Politik und Presse – eine unabhängige Tageszeitung wehrt sich

Die fehlgeleitete eMail einer Bundestagsabgeordneten offenbart ein eigentümliches Demokratieverständnis und sorgt bei der unabhängigen Fuldaer Tageszeitung für Empörung.

Foto: barockschloss

Vor etwas mehr als zwei Jahren begann der unaufhaltsame Abstieg des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, weil er seine Macht gegenüber der Presse überschätzt hatte. Auf die Aufforderung der “Bild”-Zeitung, Fragen zur Finanzierung seines Hauses zu beantworten, hatte er mit einem “aufgebrachten Drohanruf” bei Chefredakteur Kai Diekmann reagiert. Er hinterließ eine Nachricht auf der Mailbox, die von sämtlichen Medien verbreitet wurde.

Das war die große politische Bühne. Wie sieht es auf der kleinen aus? Wie funktioniert dort die Zusammenarbeit zwischen Politik und Presse?

Die Fuldaer Zeitung berichtet, dass sie seit einigen Jahren heimischen Abgeordneten verschiedener Parlamente im Wechsel die Möglichkeit biete, sich zu vorgegebenen bzw. abgesprochenen Themen in einer Kolumne zu äußern, “und zwar jenseits von Parteipolitik.” Die SPD-Bundestagsabgeordnete Frau Kömpel habe sich nicht daran gehalten und einen Lobgesang auf die Arbeit der SPD in 100 Tagen großer Koalition geschrieben, weshalb der Beitrag von der Redaktion abgelehnt worden sei. Eine Ablehnung habe zuvor auch schon einmal einen CDU-Mann getroffen.

Die Bundestagsabgeordnete wollte die Angelegenheit offenbar nicht auf sich beruhen lassen und schrieb eine eMail, die versehentlich an die Redaktion geschickt wurde. In deren Inhalt äußere sich “das Medien- und Demokratieverständnis von Abgeordneten”, meint die Redaktion, darüber hinaus aber auch eine Überlegung, “wie sie einer unabhängigen Tageszeitung und damit auch einem Unternehmen ihres Wahlkreises Schaden zufügen kann – weil eine Redaktion nicht das tut, was sie möchte.”

In der eMail der Abgeordneten heißt es: “Wahrscheinlich finden die sich jetzt richtig toll… Das ist schon frech, was die sich so leisten. Wir müssen mal wirklich eine Strategie ausarbeiten, wie wir denen einen Strich durch die Rechnung machen können. Ich treffe mich Morgen zum Frühstück mit Hettler von Fuldainfo und wir schauen mal, ob wir Ideen haben.”

Die Fuldaer Zeitung wird mit der Veröffentlichung sicher nicht das große Geschäft ihres Lebens machen, aber vielleicht zusätzliche neue Leser gewinnen, die es schätzen, dass Tageszeitungen ihre politische Unabhängigkeit verteidigen.

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