer Biegung warnen will? Dass diese unausgereiften Systeme imstande sein sollten, die zureichende Bewältigung der Mobilitätsanforderungen einer modernen Gesellschaft oder gar unseres Warenwirtschaftsverkehrs in nennenswertem Umfang zu bewältigen, scheint im Moment – falls überhaupt realisierbar – zumindest noch in weiter Ferne zu liegen.
Vordringlich sollte man darauf dringen, jeglichen weiteren Missbrauch der Bevölkerung als Versuchskaninchen für derart unsichere Konzepte zu verhindern. Einige der Beteiligten gehören sicherlich vor den Kadi, und die Strafen sollten sich vom Mindestmaß her an dem orientieren, was man dort für den „kleinen Fisch“ der VW-Affäre, den deutschen VW-Mitarbeiter Oliver Schmidt, für angemessen hielt.
Fred F. Mueller
Quellen
[KROE] http://www.spiegel.de/auto/aktuell/uber-unfall-mit-roboterauto-computer-sind-trotzdem-die-besseren-fahrer-a-1199025.html
[MARK] https://www.dvr.de/publikationen/schriftenreihe/17-leitfaden-fahrbahnmarkierung/
[ROJA] http://www.spiegel.de/auto/aktuell/uber-unfall-die-software-war-laut-fu-berlin-professor-schuld-a-1199607.html
[SPIE] http://www.spiegel.de/auto/aktuell/toedlicher-uber-unfall-polizei-veroeffentlicht-unfallvideo-a-1199373.html
[VERGL] https://img1.picload.org/image/dacpdoll/screenshot386.png
[VOLVO] http://ipaper.ipapercms.dk/Volvocars/CH/XC90CHde/?page=22
[VOSI] http://www.spiegel.de/auto/aktuell/uber-standardsoftware-des-volvo-haette-fussgaengerin-entdeckt-a-1200349.html
[WEME] https://www.welt.de/politik/deutschland/article165359594/Als-Merkel-in-die-Zukunft-blicken-soll-lacht-das-Auditorium.html
Ein Gedanke zu “„Selbstfahrendes“ Uber-Auto: Tod durch Geldgier”
Zusatzbemerkung:
Inzwischen haben sich Profis mit mehr Zeit, als ich sie habe, noch wesentlich intensiver mit den gefälschten Aufnahmen befasst und wirklich Erstaunliches zutage gefördert. Ich empfehle jedem, der sich dafür interessiert, folgendem Link zu folgen:
http://www.science-skeptical.de/politik/selbstfahrendes-uber-auto-tod-durch-geldgier/0016538/#comments