Beobachtungen aus dem Revier

1998 – 2016 Was ist vom Darmstädter Manifest zur Windenergienutzung geblieben?

Im Jahr 1998, als der Bestand an Windkraftanlagen weniger als ein Viertel des heutigen Bestandes betrug, der Durchmesser neu errichteter Windkraftanlagen meist unter 50 Meter lag, einige Windräder aber schon 120 Meter hoch waren, entschieden sich mehr als 100 Hochschullehrer und Schriftsteller, gegen den Ausbau der industriellen Windenergienutzung zu protestieren. Sie verfassten das “Darmstädter Manifest zur Windenergienutzung in Deutschland” und stellten es in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vor. Die Unterzeichner richteten ihre Warnungen an Politiker, Kulturträger, Umweltverbände und Medien.

Heute, nach 18 Jahren, wissen wir, dass sich der öko-industrielle Komplex nicht im geringsten für die negativen Folgen des forcierten Ausbaus von Windkraftanlagen interessiert. Selbst technisch kaum lösbare Probleme wie die Speicherung und Finanzierbarkeit des Zufallsstroms werden nicht diskutiert. Konzernbosse, auch die von Energie-Konzernen, unterschätzten das aggressive Potenzial der Grünen, der im Grunde deutschnationalen grünen Weltverbesserer, die Deutschland partout als Vorreiter in der Welt sehen wollen. Das Potenzial hat sich als eine explosive, zerstörerische Mischung aus Ideologie, Inkompetenz, Selbstüberschätzung, Macht- und Geldgier erwiesen. Zur Zerstörung der Umwelt kommt die Zerstörung einer funktionierenden Stromversorgung hinzu, die in der Deindustrialisierung Deutschlands und damit beim Verlust des Wohlstands münden wird. Die Deindustrialisierung ist bereits im Gange.

Die Ignoranz betrifft die Zerstörung der Landschaft ebenso wie die Gefährdung der Gesundheit, den Raubbau an Ressourcen, den Massentod von Zugvögeln, Greifvögeln und Fledermäusen, den Infraschall, das Entsorgungsproblem oder auch die ökologische Wüste, die von der Windindustrie außerhalb Deutschlands, in den Abbaugebieten von Neodym hinterlassen wird. Eon-Chef Teyssen sagte: “Ich glaube, die Atomlobby ist gegen das, was da läuft, ein reiner Mädchenchor gewesen.”

Das Darmstädter Manifest zeigt, dass offenbar nicht nur die Atomlobby ein Mädchenchor gewesen ist. Die Argumente der Windkraftgegner sind inzwischen durch glaubwürdige Quellen belegbar, aber ihr Chor ist zu sanft, wie der Rückblick auf 1998 zeigt. Das Darmstädter Manifest hat vor den Folgen der ständig wachsenden Zahl von Windkraftanlagen gewarnt. Ihre Zahl hat sich inzwischen mehr als vervierfacht. Die Unterzeichner kritisierten:

  • Die fortschreitende Zerstörung der Landschaft und des kulturhistorisch gewachsenen
    Erscheinungsbildes im Umfeld von Städten und Dörfern,
  • unzumutbare Belastungen für die Menschen,
  • große Immobilienwertverluste,
  • die Gefährdung der Tierwelt,
  • die Förderung einer Technologie, die für Energieversorgung, Ressourcenschonung und Klimaschutz völlig bedeutungslos ist,
  • die Vergeudung öffentlicher Fördermittel, die “wesentlich wirksamer zur Effizienzsteigerung der Kraftwerke, zum rationellen Energieverbrauch und zur wissenschaftlichen Grundlagenforschung im Energiebereich eingesetzt” werden könnten.

Die Unterzeichner forderten, dass der “Windkrafttechnologie alle direkten und indirekten Subventionen
entzogen werden” müssen. “Da wir zu dieser verhängnisvollen Entwicklung nicht mehr schweigen dürfen, wollen wir mit dem Darmstädter Manifest zur Windenergienutzung in Deutschland an die Öffentlichkeit treten und wenden uns vor allem an Politiker, Kulturträger, Umweltverbände und Medien.

Weltmacht

“Darmstädter Manifest zur Windenergienutzung in Deutschland”, 1998

Initiativgruppe-Darmstädter-Manifest_

1998 gab es in Deutschland 6.205 Windkraftanlagen

Der Ausbau der Windenergienutzung in Deutschland begann 1982 mit der Errichtung der ersten privaten netzgekoppelten Windenergieanlage (WEA) von Dietrich Koch in Mettingen, eine 20 kW-Anlage. Der eigentliche Boom der Windenergie erfolgte jedoch erst ab 1991. Die Grundlage für die positive Entwicklung der Windenergienutzung in Deutschland bildete das unter der CDU/FDP Regierung, mit breiter Zustimmung aller im Bundestag vertretenen Parteien, verabschiedete Stromeinspeisungsgesetz (StrEG). Es verpflichtete die Stromkonzerne zur Aufnahme des sauberen Stroms aus erneuerbaren Energien und schrieb für Windstrom eine Mindestvergütung von 90% „des Durchschnittserlöses je Kilowattstunde aus der Stromabgabe von Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) an alle Letztverbraucher“ vor.

Windkraftindustrie 2010 vor dem Kollaps?

2010 befand sich der deutsche Markt für Onshore-Windkraftanlagen nach Angaben des Bundesverband Windenergie (BWE) wieder auf dem Niveau von 1999. Als Grund für den Einbruch des Onshore-Marktes nannte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Spätfolgen der Finanzkrise für Großprojekte und Unsicherheiten bei Netzanforderungen an Windenergieanlagen. Hinzu kam nach Ansicht des BWE, dass trotz neuer Flächenausweisungen in einigen Bundesländern die Räume für Neuanlagen weiter beschnitten würden und Abstandsregelungen und Höhenbegrenzungen einen effizienten Ausbau der Windenergie an Land verhinderten.

Windjahre 1993 bis 2010

Trotz der inzwischen 21.000 Windenergieanlagen waren 2010 deren Erträge nach Zahlen des BWE die schlechtesten seit mindestens 17 Jahren. Die Daten beruhen auf den Ertragsmeldungen von Windenergieanlagen-Betreibern. Die Gründe sind laut heise.de unklar. Dafür kommen Netzprobleme, technisch bedingte Stillstände, Abschaltungen wegen Netzüberlastung und zu wenig Wind in Frage, Aufschlüsse darüber gibt es laut heise.de allerdings nicht.

BWE und VDMA hätten jedenfalls die Gelegenheit genutzt, einen Umbau der europäischen Netze für die Integration der erneuerbaren Energieträger zu fordern, berichtet heise.de am 26.01.2011. Außerdem hätten sie ausdrücklich vor der von der Bundesregierung über die vom deutschen EU-Energiekommissar Günther Oettinger betriebene Harmonisierung der Fördersysteme in der Union gewarnt (Werden Kohlekraftwerke unrentabel?).

Fukushima – die Rettung der Windindustrie?

Am 11.03.2011 kam der Windindustrie der rettende Zufall zu Hilfe: Ein Tsunami zerstörte ein japanisches Kernkraftwerk. Dies war der Anlass für ein propagandistisches Meisterwerk der Öko-Industrie und ihrer Lobby. Sie starteten mit Unterstützung grüner Politiker ein wahres Trommelfeuer gegen die Risiken und die angebliche Unbeherrschbarkeit der Kernenergie. Der Propagandaflut musste ein großer Teil der Bevölkerung mit ohnmächtiger Wut zusehen, oder er erlag ihr.

roth_fukushima

Vor Lügen schreckten fanatisierte Kernkraftgegner und die Windkraft-Lobby nicht zurück. 16.000 Tote seien durch den Unfall des Kernkraftwerks in Fukushima zu beklagen, behauptete Claudia Roth sogar noch 2013, obwohl ihr bekannt gewesen sein dürfte, dass kein einziger Mensch durch den Unfall des Kernkraftwerks, sondern durch einen gigantischen Tsunami ums Leben gekommen war.

Die Unwahrheit wurde über die Medien verbreitet, die zu einem großen Teil immer noch durch Tschernobyl verängstigte Bevölkerung fiel auf Claudia Roth herein, die ihre falsche Behauptung bis Heute nicht widerrufen hat. Am 30. Juni 2011 trug die Öko-Industrie den (vorläufig) endgültigen Sieg über die Bundeskanzlerin und die Bevölkerung davon: Der Bundestag beschloss in namentlicher Abstimmung mit großer Mehrheit (513 Stimmen) das „13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes“, das die Beendigung der Kernenergienutzung und Beschleunigung der Energiewende regelt.

Ende 2015 gab es in Deutschland 26.494 Windkraftanlagen.

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Seit dem Darmstädter Manifest sind 20.000 Windkraftindustrieanlagen hinzu gekommen. Sämtliche Warnungen von Fachleuten wie von Geschädigten über die negativen Folgen der immer höher, inzwischen bis auf 230 Meter gewachsenen Windkraftindustrieanlagen wurden in den letzten 18 Jahren von der Öko-Lobby ignoriert. Es ist dieser Lobby tatsächlich gelungen, große Bereiche der Landschaft und die Lebensqualität nachhaltig zu ruinieren und den Prozess der Zerstörung mit Unterstützung durch die an der Regierung beteiligten Parteien kaum behindert fortsetzen zu dürfen. Droht dem öko-industriellen Komplex irgendeine Einschränkung, ist das Geschrei riesengroß.

Er besteht auf Subventionierung ihres Geschäfts, jährlich derzeit etwa 25 Milliarden Euro. Eine der Kernaussagen des Manifestes: “Es wird eine Technologie gefördert, ohne deren Wirksamkeit und Folgen hinreichend abzuschätzen”, charakterisiert die rücksichtslose Marschroute des öko-industriellen Komplexes noch Heute. Um Klimawandel und Reduzierung der CO2-Emissionen geht es dem öko-industriellen Komplex nicht, sondern um die finanzielle Unterstützung eines Wirtschaftszweiges, der die Ideologie erfolgreich als Stilmittel nutzt, um sich als neue “Schlüsselindustrie” zu etablieren. NRW-Umweltminister Johannes Remmel, der sich als “Klimaschutzminister” titulieren lässt, sagt: “Die Windenergie ist eine Schlüsselindustrie in NRW und schafft wirtschaftliches Wachstum.” Durch diese neue “Schlüsselindustrie” ist der Prozess der Deindustrialisierung nicht aufzuhalten, denn Windkraft- und auch Photovoltaik-Anlagen können Chinesen schneller und billiger bauen.

Der NRW-Umweltminister hält Proteste, die gegen den Windkraft-Ausbau gerichtet sind, für Einzelfälle. Er benennt “Sorgen um den Wertverlust des Hauses in der Nähe einer Windkraftanlage, die Sorgen vor Belästigung durch Lärm oder Schlagschatten”, aber die seien meist lösbar, sagt er. Kein Protest, keine Unterschriftenaktion, nichts kann ihn von seiner Meinung abbringen: “Die Mehrheit der Menschen in NRW trägt die Entscheidung, die Energiewende dezentral mit erneuerbarer Energie zu vollziehen. Kurz gesagt: Energie aus der Region für die Region. Das ist unsere Geschäftsgrundlage.”

Dass es eine dezentrale Energieversorgung im Sinne autarker Stromversorgung nicht geben kann, sondern die Energiewandler untereinander vernetzt sind, sagt er nicht. Und dass die Bevölkerung kein Geschäft mit Herrn Remmel betreibt, übergeht er ebenfalls. Herr Remmel ist der Umweltminister und durch eine demokratische Wahl zum Amtsinhaber geworden, somit der Bevölkerung gegenüber verantwortlich, er ist nicht ihr Geschäftspartner. Folgt man aber Herrn Remmels Denkschema, dann fehlt dem Remmel-Geschäft auf jeden Fall die Unterschrift des Geschäftspartners. Somit wäre das Geschäft ungültig.

Der Widerstand gegen den massiven Ausbau von Windkraftindustrieanlagen wächst, aber er ist den anti-atomkraft-kampferprobten, inzwischen etablierten Grünen vielleicht lästig, motiviert sie aber nicht, den Weg des Windwahns zu verlassen. Der Widerstand ist einfach viel zu leise. Noch immer.

Das Darmstädter Manifest ist fast in Vergessenheit geraten, aber es gehört zu den wichtigen Dokumenten, die Generationen nach uns belegen werden, dass das Wissen von Fachleuten und Hochschullehrern in einer geschichtlich bedeutenden Phase um die Jahrtausendwende nichts gegen die geballte Macht einer gierig-dumpfen Öko- und Klimaschutz-Religion ausreichte, um den ökologischen, sozialen und finanziellen Niedergang Deutschlands zu verhindern.

Faina Faruz

Quellen:

Titelfoto: hpgruesen, pixabay

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