Die Agrarwende ist die neue grüne Religion – Energiewende war gestern

Für die Grünen rückt das Thema Energiewende weiter an den Rand. Dies ist sicher kein Zufall, denn die Energiewende ist am Ende und die Grünen, schlau genug, gehen rechtzeitig auf Distanz.

Foto: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Steigende Strompreise, Energiearmut, Deindustrialisierung und Flucht der Unternehmen ins Ausland sind genug Gründe, das Thema langsam und rechtzeitig zu wechseln, ohne den Irrtum widerrufen zu müssen; denn Schuld haben die anderen. Die Grünen haben sich auf ihrem Bundesparteitag am Wochenende in Hamburg zur neuen Bauernpartei erklärt: „Wir Grüne sind die Bauernpartei“, verkündete der Bundestagsabgeordnete Ostendorff.

Seit den letzten Bundestagswahlen reißen die Vorwürfe wegen der verfehlten Energiepolitik der Grünen nicht ab, wie man auf der Facebookseite der Grünen nachlesen kann. Über 500 Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen kann auch eine Partei, die mit Umwelt- und Naturschutz Sympathien und Wählerstimmen gewonnen hat, nicht einfach wegstecken.

“Die Agrarwende ist die neue grüne Religion”

Der Parteitag der Grünen habe sein Thema gefunden: “Die Agarwende ist die neue grüne Religion”, meint der Kölner Stadtanzeiger. Mit dieser Beobachtung steht  er nicht alleine. Fast allen Tageszeitungen, die über den Parteitag berichteten, war der Wandel zur Agrarpolitik eine Titelzeile wert.

Wirklich überraschend ist die Wende jedoch nicht: Die Grünen haben sich zum Thema Agrarwende schon längst in Stellung gebracht. Bereits sechs deutsche Landwirtschaftsministerien werden von ihnen geführt. Der Stadtanzeiger: “Die neuen Helden der Partei heißen Robert Habeck (Schleswig-Holstein), Johannes Remmel (NRW) und Christian Meyer, der es geschafft hat, der Union im lange tiefschwarzen Agrarland Niedersachsen das Agrarministerium abzujagen.”

 

Schneidewind

Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) hat seine Partei aufgerufen, Ernährung und Agrarwende „zu einem dauerhaften Schwerpunktthema“ zu machen. Meyer sagte der Redaktion der Neuen Osnabrücker Zeitung am Rande des Grünen-Bundesparteitages in Hamburg, die Agrarwende sei „mindestens so bedeutend wie die Energiewende“. Immer mehr Menschen übten Kritik an zum Teil „schlimmen Zuständen“ bei der Erzeugung von Lebensmitteln und wünschten sich eine ökologische Ausrichtung der Landwirtschaft.

Die neue Bauernpartei

Das Thema Energiewende ist nicht völlig aufgegeben, sondern kann für die neue Bauernpartei ein Zugpferd für Wählerstimmen aus dem Bereich der Landwirtschaft werden. Der Europaabgeordnete Martin Häusling ist überzeugt, dass die Grünen in der Agrarpolitik zum Meinungsführer geworden seien. Er habe seine Parteitagsrede mit dem Appell geschlossen: „Bauern, wenn ihr euren Arbeitsplatz erhalten wollt, dann nur mit uns!“, berichtet die NOZ

Die weltweit meisten Biogasanlagen stehen in Deutschland. Die insgesamt 8.000 Anlagen wurden Dank der Subventionen im Rahmen grüner Energiewendepolitik gebaut. Sie gehen praktisch als Aussteuer in die neue Liaison zwischen den Grünen und der Agrarwirtschaft ein. Für den starken Lobbyverband der Bauern, dem Deutschen Bauernverband, und den Fachverband Biogas sind die Biogasanlagen unverzichtbar: „Der Anbau von Energiepflanzen öffne den Landwirten Einkommensalternativen, stärke die regionale Wertschöpfung und schaffe eine größere Unabhängigkeit vom Geschehen auf den Weltmärkten, sagte Udo Hemmerling, Stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes.

Renate Künast begrüßt Agrarwende der Grünen

Eine durchgreifende Wende mit mehr Tierschutz und ökologischen Anbaumethoden wird auch von der früheren Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast begrüßt. Wie weit ihre Befürchtungen, die Agrarlobby werde sich mit aller Kraft gegen Machtverlust und Profiteinbußen zur Wehr setzen, zutreffen werden, wird sich zeigen. Die CDU werde zur Kenntnis nehmen müssen, dass die  Zustimmung für grüne Agrarpolitik wachse, sagt der schleswig-holsteinische Agrarminister Robert Habeck.

Die Agrarwende ist das neue Großthema der Grünen. Hofreiter habe sich gegen den tosenden Applaus der Teilnehmer
Gehör verschafft, der Jubel sei mehr als eine Sympathiekundgebung für Hofreiter gewesen: “Der Parteitag hat sein Thema gefunden, die Agrarwende. Sie ist das neue Großthema der Grünen, ach was, die neue grüne Religion.” Die Agrarwende sei so wichtig wie die Energiewende”, sagte Hofreiter.

Die Begeisterung und den tosenden Applaus für Toni Hofreiter kommentiert der Kölner Stadtanzeiger mit den Worten: “Jeder darf sich angesprochen fühlen, jeder darüber sprechen. Und alle sind betroffen”. Vielleicht drückt sich in dem Applaus auch die Erleichterung darüber aus, endlich dem Thema Erneuerbare Energien den Rücken kehren zu können und sich nicht mehr für die Natur- und Landschaftszerstörung durch Windkraftindustrieanlagen zur Rede stellen lassen zu müssen.

So werden sie sich wohl in Zukunft dem Thema “Gutes Leben – Grüne Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik”, das den gesamten Sonnabendvormittag beherrschte, und der ökologischen Landwirtschaft, ein urgrünes Thema und geradezu konstituierend für die Partei, widmen und den mächtigen Bauenrverband als Bündnispartner in Fragen der Subventionen für Erneuerbare Energien unterstützen.

Franz Aarhus

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