Die Viersener Gruppen „Omas gegen Rechts“ und „Die leise Mehrheit steht auf“ rufen auf zu einer friedlichen Demonstration „Für Demokratie – gegen Hass und Ausgrenzung“ in Süchteln am 02.03.2024. Darüber berichtete der Rheinische Spiegel am 22. Februar 2024.
Süchteln ist ein Stadtteil der Kreisstadt Viersen in Nordrhein-Westfalen mit rund 16.000 Einwohnern. Die Mitte der alten Weberstadt im Niederrhein bildet die 1856 gebaute katholische Pfarrkirche St. Clemens. Noch heute wird Irmgard von Süchtelen, die im 11. Jahrhundert lebte, wegen ihres gläubigen Lebens und ihrer tätigen Nächstenliebe als Stadtpatronin verehrt. “Irmgard” ist althochdeutsch und heißt “gute Frau im Haus”. Jedes Jahr im Herbst organisieren die Süchtelner die Irmgardis-Oktav, in der zu Ehren der Heiligen acht Tage lang verschiedene Veranstaltungen stattfinden.
Es gibt sicher noch mehr Positives über die ehemalige, 1970 nach Viersen eingemeindete Kleinstadt zu berichten, die tief in ihrer Tradition und dem Bekenntnis zur Nächstenliebe verwurzelt ist. In diese Tradition hätte sich auch die am 2. März geplante Kundgebung vor der katholischen Kirche St. Clemens einfügen können, wenn sie nicht selbst durch Ausgrenzung und Menschenverachtung ihre eigenen Ideale “für Demokratie, für Solidarität und Menschenrechte” zertreten hätte.
Einer der Redner sagte vor dem Kirchentor: “Das Grundgesetz wurde 1949 geschaffen, um nach dem Horror der Naziherrschaft die Rechte jedes Einzelnen gegenüber einem übergriffigen Staat zu schützen. Unsere Grundrechte sind nicht in Frage zu stellen und unveräußerlich. [Applaus] Dennoch wurden sie seit 2020 im Rahmen der Pandemie beschnitten und ausgehebelt. [“Buuuh”, “Geh nach Hause”, “Querdenker raus”]
Man nimmt dem Redner das Mikrofon weg. Siehe Video.
via https://t.me/rosenbusch/20115
“Wir wollen keine Beschränkung der Meinungsäußerung“, brüllen die Organisatoren. “Der zustimmende Jubel aus der Menge hallte durch die Süchtelner Innenstadt”, jubelt der Rheinische Spiegel und verleiht dem grausamen Spuk Rechtfertigung.
Anspruch und Wirklichkeit, Selbstbild und Fremdwahrnehmung klaffen auseinander. Es genügt ein Trigger, um einen vorab konditionierten Mob in Rage und Gleichschritt gegen seine menschlichen Wertvorstellungen zu bringen. “Omas gegen Rechts” sind nicht wie Irmgard, “die gute Frau im Haus”. Im Gegenteil: Sie bereiten den besonderen Boden, auf dem auch in beschaulichen Kommunen Rechthaberei, Lynchjustiz und Faschismus gedeihen können.
Titelbild: Screenshot
Nachtrag
Vollständiger Redebeitrag zum Nachlesen
veröffentlicht von Sascha Schmitz, Youtube:
“Danke für die Möglichkeit, hier das Wort zu ergreifen! Liebe Süchtelner!
Ich bin am Ende des letzten grauenhaften großen Krieges geboren und davon bis heute geprägt. Deswegen habe ich die ersten 71 Jahre wunderbarer Demokratie in Deutschland besonders genießen können. Ihre Sorgen um den Erhalt unserer Demokratie teile ich seit vier Jahren. Allerdings aus anderen Beweggründen, als sie heute hier in Reden und auf Plakaten vorgetragen werden.
Das Grundgesetz wurde 1949 geschaffen, um nach dem Horror der Naziherrschaft die Rechte jedes Einzelnen gegenüber einem übergriffigen Staat zu schützen. Unsere Grundrechte sind nicht in Frage zu stellen und unveräußerlich.
Dennoch wurden sie seit 2020 im Rahmen der Pandemie beschnitten und ausgehebelt, ohne dafür sachliche, mit Evidenz belegbare Gründe zu haben. Es gab im Bundestag nur wenige Politiker, die sich gegen diese Politik der beiden letzten Regierungen gestellt haben.
Obwohl unser Grundgesetz die Ausgrenzung von Minderheiten verbietet, wurden die Ungeimpften als Minderheit maximal ausgegrenzt. Das ist für mich eine schlimme Erfahrung, die unsere Gesellschaft noch lange beschäftigen wird.
Heute geht es Ihnen um Ausgrenzung oder gar Verbot einer im Parlament vertretenen Oppositionspartei, die für die desaströse Regierungspolitik der letzten Jahre keine Verantwortung trägt. Das ist besonders bemerkenswert deswegen, dass es der Regierung im Moment der größten Kritik an ihrer Politik während der Bauernproteste gelungen ist, von sich abzulenken und auf der Basis des Correctiv-Narrativs erfolgreich Massenproteste gegen die oppositionelle Minderheit anzuführen.
Wie Sie inzwischen sicher alle wissen, ist der Correctiv-Bericht als Basis der flächendeckenden Empörung über massenhafte Deportationen deutscher Staatsbürger nach ethnischen und kulturellen Kriterien in sich zusammengesunken. Dazu brauchen sie nur die Webseite von Correctiv zu öffnen. Wie gerichtlich gerade festgestellt wurde, handelt es sich bei Correctiv nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern nur um Meinungen und Wertungen, die durch die grundgesetzlich verbürgte Meinungsfreiheit gedeckt sind und nicht des Nachweises bedürfen.
Einfacher gesagt: es handelt sich um Hörensagen.
Ich möchte Sie deswegen auffordern, sich ein eigenes Bild vom momentanen Geschehen zu machen und sich nicht ungeprüft einer Bewegung gegen einen von der Regierung und den Mainstreammedien definierten gemeinsamen Feind anzuschließen, wie es vor zwei Jahren bereits gegen die Ungeimpften geschah. Damit handeln Sie demokratiebewahrend im Sinne des Grundgesetzes, nicht mit den heutigen Parolen.
Um mit einem Wort von Rosa Luxemburg zu schließen, dass sie 1918 formulierte, als sie wegen ihrer politischen Überzeugung im Gefängnis saß:
“Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden”.
Und um es mit einem berühmten Wort von Voltaire zu ergänzen:
“Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen!”
Ich möchte keine Demokratie nach augenblicklichem amerikanischen Vorbild mit zwei verfeindeten Lagern, sondern ich möchte eine Aufarbeitung der vergangenen vier Jahre mit nachfolgender gesellschaftlicher Versöhnung. Deswegen finde ich Ihr Motto “gegen Hass und Ausgrenzung” sehr berechtigt, jeder einzelne sollte allerdings darauf achten, dass es nicht gegen ihn selbst verwendet werden kann.
Wir dürfen uns nicht auseinander dividieren lassen!
Wir müssen die gesellschaftliche Spaltung überwinden!”