Paul A. Samuelson, bekannter US-Ökonom, hielt in seinem Arbeitszimmer einen Papagei. Immer dann, wenn er an ökono-mischen Problemen arbeitete, soll der die Worte „Supply“ und „Demand“ in den Raum gekrächzt haben.
„Angst“ ist ein Phänomen, das den Menschen begleitet. Gegen die finanziellen Folgen von Schadensrisiken (Krankheit, Unfall, Brand, Diebstahl etc.) sichert man sich zweckmäßigerweise durch den Abschluss von Versicherungsverträgen ab [1]. Leichtsinnige Zeitgenossen verzichten jedoch oft auf solche Absicherung und können damit große Schäden bei anderen auslösen. Da machen staatliche Vorgaben Sinn, die den Abschluss von Versicherungsverträgen zur Pflicht machen und deren Befolgung auch kontrollieren.
Es gibt seit kurzer Zeit aber eine neue Art von Angst – nämlich die vor den Folgen von „Klimawandel“ und „Pandemie“[2]. Gegen die Klimawandelrisiken wird eine umfassende Veränderung des Energieverhaltens angeordnet und durchgesetzt. Und gegen die Corona-Problematik werden Lockdowns verfügt, Geschäfte geschlossen, das Tragen von Masken zur Pflicht gemacht, Versammlungen verboten und viele andere Maßnahmen mit polizeilichen Mitteln durchgesetzt.
Die gegenwärtige Corona- und die Klimawandel-Problematik zeigen auf bemerkenswerte Weise, wie unser politbürokratisches System auf „Angst“ reagiert.
Als Ausgangspunkt empfiehlt sich Matt Ridley mit seinem Buch “Evolution of Everything” [3]. Darin analysiert er die Entstehung von Regierungssystemen und macht das Typische der ökonomischen Wachstumsprozesse an vielen historischen Beispielen deutlich. Sehr zu empfehlen sind auch die Arbeiten von Michael Mann [4] über die Geschichte der Macht, sowie die grundlegenden Darstellungen der Public Choice-Economics bei Gordon Tullock [5].
Es ergibt sich folgende Problemskizze: „Rent seekers“ – also Sucher nach „Rentengold“ steigen sehr früh in politische Parteien ein, orientieren ihre Ausbildung auf späteren, ertragreichen Aufstieg, wählen dazu bevorzugt Jura (z.B.: Pofalla et. al.), Sozial- und Politikwissenschaften oder andere leichte Fächer (z.B.: Hendricks u.a.) mit guten Chancen für ertragreiche Nebentätigkeiten. Diese „Akteure“ engagieren sich folgerichtig in Netzwerken, die Aufstiegsmöglichkeiten in Parteien, parteinahen Organisationen und vor allem in der öffentlichen Verwaltung bieten.
Idealer Humusboden findet sich auch in vielfältigen politischen Aufsichtsgremien (Stadtwerken, Energieunternehmen etc.). Besonders gute Bedingungen bietet der bundesdeutsche Föderalismus (z.B. Bund-Länder-Kooperationsausschüsse). Im Jahre 1976 zählte man 1000 solcher Gremien, seit der deutschen Wiedervereinigung und im Laufe der Corona- und Klimadebatte hat sich die Anzahl dieser Gremien beträchtlich erhöht.
Die bundesdeutsche Verfassung garantiert nun 16 – statt vorher 10 – Vetoplayern hervorragende Aktionsspielräume. Die 48-monatige Legislaturperiode des Bundes dividiert durch 16 Bundesländer ergibt einen durchschnittlichen Abstand von 3 Monaten zwischen wichtigen Wahlen.
Klar, dass schon aus diesem Grunde Parteien Wahlverfahren präferieren, die möglichst komplikationslos zu steuern sind. Da ist das einfache Mehrheitswahlrecht nach englischem Vorbild absolut ungeeignet. Davon kann jeder Direktkandidat in einem Wahlkreis ein Lied singen. Er muss seinen potentiellen Wählern oft auch die unbequemen Beschlüsse der Listenkandidaten in den eigenen Fraktionen „verkaufen“. Der hessische Bundestagsabgeordnete Willsch beispielsweise weiß darüber bestens Bescheid.
Wenn man dann auch die Europa-Ebene betrachtet, findet man eine „Riesenspielwiese“ für eine ständig wachsende Meute von Politbürokraten. Die machen natürlich professionell und erfolgreich Marketing mit einem immer breiter werdenden Themenspektrum, das selbstverständlich aus Steuermitteln finanziert wird.
Jeder kleine Politbürokrat bekommt aus diesem System einen für den Bürger immer weniger durchschaubaren Paragraphendschungel an die Hand, der ihm Machtausübung bis hinunter zu „europaweit einheitlichen“ Standards für Duschköpfe und Gurkenkrümmungen garantiert.
Ein Blick in die Geschichte untergegangener Politik- und Regierungssysteme lohnt sich [6] .
Politbürokratisches „Angst-Management“
Hier sind zwei Politikfelder von aktueller Bedeutung: die Bewältigung von „Klimawandel“ und die Frühjahrsgrippe „Covid“.
Behandeln wir zunächst das politische Management der Angst vor dem Weltuntergang durch die von Menschen verursachten CO2-Emissionen anhand regelmäßig veröffentlichter Energy Charts des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (FSE):
In der 27. Kalenderwoche (5. Juli 2021 – 0 Uhr bis 11. Juli – 24 Uhr) wurden folgende Angebots- und Nachfragewerte dargestellt. Fazit: In dem gesamten Zeitraum von 10.080 Minuten gibt es nur 2.100 Minuten, in denen das heimische Stromangebot die Nachfrage deckt. In der übrigen Zeit reicht das Stromangebot nicht aus. Mit anderen Worten: in dieser Woche deckt das heimi-sche Angebot nur in 0,208 % der Zeit die Nachfrage. Deutschland war also fast vollständig auf Stromimporte angewiesen.
Die deutsche Energiepolitik plant mit dem Verzicht auf Kernenergie, sowie Stein- und Braunkohle weitere gravierende Änderungen auf der Angebotsseite der Energieversorgung: Generell passen die gewaltige Ausdehnung der Nachfrage nach Strom (z.B. allein für die im weiteren noch diskutierte „E-Mobilisierung“) und die angestrebte drastische Reduzierung des Stromangebots durch Verzicht auf Kohle- und Kernenergie nicht zusammen.
Besonders problematisch sind die Pläne für die „E-Mobilität“. Sie treffen die Nachfrage- und die Angebotsseite des Energiemarktes. Dazu wird auf die beiden sehr detaillierten Darstellungen des „Energieflussbild der Bundesrepublik Deutschland“ für die Jahre 1993 und 2019 [7] verwiesen.
In 1993 wurden insgesamt 7.854 Petajoule (PJ) an Energie registriert. Davon 3.918 PJ als Nutzenergie (=49,8%) und der Rest als ungenutzte Energie. In 2019 wurden insgesamt 15.731 PJ verbraucht, davon 8.973 PJ (=57%) als Nutzenergie und 7.858 PJ als ungenutzte Energie. Das Angebotsvolumen ist also in dem Zeitraum von 26 Jahren gestiegen und der Anteil der genutzten Energie ebenfalls.
Einen groben Einblick über die Umwandlungsverluste, den nicht-energetischen Verbrauch und den Verbrauch in den Energiesektoren liefert die folgende Kurzfassung des Energieflussbildes aus 2016. Und im Anschluss daran eine Darstellung des deutschen Primärenergieverbrauchs in 2017.
Interventionen auf der Angebotsseite
Doch das soll sich ändern: die deutsche Klimawandelpolitik will die CO2-Belastungen im deutschen Energiesystem über Intervention auf der Angebotsseite reduzieren. Das soll zum einen durch eine CO2-“Besteuerung“ der Nachfrage nach elektrischer Energie aus Stein- und Braunkohle und zum anderen durch Beschränkungen bei Kohle und Kernenergie erreicht werden.
Interventionen auf der Nachfrageseite
Gleichzeitig wird die Nachfrage nach E-Mobilen durch steuerliche Anreize stimuliert. Wie oben bereits gezeigt wurde1, ergeben sich sehr viele – oft über mehrere Tage andauernde – Zeiträume, in denen das Angebot die Nachfrage nicht deckt. Da sind wir dann auf Stromimporte angewiesen. Wenn die „E-Mobilisierung“ Erfolg haben sollte, führt das in dem oben dargestellten „Energychart“ zu einer dramatischen Verschiebung der Lastkurve nach oben. [9]
Zusätzlich zu steuerlichen Anreizen [10] für „Umsteiger“ auf E-Mobile gibt es noch eine massive Förderung des Ausbaus von Wind- und Solarenergie. Innerhalb von 10 Jahren stieg die Angebotska-pazität von Wind- und Solarenergie von 40 auf nahezu 120 Gigawatt, wie nachfolgende Grafik zeigt. Die Verfügbarkeit des Wind-Solar-Angebots wird mit den gezackten „blauen Spitzen“ dargestellt. Mit steigendem Angebot an alternativen Energieanlagen steigt die Leistung deutlich geringer: „die Schere öffnet sich also“.
Wenn nun noch die traditionellen Kapazitäten (Kohle und Kernenergie) reduziert werden, steigt die Wahrscheinlichkeit von „Blackouts“.
Die Bundesregierung ahnt bereits etwas von den Risiken und denkt an die Möglichkeit der „Spitzenkappung“. Dazu werden dann wohl die Anschlüsse der E-Ladesäulen zeitweise vom Netz genommen.
Umfang des „Energie-Shifts“ der deutschen Energiewende
Aus einem weiteren, sehr viel detaillierteren AGEB-Energieflussbild von 2018 erkennt man, welche Energiemengen zwischen den Energieträgern allein für den Sektor „Verkehr“ anstehen. Demnach wurden in diesem Sektor 94 Mio t Stein-kohleeinheiten (SKE) verbraucht. In Petajoule (PJ) umgerechnet sind das 2.755 PJ. Davon werden 2.592 PJ an Mineralöl verbraucht und Gas, Strom und erneuerbare Energie liefern nur einen Beitrag von 163 PJ. Es steht uns also eine gigan-tische Substitution bevor, die in ihrem wahren Ausmaß nur geahnt werden kann: die Input-Lieferantenstruktur des herkömmlichen Automobilsektors wird sich grundlegend verändern. Wie sich die dramatische Umstrukturierungen auf die Vorlieferanten und die regionalen Arbeitsmärkte auswirken wird, kann nur schwer abgeschätzt werden.
Wirkung der E-Mobilität auf die übrige Wirtschaft
Dazu hilft ein Blick zurück in die Automobilgeschichte: die ersten fahrtüchtigen Benzinmotorwagen (Benz und Daimler) wurden im Jahre 1886 vorgeführt. Den für die „Ausfahrten“ benötigten Treibstoff erwarb man anfangs noch in Apotheken. Tankstellen mit großen Treibstofftanks gab es erst später.
In Zwickau, das anfangs Bedeutung in der Automobilgeschichte hatte (Stichworte: Horch und Audi), gibt es heute eine hochmoderne Tankanlage in einem Einkaufszentrum am östlichen Stadtrand. Mehrere Tanksäulen, kombiniert mit Bankautomaten, ermöglichen das Betanken von PKW in wenigen Minuten. Für die Betreiber des Einkaufszentrums lohnt es sich also, die Flächen für die Tankanlage zu erwerben. Die Einkaufvorgänge der Marktkunden verlängern sich nur unwesentlich.
Auf einem IKEA-Markt wird man eine vergleichbare „konventionelle“ Anlage wohl nicht finden, weil der „Kundendurchsatz“ dort niedriger ist. Hier parken die Kunden wesentlich länger als z. B. im o. a. Zwickauer Einkaufszentrum . IKEA-Kunden halten sich also längere Zeit dort auf, generieren dabei höhere Umsätze und nutzen gerne das „Kindergartenähnliche Angebot“. IKEA-Einkäufe werden zu einem gelegentlichen „Familienausflug“.
Andere stärker frequentierte Großmärkte (Aldi, Rewe etc.) in Städten werden sich wie der Anbieter in Zwickau verhalten: hier generieren die Kunden – im Vergleich zu IKEA – deutlich geringere Umsätze in kürzerer Zeit. Parkfläche ist also für die Unternehmen besonders „teuer“. Sie werden daher keine E-Ladekapazität zu normalen Geschäftszeiten anbieten.
Derzeit beobachtet man ein Tankstellen-Sterben in Städten. Kleine Tankstellen haben Probleme mit hohen Grundstückspreisen. Zwar bieten sie bestimmte Einzelhandelswaren und kleinere Reparatur- und Wartungsarbeiten an, um ihre Kosten zu decken, aber die „neuen“ Tankstellen suchen Standorte in verkehrsgünstigen Lagen am Rande der Städte – wie das Beispiel Zwickau zeigt [11].
Wird also die „Energiewende“ nach den derzeitigen Plänen betrieben, muss in Nachtzeiten Strom zum Aufladen der Kfz-Batterien verfügbar sein. Gerade zu dieser Tageszeit steht aber deutlich weniger Stromenergie zur Verfügung, da die Sonne zu dieser Zeit nicht scheint. Und im Winter liefert sie bekanntlich weniger Energie als im Sommer.
Sollte die deutsche Energiepolitik („Weg von Kohle und Kernenergie“) Realität werden, werden die nächtlichen Lademöglichkeiten aus „erneuerbaren Quellen“ für E-Kfz und die Nachfrage nach „Ladestrom“ begrenzt. Somit verlagert sich diese Nachfrage in die Tageszeiten und damit gleichzeitig aus den dezentralen Wohngebieten in die Zentren der Städte mit den stadtfunktionell wichtigen Beschäftigungs- und Einkaufsangeboten. Dort muss es profitable E-Lademöglichkeiten geben.
Das verändert die Angebotsseite urbaner Grundstücksmärkte dramatisch.
Um funktionierende E-Mobilität für die Einwohner zu gewährleisten, sind an Wohn-, Arbeits- und Einkaufsstandorten in Städten ausreichende E-Ladekapazitäten zu schaffen. Das erfordert einen massiven Ausbau städtischer Stromnetze und aller damit verbundenen technischen Vorkehrungen.
Sichere Aussagen darüber, was die Umgestaltung der E-Netze die Bürger kosten wird, sind derzeit nicht möglich. Sicher ist nur, dass hier ein klassischer Fall von „Opportunitätskosten“ vorliegt, denn die Kosten der E-Mobilitätsinfrastruktur werden der Allgemeinheit aufgebürdet, wenn man öffentliche Flächen für Ladestationen – aus Steuermitteln finanziert – nutzt. Dabei gehen „normale“ Parkplätze am Straßenrand verloren.
Tank- und Ladezeiten differieren
Anbieter von traditionellen Treibstoffen (Tankstellen) richten ihren – lagebedingt – kostspieligen Flächenbedarf nach der Zeit, die für das Betanken von Fahrzeugen an Tanksäulen benötigt wird. Je kürzer die Tankzeit umso höher ist der Umsatz. Traditionelle Tankstellen werden also keine Fläche für zeitaufwendige E-Betankung anbieten.
Wie oben bereits gezeigt wurde, werden auch Großmärkte außerhalb der Stadtzentren nicht auf die Idee kommen und E-Lademöglichkeiten auf ihren Parkplätzen anzubieten. Sie alle werden dann wohl Schwierigkeiten im Umgang mit sogenannten „Free Ridern“ haben, die den Parkraum nur zum E-Laden nutzen, ohne die Umsätze von normalen „Einkaufsparkern“ zu generieren. Schwer vorstellbar ist auch, dass Großmärkte Parkflächen außerhalb der Geschäftszeiten – etwa nachts oder an Sonntagen – für E-Lader kostenfrei zur Verfügung stellen werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass „E-Lader“ die relevanten Stationen möglichst „zeitnah“ an ihren Wohn-bzw. Beschäftigungsstandorten suchen, weil die jeweiligen Distanzen zweimal „zu Fuß“ zurückzulegen sind.
Welche Lade-Technologie steht zur Verfügung?
Einen breiten Einblick in die derzeit auf dem Markt üblichen Technologien zur Beladung von E-Kraftfahrzeugen bietet: https://de.wikipedia.org/wiki/Ladestation_(Elektrofahrzeug)
Je nach derzeit verfügbarer Technologie entstehen nicht nur erhebliche Probleme mit dem Flächenbedarf in Innenstädten, sondern auch in Gebieten mit verdichteter Wohnbebauung und Großstädten.
Sicherheitsprobleme
Seit kurzem häufen sich Berichte über E-Mobile, die in Brand gerieten. [12] Die Deutsche Post AG gab deshalb den Einsatz von E-Gepäcktransportern auf. Sollte sich zeigen, dass E-Mobile Tiefgaragen aus Sicherheitsgründen nicht nutzen dürfen, verlieren Innenstädte an Attraktivität für Käufer und Besucher. Das wird auch gelten, wenn „E-Mobilisten“ Tiefgaragen zwar benutzen dürfen, das aber vermeiden, wenn Medienberichte über explodierende E-Autos abschrecken. Nutzer herkömmlicher Fahrzeuge werden diese Tiefgaragen dann wohl auch meiden.
Folglich werden Parkhäuser in Innenstadtlagen gemieden. Das wird die bereits überall zu beobachtenden Leerstände in Innenstädten wohl verstärken. Die Funktion der Innenstädte wird damit in Frage gestellt.
Bisher gab es noch keine Kritik – weder aus Händlerkreisen noch aus der Kommunalpolitik – etwa an den E-Mobilitätskampagnen der kommunalen Energieversorger. Nicht nur in Innenstadtbereichen wird es Flächenkonflikte mit normalen PKW-Nutzern geben. Viele von ihnen parken ihre Fahrzeuge bisher am Straßenrand kostenfrei und werden nun mit der steigenden Nachfrage nach E-Ladeplätzen konfrontiert. Eigentümer von Privatparkplätzen müssen je nach Ladetechnik mit erheblichem Investitionsaufwand rechnen.
Gewerblicher Gütertransport
Gewerbe und Industrie sind sowohl auf der Input- als auch auf der Outputseite auf zuverlässige und sichere Transporte angewiesen. Der Versuch, diese Leistungen mit E-Technik zu erbringen, wurde in Iserlohn um 1960 aufgegeben [13]. In den Medien gab es Berichte von Modellversuchen mit elektrisch betriebenen Lastkraftwagen [14]. Es gab Versuche mit Oberlei-tungssystemen. Es ist schwer vorstellbar, dass nicht nur die Autobahnen sondern auch wichtige innerstädtische Straßen flächendeckend mit diesen Systemen ausgestattet werden können. Dann bliebe noch die Ausrüstung mit Batterien. Die Ladezeiten bei LKW-Batterien werden zu längeren Transport-zeiten und Logistikproblemen führen.
Urbane Grundstrukturen werden sich ändern
Insgesamt muss mit einem gewaltigen Um- und Ausbau der städtischen Stromnetze gerechnet werden. Die Mobilitätsträume der Regierung werden die Bürger teuer bezahlen. Städte konkurrieren um zufriedene Einwohner und u.a. für gute Einkaufs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Was passiert, wenn urbane Grundfunktionen gestört werden, war sehr deutlich an ostdeutschen Städten zu sehen. Der systematischen Zerstörung ostdeutscher Städte [15] folgten nach 1989 zunächst zahlreiche gigantisch große Kaufparks auf der grünen Wiese zwischen oder nahe an Großstädten (u.a. „Saale-Park“ bei Halle und Leipzig, das „Röhrsdorf-Center“ in Chemnitz und andere). Nach all diesen Erfahrungen bleiben erhebliche Zweifel, ob die „E-Mobilisierung“ ein Segen für Städte sein kann. Die Auswirkungen auf urbane Grundstücksmärkte sind unkalkulierbar. Die Mobilität der Menschen wird sich ändern. Gleichzeitig kann man sich aber auch durchaus vorstellen, dass Städte ihre Flächen für E-Fahrzeuge sperren, um Brandrisiken, Flächennutzungskonflikte und Bevölkerungsverluste zu vermeiden. [16]
Zuverlässige Aussagen darüber, was die Umgestaltung der E-Netze den Bürger insgesamt kosten wird, lassen sich derzeit also nicht machen.
Ausblick
Im Verkehrssektor lt. “AGEB Energieflussbild 2018” werden insgesamt 2.754 Petajoule an Mineralöl verbraucht. In den Schaubildern des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme [17] wird sich dann die schwarze „Lastkurve“ also um ein Erhebliches nach oben verschieben und die Beiträge und die Angebote konventioneller Strom-Anbieter werden ver-schwinden.
Den verantwortlichen Politikern und Akteuren in deutschen Amtsstuben wird also die Geschichte von Samuelson und seinem Papagei dringend „zur Kenntnisnahme“ empfohlen.
Preisfrage an alle Sachkundelehrer und Klimakämpfer:
Was passiert auf dem Markt für Energie, wenn die Nachfrage steigt und das Angebot sinkt?
Lösung:
- Mit zunehmender E-Mobilität steigt die Nachfrage nach Elektroenergie.
- Damit verschiebt sich die schwarze „Last-Kurve“ nach oben.
- Das Angebot sinkt, z. B. wenn Kohle und Kernenergie verdrängt werden.
- Folge: Die Wirtschaft bricht wegen Energiemangel zusammen.
Hans-Lothar Fischer
Quellen
[1] Paul A. Samuelson und William D. Nordhaus, Volkswirtschaftslehre, New York 1995. Insbesondere das Kapitel 11 „Risiko, Unsicherheit und Spieltheorie“, aaO, S. 231 – 245
[2] Gegen Pandemie-Risiken kann man sich übrigens durch Hygiene und Krankenversicherung privat versichern.
[3] Matt Ridley, The Evolution of Everything, New York 2015
[4] Michael Mann, Geschichte der Macht – Die Entstehung von Klassen und Nationalstaaten, Campus Frankfurt/New York 1998
[5] Gordon Tullock, Modern Political Economy, McGraw-Hill 1978
[6] Elinor Ostrom, The Evolution of Institutions for Collective Action, Cambridge University Press 2008
[7] Der volkswirtschaftliche Energieverbrauch hängt natürlich vom Wirtschaftswachstum in Deutschland ab. Der ökonomische Wiederaufbau der neuen Bundesländer nach 1989 ist in diesen Werten enthalten:
Das nominelle Bruttoinlandsprodukt stieg von 1585,8 Mrd € auf 3435,8 Mrd €.
[8] https://energy-charts.info/index.html?l=de&c=DE.
[9] Nach dem AGEB-Energieflussbild für das Jahr 2018 werden 3220 PJ Mineralöl im Verkehrssektor genutzt. Wie hoch die vergleichbare Menge sich aus „erneuerbarer Energie“ dann wohl darstellen wird, steht noch in den Sternen.
[10] https://www.stadtwerke-solingen.de/privat-gewerbekunden/elektromobilitaet/wallbox-paket/
[11] In der DDR war die Dichte und Verteilung der Besetzung mit Tankstellen im Raum wesentlich „dünner“. Das lag am geringeren Motorisierungsgrad und am dem schmalen „Angebot“. So konnte man zu dieser Zeit Diesel oft nur an LPG-Tankstellen auf dem Lande tanken.
[12] In einem dieser TV-Berichte wurde die Aussage getroffen, dass E-Mobile nicht häufiger in Brand gerieten als normal angetriebene Kraftfahrzeuge. Diese Aussage kann man nicht unkommentiert lassen. Die Anzahl der konventionell angetriebenen Kraftfahrzeuge übersteigt die der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge derzeit noch um ein Vielfaches.
Neueste Nachricht vom Rückruf bei Hyundai : https://electrek.co/2021/02/17/hyundai-reportedly-set-to-replace-kona-lg-batteries-in-korea/
Also ist die Explosions- und Brandwahrscheinlichkeit bei E-Mobilen im Vergleich zu der bei traditionell betriebenen Kraftfahrzeugen um Zehnerpotenzen höher. Das ist also – wie so oft in Politik und öffentlicher Verwaltung – ein schludriger Umgang mit Methoden der Statistik
[13] Rolf Löttger, Wolfgang R. Reimann, Kleinbahn Westig-Ihmert-Altena und Iserlohner Güterbahn, Die Geschichte der Iserlohner Kreisbahn, Band 2: Der Güterverkehr, DGEG Medien 2015
[14] https://ef-magazin.de/2021/05/28/18659-deutschlands-e-highways-die-laengsten-deutschen-investitionsruinen. In Dresden wurde für die Belieferung eines VW-Werkes eine Güterstrassenbahn quer durch die Stadt („Cargotram“) für die Belieferung einer Volkswagen-Niederlassung errichtet. Das Projekt wurde im Jahre 2020 aufgegeben.
[15] Eine Produktion des DDR-Fernsehens im Oktober 1989 trug den Titel „Ist Leipzig noch zu retten“.
[16] In Hamburg, Stuttgart und vielen anderen Großstädten geht man gegen „Diesel“-Autoverkehr mit Durchfahrverboten und anderen einschränkenden Maßnahmen vor.
[17] https://energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE
Hans-Lothar Fischer promovierte bei Hans K. Schneider am Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen der Universität Münster über das wirtschaftliche Wachstum von Städten. Von 1993 bis zu seiner Emeritierung in 2003 lehrte er als Professur für Regionalökonomik und allgemeine VWL an der Westsächsischen Hochschule Zwickau, Fakultät Wirtschaftswissenschaften.
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Titelbild: MabelAmber, pixabay