Jürgen Trittin: Freier Markt für Ökostrom und Apotheken!

Für die Branchen Ökostrom und Apotheken, fordert Jürgen Trittin einen freien Markt.

“Schwarz-Gelb blockiert das Prinzip des freien Marktes, wir sind die Partei des Wettbewerbs”, sagte  Jürgen Trittin am 17.06.2013.  Er forderte, die schwarz-gelbe Überregulierung müsse fallen. Sie sei “kundenfeindlich”. Die Blockade “verzerrt Preise und schützt Besitzstände“.

Foto: Jürgen Trittin, Bündnis90/die Grünen

Genau um diesen unhaltbaren Zustand geht es auch dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der ein Moratorium fordert und drastische Maßnahmen angekündigt hat, sollte die Förderung der Erneuerbaren Energien in Milliardenhöhe nicht gestoppt und ein tragfähiges Gesamtkonzept vorgelegt werden.

Hat sich die Meinung Trittins gewandelt oder gibt es unterschiedliche Meinungen bei den Grünen? Denn noch im Februar hatten die Grünen den Vorschlag einer “Strompreis-Bremse” des Bundesumweltministers Peter Altmaier (CDU), wonach die Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen für die Energiewende hätten mitzahlen sollen, entschieden zurückgewiesen. Trittin hatte damals erklärt, das Argument, mehr Wettbewerb im Bereich des Öko-Stroms sei nicht tragfähig. Eine Änderung der Bedingen sei ein “Versuch, den Markt für Ökostrom zu verunsichern, eine Branche mit 400.000 Arbeitnehmern.” Die Forderung, es solle keine Begrenzungen für die Förderung von Öko-Strom geben, hatte der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin bereits 1999 in einem Brief an die EU-Umweltkommissarin Margot Wallström in einem Brief gestellt und sie gebeten, sich vor allem auch im Hinblick auf eine anspruchsvolle Klimapolitik dafür einzusetzen, dass in der Richtlinie keine Begrenzungen für die Förderung von Öko-Strom vorgesehen werde.

Kein Meinungswandel

Trittin hat seine Meinung nicht geändert. Der Widerspruch lässt sich leicht aufklären: Aus Trittins Sicht haben sowohl für die Ökobranche als auch für andere Branchen  selbstverständlich die Bedingungen des freien Marktes zu gelten, mit einem feinen Unterschied: Bei der Ökobranche gilt der freie Markt nur innerhalb der Branche. Preise und Besitzstände sind hier wegen eines höheren Zieles, dem Klimaschutz, zu wahren.

Stelter

Trittins Kampfansage an die “schwarz-gelbe Überregulierung” bezieht sich nicht auf die erneuerbaren Energien, sondern auf den Arzneimittelmarkt und den Mehrfachbesitz von Apotheken in Deutschland. Auch diese Idee ist nicht neu. Die Grünen hatten schon 2006 im Bundestag gefordert, das Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken aufzuheben. Doch der Antrag der Ökopartei war von den anderen Parteien niedergestimmt worden. Damals hatte sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgit Bender, in der Debatte um DocMorris für Apothekenketten stark gemacht. Sie war gemeinsam mit dem Celesio-Chef Dr. Fritz Osterle an die Öffentlichkeit getreten. Der Stuttgarter Pharmahändler hat seinen Hauptsitz in Birgit Benders Wahlkreis Bad Cannstatt. Ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Grünen, Niombo Lomba, wurde von Celesio in die eigenen Reihen geholt. Von 2006 bis Ende 2008 war Birgit Bender als Lobbyisten für Celesio tätig.

Jürgen Trittin, der bislang wenig Berührungspunkte mit dem Apothekenmarkt hatte, setzt sich neuerdings ebenfalls für Apothekenketten ein. Als Direktkandidat des Wahlkreises Göttingen stellte er sich im Streit um die Eröffnung einer easyApotheke in Duderstadt auf die Seite des Franchise-Betreibers. Er forderte die Stadtverwaltung auf, die Eröffnung der easyApotheke zu erlauben – und bemängelte den fehlenden Wettbewerb im Apothekenmarkt. Im November letzten Jahres war bekannt geworden, dass der Discounter in Duderstadt eine neue Apotheke eröffnen will, der Bauausschuss der Gemeinde dies jedoch ablehnt. Die Begründung des Ausschusses für Stadtentwicklung und des Ortsrats, in denen laut easy mehrere ortsansässige Apotheker sitzen: „um die Apothekenstandorte auf die Innenstadt zu konzentrieren.“
Die Franchise-Gesellschaft hat sich daraufhin an den für den Wahlkreis Göttingen zuständigen Bundestagsabgeordneten gewandt und Trittin um Unterstützung auf Bundesebene gebeten. In seiner Antwort schreibt Trittin, dass er das Vorhaben von easy, in Duderstadt eine Apotheke zu eröffnen, unterstützt: Er sehe „gute Gründe für die Ansiedlung einer Apotheke“.

„Apotheken sollen viel mehr sein als nur eine Abgabestelle für Medikamente, sondern Knotenpunkte der pharmazeutischen Beratung nicht nur der Patientinnen und Patienten, sondern auch der Ärzteschaft und anderer Gesundheitsberufe.“ Medikamente liefern könnten Internetapotheken, so Trittin. „Die persönliche Beratung, das direkte Gespräch, das können nur die Apothekerinnen und Apotheker vor Ort leisten.“

Bizarre ordnungs- und marktpolitische Vorstellungen

Trittins Kritik an Altmaiers Vorgehen basiert auf “bizarren ordnungspolitischen Vorstellungen“, meint Daniel Wetzel. Nicht weniger bizarr ist auch Trittins Annahme, die Apothekerinnen und Apotheker vor Ort könnten persönliche Beratung vor Ort leisten, wenn ihnen die Möglichkeit zum Geldverdienen dadurch beschnitten wird, dass Internetapotheken sich die Rosinen herauspicken können, die Apotheken zum Überleben brauchen. Entweder werden die beratungsintensiven Apotheken vom Markt verschwinden oder die Kunden werden die Beratung bezahlen müssen – das Ziel der grünen Sozialpolitik?

Für Ökostrom wurden die Bedingungen des freien Marktes außer Kraft gesetzt. Es besteht ein gesetzlicher Kaufzwang jedweder produzierten Menge zu gesetzlich festgelegten Preisen. Die  Kostenentwicklung ist ungezügelt und auch der ungesteuerte Kapazitätsausbau laufen völlig aus dem Ruder. Die Energiewende geht nicht nur an allen regionalen Bedürfnissen vorbei, sondern gefährdet die gesamte Industrie, den Handel und provoziert ein Blackout, der das Leben vieler Menschen gefährdet. Der Schaden, der durch grüne Ideologie und mit Zustimmung aller großen Parteien, die diese Ideologie verinnerlicht haben, an unserer Gesellschaft angerichtet wird, übersteigt unsere Vorstellungen von den Kosten der Energiewende bei weitem.

Nicht Schwarz-Gelb blockiert das Prinzip des freien Marktes, wie Trittin behauptet, sondern grün. Grün stellt sich nicht als “Partei des Wettbewerbs” dar, sondern als Partei der Überregulierung und Bevormundung, die ihren Anhängern im Internet vielfach die Bezeichnung “Ökofaschisten” eingebracht hat. Trittin wirft in einem Gastbeitrag in der Tageszeitung “Die Welt” Schwarz-Gelb Kundenfeindlichkeit und den Schutz von Besitzständen vor – genau das, was er selbst zum Nutzen seiner eigenen Klientel propagiert.

Bei den erneuerbaren Energien gehe es “um fundamentale Verteilungskämpfe2, sagte Johannes Teyssen, Vorstandsvorsitzender E.ON. “Wir reden davon, dass zwanzig Milliarden Fördermittel eingesammelt werden. Keine Sorge, die werden auch verteilt. Die kommen auch wo an. Zwanzig Milliarden Zulauf werden auch verteidigt, und zwar mit Krallen und Nägeln und allem was man hat. Ich glaube, die Atomlobby ist gegen das, was da läuft, ein reiner Mädchenchor gewesen“.

Foto: Bündnis90/die Grünen

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