Medienmacht

Die Arroganz der Medienmacht – Kritik unerwünscht

Stefanie Hauer war bis vor wenigen Tagen die Geschäftsführerin der Lübecker Nachrichten. Sie verlor den Rückhalt bei der Konzerngeschäftsführung der Madsack Mediengruppe, zu der die Lübecker Nachrichten gehören, und wird das Unternehmen verlassen, berichtete das Medien-Onlineportal Meedia am 15. September 2015. Als Grund wird ihr Auftreten beim Journalistentalk mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bei einem Redaktionsbesuch der Lübecker Nachrichten Anfang September genannt. Das bei Facebook geteilte Video hatte im Social Web hohe Wellen geschlagen.

Stefanie Hauer hatte gegen Ende des Gesprächs den “hohen Besuch” von Martin Schulz in der Redaktion der Lübecker Nachrichten auf die Situation der Zeitungsverlage angesprochen. Die Verlage seien systemrelevant, sagte sie, und Martin Schulz stimmte ihr zu. Aber die Existenz der Verlage sei durch die schnelle Umsetzung des Mindestlohns und erhöhte Sozialabgaben für Zeitungszusteller (rund 10 Millionen Euro zusätzlich) gefährdet. Stefanie Hauer deutete an, dass Subventionsprogramme für die Verlage keine Lösung seien und verteidigte die Unabhängigkeit der Presse.

Sie sagte wörtlich, auf die Verlage bezogen: „Nachdem man sie an der anderen Stelle kaputtgemacht hat, muss man sie danach mit Subventionen aufpäppeln oder in eine bestimmte politische Richtung lenken, in dem man dann bei ihnen einsteigt. Das kann ja nicht die Antwort darauf sein.“

Aus der Sicht von Meedia war dies “ein unerklärlicher Fettnapf-Tritt der besonderen Art“. Ein Fehler, den die Arroganz der Macht niemals verzeiht und dem die Entlassung folgte. Ein besonderer Fehler, denn an der Madsack Mediengruppe ist die SPD-Medienholding ddvg beteiligt.

Schlechte Aussichten für den kritischen Journalismus

Stefanie Hauer hat den Betriebsfrieden gestört. Ob es stimmt, dass die Redakteure einen Grund für Fremdschämen sahen, wie Meedia behauptet, sei dahingestellt. Schließlich hat Stefanie Hauer auch deren berufliche Existenz und Glaubwürdigkeit verteidigt. Die nachträglichen Beschuldigungen gegenüber der Geschäftsführerin gehören allerdings notorisch zum Programm der Arroganz der Macht.

Moore

Meedia ergreift eindeutig Partei gegen Stefanie Hauer. Objektive Berichterstattung ist bei dieser Zusammenballung von Macht nicht zu erwarten. Der Onlinebranchendienst gehört der Verlagsgruppe Handelsblatt. Dieser wiederum gehört zur Dieter von Holtzbrinck Medien GmbH (DvH Medien). DvH Medien ist Anteilseignerin mehrerer bedeutender deutscher Medienunternehmen, dazu gehören laut Wikipedia die Tagesspiegel-Gruppe (u.a. Der Tagesspiegel), die Verlagsgruppe Handelsblatt (u.a. Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Absatzwirtschaft, Der Betrieb).

Zum Holtzbrink-Familienunternehmen gehört auch die GvH, die mit 50 Prozent an der Wochenzeitung Die Zeit und dessen operativer Führung beteiligt ist. Mit jeweils 50 Prozent sind die GvH und die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH an der Wirtschaftsdatenbank GBI-Genios beteiligt.

Schlechte Aussichten für den kritischen Journalismus.

Stefanie Hauer ist in das internationale Publishing-Board der Bauer Media Group (Hamburg) eingetreten (22.07.2019)

Titelfoto: MIH83, pixabay

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