Projektplaner – “eiskalt agierende Investoren”

Obwohl die Windrad-Pläne der Planungsfirma tetra r.e. bei Großgründling von den Gemeinderäten in Nandlstadt und Au abgeschmettert wurden, hält das Unternehmen am Projekt fest und erwartet einen positiven Bescheid vom Landratsamt. Die Projektplaner warfen den Bürgermeistern der beiden Gemeinden und der Bürgerinitiative vor, Fakenews zu verbreiten und wandten sich an die Öffentlichkeit. Die Bürgermeister stellen in einem gemeinsamen Leserbrief fest: “Hier handeln eben keine Weltretter, sondern eiskalt agierende Investoren.”

“Hier handeln eben keine Weltretter, sondern eiskalt agierende Investoren”

Sie beschuldigten die Bürgermeister der beiden Gemeinden öffentlich, keine “Verantwortung für einen Schritt zur positiven Veränderung” übernehmen zu wollen, sich von Fakten zu entfernen und lieber von Emotionen leiten zu lassen. In einem Interview zeigten sie sich überzeugt, dass Frieden einkehren werde, wenn die Windkraftanlagen erst einmal gebaut seien: “Unsere Erfahrung bei insgesamt 27 Windrädern zeigt: Wenn die Anlagen in Betrieb gehen, merken die Leute, dass sich sämtliche Gegenargumente nicht bewahrheitet haben.

Die Bürgermeister beider Gemeinden wandten sich aufgrund des persönlichen Angriffs in einem Leserbrief ebenfalls an die Öffentlichkeit. Es sei “schon interessant, mit welcher Kaltschnäuzigkeit sich die Antragsteller zweier riesiger Windkraftanlagen über die berechtigten Einwendungen der Menschen im Umfeld dieser gigantischen Industriebauten hinwegsetzen und alles bis ins Lächerliche ziehen”, sagen sie. “Hier handeln eben keine Weltretter, sondern eiskalt agierende Investoren.”

Infraschall/Fachanwalt/Bürgerinitiative – ein rotes Tuch für Projektierer?

Drei Punkte heben die Bürgermeister in ihrem gemeinsamen Leserbrief besonders hervor:

  • Die Projektplaner behaupten, dass Infraschall nach 400 bis 500 Metern “überhaupt nicht mehr messbar” sei. Das sei nach ihrer Auffassung durch umfangreiche Untersuchungen belegt. Die gesetzliche Regelung gebe 10H vor, erläuterten die Bürgermeister. Den Projektplänen von tetra r.e. zufolge “sollen diese Bauwerke in weniger als 700 Metern zu umliegenden Wohnbebauungen errichtet werden (10H würde in diesen Fällen einen Abstand von 1990 Metern bedeuten)”, kritisieren die Bürgermeister. Einer grundsätzlichen Debatte gehen sie aus dem Weg, sie seien “keine Windkraftgegner – wir halten aber die Standorte der geplanten Anlagen für völlig falsch.”
  • Die Projektierter bemängelten, dass der von den Kommunen beauftragte Rechtsanwalt als Windkraft-Gegner bekannt sei. Die Antwort der Gemeindevertreter: Es sei “das gute Recht, ja die Pflicht betroffener Kommunen, eine genaue rechtliche Prüfung vorzunehmen. Dass wir hierzu einen Rechtsbeistand hinzugezogen haben, war zwingend notwendig. Dazu nimmt man keine Verkehrsrechtler oder Privatrechtsjuristen, sondern einen mit der Materie vertrauten Fachanwalt.”
  • Die Bürgerinitiative habe es geschafft, dass die Leute Fake News verinnerlicht haben, behaupten die Projektplaner. Diese Unterstellung weisen die beiden Bürgermeister zurück und solidarisieren sich mit den Bürgerinitiativen. “Die Angriffe auf die Bürgerinitiative in dieser Form sind befremdlich. Das demokratische Recht, sich als BI zusammenzuschließen und den Betroffenen eine Stimme zu geben, hat unsere Unterstützung.” Sie betonen, dass die Verantwortlichen der BI vom ersten Tag an offen und konstruktiv mit ihnen  gesprochen hätten.

Windkraftanlagen-Projektplan schürt Streit zwischen den Gemeinden

Dass beim Bau von Windkraftindustrieanlagen Nachbar-Gemeinden gegeneinander ausgespielt werden, wird aus der Veröffentlichung der Bürgermeister ebenfalls deutlich. Denn Leserbriefschreiber unter anderem aus den Nachbargemeinden Freising und Moosburg fordern demnach den Bau der Anlagen zwischen Nandlstadt und Au. Sie seien enorm wichtig für die Energiewende und gegen den Klimawandel. Die Bürgermeister der beiden Gemeinden werfen den Verfassern der Leserbriefe vor, dass sie die berechtigten Bedenken gegen deren Auswirkungen auf Mensch und Tier, auf Natur und Landschaftsbild verharmlosen und als nicht beeinträchtigend darstellen. Sie stellen die Frage: “Warum setzen Sie, verehrte Leserbriefschreiber, sich dann nicht dafür ein, dass in Ihrer Stadt, in Ihrer Gemeinde Ihr Strom mit Ihren eigenen Anlagen erzeugt wird?”

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Fakenews der Projektplaner

Die Projektplaner behaupten, dass die Windkraftgegner Angstmacherei betreiben. “Da werden professionelle Windkraftgegner eingeladen und bezahlt. Das sind immer die gleichen Personen mit Argumenten, die schon hundertfach widerlegt wurden. Etwa, dass von den Rotorblättern Eisplatten wie Geschosse durch die Gegend fliegen.” Genau darüber wurde in den Medien, wenn auch meist nur in Lokalteilen, oft genug informiert. Ruhrkultour hat vor einiger Zeit darüber berichtet, dass Eisabwürfe durch Windkraftindustrieanlagen in verschiedenen Fällen zu Absperrungen von größeren Arealen, Wegen und sogar Verkehrsstraßen führten. Das trifft sogar auf Anlagen zu, die mit speziellen Schutzvorrichtungen ausgestattet sind.

Die Projektplaner prophezeien die Auflösung der Bürgerinitiativen. Sie drohen den Bürgermeistern. Ihnen falle “dann auf die Füße, dass all die Probleme nicht eintreffen, und sie sich unglaubwürdig gemacht haben.” Diese Prognose ist unwahrscheinlich. Sollte sich der Bau von Windkraftindustrieanlagen nicht verhindern lassen, werden neue Bürgerinitiativen entstehen, zum Beispiel gegen den Lärm, den Infraschall, die drohende oder tatsächliche Verseuchung des Grundwassers, den nicht erfolgten Rückbau und andere Gründe. Die Energiewende ist tot, aber noch immer verdienen Projektplaner sehr viel Geld dank einer verfehlten Energiepolitik. Die Mehrheit der Politiker will den Irrtum nicht begreifen oder eingestehen. Und diese Chance zum Geldverdienen macht manche der Profiteure äußerst aggressiv.

Kommunen unter dem Diktat des privilegierten Bauvorhabens

Die Staaten in der Europäischen Union haben sich 1985 in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung verpflichtet, eine kommunale Souveränität zu gewährleisten. Das Recht der Bürger, an den Entscheidungsprozessen teilzunehmen, die ihren unmittelbaren Lebensraum betreffen, betrifft insbesondere auch Grundstücke und Flächen ihres Gemeindegebietes. Dieses Recht wurde in Deutschland durch eine Änderung des § 35 BauGB im Jahr 1997 ausgehebelt. Seitdem stehen die Bürger und die Gemeinden in der Beweislast, nachzuweisen, warum keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollten. 2009 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass ein Bauvorhaben genehmigt werde, wenn es “der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dient” [BVerwG, 22.01.2009, BVerwG 4 C 17.07, 18.07]. Jedem Bundesland ist es nach § 35 BauGB möglich, sein Einverständnis zu einem privilegierten Bauvorhaben zu geben und somit die Regelung für den Außenbereich auch gegen den Willen der Gemeinde zu erzwingen. In letzter Konsequenz werden dadurch bestimmten Gruppen von Menschen besondere Rechte eingeräumt.

Die Planungsfirma tetra r.e. kann also frohen Muts einen positiven Bescheid vom Landratsamt erwarten. Aber warum wendet sie sich dann an die Öffentlichkeit? Fürchtet sie, dass der Widerstand der Bürger und der ihrer Bürgermeister gegen die Zerstörung der Landschaft, die Beeinträchtigung ihrer Gesundheit und den Wertverlust ihrer Immobilien massiv genug ist, um das Landratsamt zu überzeugen, sich hinter die Bürger zu stellen? Inzwischen gibt es bundesweit mehr als 1.000 Bürgerinitiativen gegen den Ausbau von Windkraftindustrieanlagen. Das werden auch die Landratsämter, die Länder und der Bund berücksichtigen müssen.

Faina Faruz

Nandlstadt liegt mit seinen 39 Ortsteilen im Dreieck zwischen den Städten Freising, Moosburg und Mainburg. Die Marktgemeinde gilt als ältester Hopfenanbauort der Welt. Sie hat etwa 5.000 Einwohner. Bürgermeister ist Jakob Hartl (BLN).
Markt Au i. d. Hallertau liegt im Norden des oberbayerischen Landkreises Freising im südlichen Bereich der Hallertau und hat rund 6.000 Einwohner. Der Auer Hopfen hat sich einen Weltruf erworben. Bürgermeister ist Karl Ecker (FW).

Quellen:

Titelfoto: Nordstern-Nessmersiel, pixabay

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