Beobachtungen aus dem Revier

Jürgen Trittin – “vaterlandsloser Geselle”

Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen) bezeichnet AfD-Mitglieder und Windkraftgegner als “vaterlandslose Gesellen”. In einem  Tweet schreibt er am 13.06.2019:

Die #afd leugnet die #Klimakrise und bekämpft #Erneuerbare Energien. Das untergräbt unsere Energiesouveränität. So agieren vaterlandslose Gesellen! pic.twitter.com/ODG85EJ6JO

Die Leser reagieren verblüfft auf den Tweet, viele stimmen ihm zu: Ein Grüner, der politische Gegner beschimpft, sie seien “vaterlandslose Gesellen”, scheint weitgehend akzeptiert zu sein. Der alte, weiße Mann Jürgen Trittin hat sich zu Kaiser Wilhelm I ins Boot gesetzt. Der Jugendtruppe Fridays for Future fehlt das Wissen, um die Metapher historisch einordnen zu können. Einige Leser registrieren jedoch eine Verschiebung der Grünen nach rechts.

 

Wer oder was sind “vaterlandslose Gesellen”?

Ein kleiner historischer Rückblick zeigt, dass Jürgen Trittin nicht dement ist, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern sehr bewusst aus taktischen Gründen an Nationalgefühle appelliert. Er vermeidet die Bezeichnungen “Nationalbewusstsein” oder “Staatsfeinde” und benutzt statt dessen die bei jungen Menschen weniger bekannte Metapher “vaterlandslose Gesellen” für Staatsfeinde. Die Redewendung machte vor mehr als 100 Jahren Geschichte und hatte Einfluss auf die Bewilligung der Kriegskredite, mit denen der erste Weltkrieg finanziert wurde.

Am 18. Juni 1878 schrieb der Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg, Graf von Bernstorff, an “sämtliche Polizeibehörden” im Kreis eine Dienstanweisung zur Bekämpfung der Sozialdemokratie; “Die sozialdemokratische Agitation in der Presse, in Vereinen und in Versammlungen wird von Tag zu Tag heftiger und dreister und droht die Achtung vor Gesetz und Obrigkeit, die Liebe zu König und Vaterland und die Grundlage der Gesittung, die Religion, zu untergraben.” Kaiser Wilhelm I., der sich von der fehlenden Liebe der Arbeiterschaft persönlich gekränkt fühlte, bezeichnete die Sozialdemokraten als “vaterlandslose Gesellen” und noch im selben Jahr wurde das “Sozialistengesetz” gegen die “gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie” erlassen.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges versuchten sich die Sozialdemokraten vom schlechten Ruf, “vaterlandslose Gesellen” zu sein, zu befreien, indem sie sich in die Front der Kriegsbefürworter einreihten.

Was will Trittin mit der Metapher vom vaterlandslosen Gesellen sagen?

Demmler
bei Storchmann Medien

Jürgen Trittin bereitet das Erstarken der AfD Sorgen. Und er sorgt sich um die Zukunft der Erneuerbaren Energien. Die Energiewende und deren ideologische Grundlage “Klimaschutz” sind durch die AfD und die Windkraftgegner gefährdet. Zwar haben die rund 1.000 Bürgerinitiativen gegen Windräder meist wenig mit der AfD zu tun und setzen sich auch nicht mit der Frage Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken auseinander, aber beide großen Gruppen stellen sich dem mächtigen Einfluss der Grünen auf die Gesellschaft quer.

Trittin befindet sich im Krieg gegen den Klimawandel. Und er unterscheidet, wie alle Fanatiker es tun, nur Freunde und Feinde, in diesem Fall “Klimaretter” und “Klimaleugner”. Der Bundestagsabgeordnete, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, und ehemaliger  Bundesvorsitzende der Grünen sagt:

“Ich sage Ihnen eines, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD: Wer demonstriert denn zusammen mit Gegenwind gegen jedes neue Windrad? Das heißt doch nichts anderes als: Sie leugnen nicht nur den Klimawandel, sie sind nicht nur gegen das EEG, sondern sie untergraben auch täglich unsere Energiesouveränität, indem sie unsere Importabhängigkeit in die Höhe treiben.”

Es ist einer der letzten Versuche, die Windkraftgegner zum Schweigen zu bringen, indem sie deren Berührungsängste gegenüber der AfD zu ihrem Vorteil nutzen. Sie sollen sich den “Klimarettern” anschließen. Bei den damaligen Sozialdemokraten hat die Verunglimpfung als Feinde jedenfalls gewirkt, die große Mehrheit der deutschen Sozialdemokraten schwenkte 1914 auf den Kurs der Kriegsbefürworter ein. Einer der Gründe war ihr Bestreben, sich durch den Beweis ihres Patriotismus vom schlechten Ruf, “vaterlandslose Gesellen” zu sein, zu befreien.

Ob sich das Freund-Feind-Denkschema Trittins auf Einflüsse des Vaters, der Mitglied der Waffen-SS war, oder auf die anti-sowjetisch-maoistisch orientierten K-Gruppen stützt, in deren Umfeld sich Trittin bewegte (Trittin war bis 1980 aktives Mitglied des vom Verfassungsschutz beobachteten Kommunistischen Bundes), ist hier nicht von Bedeutung.

Offensichtlich ist nur, dass den “Klimarettern” die Argumente gegen die CO2-freie Kernenergie, die zur Bekämpfung einer “Klimakrise” Priorität haben müsste, ausgehen und Trittin sich in einen Widerspruch verwickelt.

  • Er sagt: “Energieversorgungssicherheit gibt es nicht national”, natürlich wissend, dass das Konzept der Energiewende mit Wind- und Solarenergie nur in einem europäischen Verbundsystem funktionieren kann, dass stets auf (im Ausland produzierten) Strom aus Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken zurückgreifen können muss.
  • Bei einer Laufzeitverlängerung müssten 100 Prozent des Urans importiert werden, sagt Trittin. “Darauf kann man keine Versorgungssicherheit aufbauen.” Niemand bemerkt: Trittin bezeichnet nicht die Grünen, die sich von Stromlieferungen aus dem Ausland und vom Gasimport vollständig abhängig machen wollen, als “vaterlandslose Gesellen”, sondern die AfD, die eine Versorgungs-Unabhängigkeit anstrebt. Dass Sinn und Worte nicht zusammen passen, ist ein häufig festzustellendes Merkmal grüner Rhetorik.

Laufzeitverlängerung, Uran, Versorgungssicherheit

Den Hinweis Jürgen Trittins auf die Importabhängigkeit von Primärenergie werten Kritiker der Energiewende angesichts der von den Grünen angestrebten Abhängigkeit von Stromlieferungen aus dem Ausland als einen üblen Ablenkungs- und Täuschungsversuch.

Wir zitieren Antwort 1 aus: “100 gute Antworten“, die vom Verein Kritikalität verfasst wurden. Sie gelten als Aufdeckung einer “Kriminalgeschichte der Vernebelungen, Täuschungen, Falschzitate und Pseudowissenschaften”, die von den Elektrizitätswerken Schönau (EWS) verfasst wurden.

#1: Abhängigkeit. Behauptung: Alles Uran muss importiert werden.

“Im Gegensatz zu Kohle, Gas oder sogar „regenerativen” Energien lassen sich Kernbrennstoffe sehr einfach bevorraten, sogar um die Energieversorgung für Jahrzehnte sicherzustellen. Dies liegt an der extrem hohen Energieeffizienz von Uran verglichen mit fossilen Energieträgern. Für die gleiche Menge Strom wird 20 000 mal so viel Kohle wie Uran benötigt. Wegen der weltweit relativ hohen Uranreserven wird der Uran-Abbau immer auf die aktuellen Bedürfnisse der Nuklearindustrie abgestimmt. In Europa haben beispielsweise Schweden und die Ukraine große bislang ungenutzte Uranvorkommen, aber auch Deutschland verfügt noch über leicht zugängliche Reserven, die einige Jahre reichen, und über zugängliche Ressourcen, die weitere Jahrzehnte reichen. Desweiteren liegen 60% der weltweiten Uranvorräte in politisch stabilen Ländern.

Außerdem kann jedes Land mit Zugang zum Meerwasser daraus Uransalz gewinnen. Der technische Aufwand ist zwar deutlich höher, aber mit geschätzten 250 Euro je Kilogramm verglichen mit heutigen 120 Euro je Kilogramm weiterhin bezahlbar. Das Oak Ridge National Laboratory (ORNL) hat die Technik hier so stark verbessert, dass die Kosten sich den heutigen Marktpreisen annähern könnten. Im Meerwasser befinden sich 4,5 Mrd. Tonnen Uran. Zum Vergleich: Ein großer Reaktorblock benötigt etwa 200 Tonnen Natururan pro Jahr.

Die Abhängigkeit von „multinationalen Konzernen“ ist bereits dadurch widerlegt, dass der Uranförderpreis nur 5% bis 10% der nuklearen Stromerzeugungskosten ausmacht. Bei zukünftigen Reaktorkonzepten mit vollständiger Nutzung des gesamten Urans, wie sie von der deutschen Atompolitik blockiert wurde und wird, verringert sich diese „Abhängigkeit“ weiter um einen Faktor 100, die Vorräte verlängern sich entsprechend. Die effektivere Brennstoffnutzung macht außerdem noch teurere Vorräte wirtschaftlich, wodurch sich die Reichweite weiterhin erhöht.”

Als Quellen nennt der Verein:

Faina Faruz

Titelfoto: monika1607, pixabay

 

 

 

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