Beobachtungen aus dem Revier

Unabhängiges Fernsehen

Wie populäre Youtube – Kanalbetreiber das Unabhängige Fernsehen unterstützen könnten

In der Internet-Ära gibt es allein in Deutschland Millionen Youtube-Kanäle von privaten und juristischen Personen, die den Namen XYZ-TV benutzen dürfen, obwohl sie keine “echten Fernsehsender” sind. Wodurch unterscheiden sich die beiden Medienträger im Kern? Was sind die Vorteile des Fernsehens in der Informations- und Meinungsverbreitung? Können GEZ- Zahlungsverweigerer und erfolgreiche Kanal-Betreiber sowie Sozial Media-Aktivisten für das Unabhängige Fernsehen gewonnen werden?

Unterscheidungsmerkmale zwischen echten Fernsehkanälen und Youtube-Kanälen

Ein Youtube-Kanal ist kein Fernsehkanal. Die Unterschiede liegen, vereinfacht gesehen, auf drei Ebenen:

  1. Technik: Ein Fernsehsender, der Kanäle anbietet, verfügt über eine eigene Sende-Infrastruktur. Ein Youtube-Kanal nutzt dagegen ein Videoportal, das. z.B. Google kostenlos zur Verfügung stellt. Über das Videoportal laden Privatleute Videos hoch. Fernsehprogramme können auf Youtube empfangen werden aber nicht umgekehrt.
  2. Juristisch: Ein Fernsehsender braucht eine staatliche Sendelizenz, muss über Medienkompetenz verfügen – hier wird Professionalität verlangt. Der Fernsehsender ist meistens eine juristische Person oder ein Unternehmen, das kostendeckend (öffentlich-rechtlicher Sender) oder gewinnorientiert (Privatfernsehen) arbeitet.
  3. Marketing: Fernsehsender veröffentlichen für die Zuschauer ihre Sendeprogramme. Ein Youtube-Nutzer sucht dagegen die ihn interessierenden Inhalte im Internet. Ein zentrales Angebot und strukturiertes Youtube-Programm gibt es nicht. Das heißt nicht, dass die Transparenz dem Fernsehen mehr Zuschauer bringt. Die Aufrufe bei einigen marktführenden Youtube-Kanälen gehen jährlich in die Milliarden. [1]

Wegen obiger Restriktionen gibt es in Deutschland Millionen aktiver Kanal-Betreiber und nur Dutzende  Fernsehsender. Genaue Statistiken liegen nicht vor. Der Begriff Fernsehen, umgangsprachlich TV genannt, ist rechtlich nicht geschützt, was zu Irritationen führt. Es hört sich wichtiger an, wenn eine prominente Adresse eine Fernsehstation “XYZ-TV” und nicht einen schlichten “XYZ-Youtube Kanal” betreibt, vielleicht nur aus Geltungsbedürfnis. Vor dieser Selbstdarstellung schrecken auch Politiker nicht zurück.

Fernsehen der dominierende Weg in der Informationsverbreitung und der Meinungsbildung

Diese Ausführungen erklären die Überlegenheit des Fernsehens in der Informationsverbreitung. Weil Millionen Zuschauer gleichzeitig Fernsehsendungen sehen können, ist dieses Medium imstande, große Massen zu mobilisieren und die öffentliche Meinung – auch die politische – zu beeinflussen. Nicht zuletzt durch permanente Wiederholungen. Vernetzungsversuche von Youtube-Anbietern sind dagegen nicht nur technisch schwierig, sondern auch bis dato unbekannt.

Fernseh- und Youtube-Kanäle unterscheiden sich demnach wie Amateurvereine und Erstligisten beim Fußball oder wie zerstreute Einzelkämpfer und eine Armee bei militärischen Konflikten. Was nützen die besten Beiträge oppositioneller Experten auf Youtube, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht zu Wort kommen, wenn sie kein breites Publikum erreichen? Daran sollte bei allen Konzepten, das ARD-Monopol durch Gründung eines Wettbewerbers brechen zu wollen, gedacht werden. Am Fernsehen als der wirksamsten aller Medienwaffen führt kein Weg vorbei. Ein Zuschauer- und Leseboykott ist ebenso wenig eine Lösung wie das Nicht-Wählen. Das ist den Eliten weltweit bekannt. Die Staatsfernsehen, manchmal als “öffentlich – rechtliche” Konstrukte getarnt, genießen eine besondere Fürsorge.

GEZ-Zahlungsverweigerer, erfolgreiche Youtube Kanal-Betreiber und Netz-Aktivisten als Mit-Förderer des Unabhängigen Fernsehens?

Auch wenn die nicht vernetzten Youtube-Kanalbetreiber gegen die ARD (noch) nicht bestehen können, könnten Initiatoren/Gründern des Unabhängigen Fernsehens das Internet und die Social Media-Plattformen nutzen und auf Beteiligungsbasis eine Zusammenarbeit anbieten. Ein auf Spendenaufrufen basierendes Finanzierungskonzept ist unprofessionell und nicht überzeugend. Dies würde als fehlendes Vertrauen gegenüber dem Erfolg der Gründungsmaßnahme ausgelegt werden können. Am Ende der Gründungsphase sollten ein Börsengang und eine Finanzierung aus Werbeeinnahmen stehen, was ökonomisch sinnvoll erscheint. Das Beispiel des kapitalmarktorientierten polnischen TV-Senders “Republika” zeigt, dass ein erfolgreicher kommerzieller Nachrichtensender und eine objektive Nachrichtenvermittlung kein Widerspruch sein müssen. Auch alternative Portale verschmähen nicht diesen Obolus. [2]

Im Beitrag zuvor [3] wurden in Anlehnung an die Offenen Kanäle (Bürgerfernsehen) die Gründungskosten eines deutschen Nachrichtenfernsehens in der Grundversion auf 1,3 Mio. € geschätzt. Davon entfallen 0,7 Mio. €. als einmalige Sachinvestition und 0,6 Mio. € auf die jährlichen Betriebskosten.

Diese Statistik zeigt die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer ausgewählter Medien in Deutschland in den Jahren 2014 und 2017 (in Minuten). Laut der SevenOne Media-Studie ‘Media Activity Guide 2017’ wurde das Fernsehen im Durchschnitt jeden Tag 248 Minuten genutzt. Zum Vergleich: die tägliche inhaltliche Nutzungsdauer des Internets lag bei 89 Minuten. Quelle: Statista

Protestpotential ist vorhanden

Das Protestpotential gegen die politikaffine ARD ist so enorm, dass als Finanzierer mehrere Gruppen in Frage kommen: “Wutbürger”, erfolgreiche Youtube- und Social Media-Anbieter und last but not least die GEZ-Zahlungsverweigerer. Die spektakulären “Heldentaten” der letzten dürfen allerdings bezweifelt werden. Während die gesamten Gebühreneinnehmen 2016 mit 8,1 Mrd. € stabil blieben und bis 2020 um knapp 4% reduziert werden sollen, beläuft sich die Zahl der geschätzten Opponenten auf knapp 5 Millionen, oder 11% aller Beitragszahler. Also zahlen etwa zwei von drei Protestlern weiter die Gebühren. Würden nur 620 Tausend oder knapp 15% von diesem Personenkreis den Jahresbeitrag von 210 € in die Finanzierung umwidmen, wäre das Startkapital von 1,3 Mio. € gesichert.

Zur Absicherung gegen einen eventuellen Missbrauch seitens der Initiatoren/Gründer würde sich eine Treuhandkonstruktion für die gesammelten Gelder bis zur Erreichung der vorgenannten Summe anbieten. Bei einer Nichterreichung in einer vernünftigen Zeitspanne, von z.B. einem Jahr sollten die Gelder zurückgezahlt werden. Bis auf die überschaubaren Verwaltungskosten gäbe es für die Finanzierer keine Belastungen.

Diese formal simple Idee, dürfte in der Praxis auf mehrere Schwierigkeiten stoßen. Darüber soll in der  nächsten Beitragsfolge berichtet werden.

Viktor Heese – Dozent und Fachbuchautor www. börsenwissen-für-anfänger.de

Dr. Viktor Heese war 30 Jahre als Wertpapieranalyst im Bankensektor tätig. Heute arbeitet er als Dozent, Seminaranbieter und Fachbuchator freiberuflich (Themen: Kapitalmärkte, Fundamental- und Chartanalyse, Emerging Markets, IFRS).

Titelfoto: lukasbieri, pixabay

Weitere Beiträge von Viktor Heese

[1] Wikipedia
[2] https://deutscherarbeitgeberverband.de/aktuelles/2017/2017_07_17_dav _aktuelles_fernsehen.html
[3] http://ruhrkultour.de/buergerfernsehen-kostenvorbild-fuer-ein-unabhaengiges-fernsehen/

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