Was wissen die US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten über die Wissenschaft? Die Kandidaten der beiden großen Parteien, Hillary Clinton (Demokraten) und Donald Trump (Republikaner), und die Grünen-Kandidatin Jill Stein beantworteten 20 Top-Fragen von Scientific American zu Wissenschaft, Technik, Technologie, Gesundheit und Umwelt, darunter auch die Frage zur Kernenergie. Clinton und Trump würdigten den Beitrag der Kernenergie zur Stromversorgung in den USA und bescheinigten ihr eine Zukunft, Stein würde den Ausstieg aus der Kernenergie einleiten.
Die Frage 11 von Scientific American beschäftigt sich mit der Kernenergie. Einleitend heißt es, dass die Kernenergie der Nachfrage nach Strom gerecht werde, ohne Treibhausgase zu produzieren, aber es stelle sich die Frage nach der nationalen Sicherheit und Umweltbelangen.
Frage: “Welchen Plan haben Sie für die Nutzung, die Erweiterung oder den Atomausstieg, und welche Maßnahmen werden Sie treffen, um nukleare Materialien über ihren gesamten Lebenszyklus zu überwachen, zu verwalten und zu sichern? (“Nuclear power can meet electricity demand without producing greenhouse gases, but it raises national security and environmental concerns. What is your plan for the use, expansion, or phasing out of nuclear power, and what steps will you take to monitor, manage and secure nuclear materials over their life cycle?”)
Hillary Clinton (Demokraten) antwortete auf die Frage, dass die Herausforderung durch den Klimawandel zu wichtig sei, um in diesem Kampf die Mittel, die zur Verfügung stünden, einzuschränken. Heute entfielen mehr als 60 Prozent der Null-Kohlenstoff-Stromerzeugung auf die Kernkraft und sei deshalb eines dieser Mittel. Sie werde daran arbeiten, um sicherzustellen, dass die Klimavorteile der vorhandenen Kernkraftwerke, deren Betrieb sicher sei, in angemessener Weise bewertet und die Investitionen in die Forschung, die Entwicklung und den Einsatz fortschrittlicher Kernenergie erhöht würden. Zugleich müsse weiterhin in die Sicherheit der Kernmaterialien in den USA investiert werden und die Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen verbessert werden. Die USA müssten auch versuchen, die Menge an nuklearem Material weltweit zu reduzieren und mit anderen Ländern zusammen zu arbeiten, um die Verwendung von waffenfähigem Material zu Gunsten ziviler Nuklearprogramme zu minimieren.
Hillary Clinton: “Meeting the climate challenge is too important to limit the tools available in this fight. Nuclear power—which accounts for more than 60 percent of our zero carbon power generation today—is one of those tools. I will work to ensure that the climate benefits of our existing nuclear power plants that are safe to operate are appropriately valued and increase investment in the research, development and deployment of advanced nuclear power. At the same time, we must continue to invest in the security of our nuclear materials at home, and improve coordination between federal, state, and local authorities. We must also seek to reduce the amount of nuclear material worldwide—working with other countries so minimize the use of weapons-grade material for civil nuclear programs.”
Donald Trump (Republikaner) hält die Kernkraft für eine wertvolle Energiequelle. Sie soll bis weit in die Zukunft hinein Teil eines Programms sein, das Amerika mit Energie versorgt. Die Kernkraft könne sicherer gemacht werden. Ihre Leistungen seien angesichts der Investition, die gemacht werden sollten, außergewöhnlich. Die Kernkraft sei ein integraler Bestandteil der Energieunabhängigkeit Amerikas.
Donald Trump: “Nuclear power is a valuable source of energy and should be part of an all-the-above program for providing power for America long into the future. We can make nuclear power safer, and its outputs are extraordinary given the investment we should make. Nuclear power must be an integral part of energy independence for America.”
Jill Stein (Grüne) beurteilt die Kernspaltungstechnologie als unsicher, teuer und schmutzig, vom Abbau von Uran bis zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente. Subventionen für die Atomindustrie würden sofort beendet und die Kernkraft würde über eine Zeitspanne von 10 Jahren auslaufen. Der vorhandene Atommüll werde vor Ort in Fässern endgelagert. Es werde keinen Transport von Atommüll geben.
Jill Stein: “Nuclear fission technology is unsafe, expensive, and dirty from the mining of uranium to the disposal of spent fuel. As such we will end subsidies to the nuclear industry immediately and phase out nuclear power over a 10 year timeline. Existing nuclear waste will be handled with onsite dry cask storage of high-level waste into perpetuity. No transport of nuclear waste.”
ScienceDebate.org und Scientific American
Der Aufwand im Zusammenhang mit dieser Befragung ist beachtlich: Die Fragen sind laut ScienceDebate.org von Dutzenden von wissenschaftlichen Organisationen entwickelt und verfeinert worden, die Dank eines Crowdsourcings mehr als 10 Millionen Wissenschaftler und Ingenieure repräsentierten. Die Leitung und Koordination liegt bei ScienceDebate.org, eine überparteiliche amerikanische Non-Profit-Organisation, die Wählern Informationen über die Bedeutung von Wissenschaft und Technologie in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und wirtschaftlichem Wohlergehen der Gesellschaft zur Verfügung stellen will, damit sie gegenüber Politikern, die sich um ein öffentliches Amt bewerben, auf Antworten insistieren können.
Scientific American, Medienpartner der Gruppe und eine der ältesten und weltweit angesehensten populärwissenschaftlichen Zeitschriften, ist für die im Vorfeld der Präsidentschafts-Debatte am 26. September laufende Bewertung der Antworten zuständig. Die Zeitschrift bittet ihre Leser und Zuschauer, insbesondere solche mit entsprechendem technischen Know-how, ihnen mit Analysen von einer oder zwei der Antworten der Kandidaten zu helfen. Die Stellungnahmen sollen in die Bewertung einfließen.
Die Antworten sollen nach dem Kriterium bestanden/nicht bestanden bewertet werden, wobei die folgenden Fragen leitend sind: Genügt die Antwort der gestellten Frage? Zeigt sie einen guten Informationsstand in Bezug auf den wissenschaftlichen Konsens zum Thema? Bietet die Antwort spezifische, tragfähige Details? Die Leser werden aufgerufen, ihre Antworten per E-Mail zu senden.
Die Organisatoren der Kandidaten-Befragung gehen davon aus, dass Politiker annehmen, wissenschaftliche Fragen seien so einfach zu beantworten wie die Begrenzung des Budgets für die NASA oder des National Institutes of Health (NIH) und nicht realisieren, dass die Einstellung zu oder Entscheidung über Wissenschaft und Forschung das öffentlichen Wohl beeinflussen, angefangen vom Wirtschaftswachstum bis zur Bildung und öffentlichen Gesundheit. Die Wähler sollen die Möglichkeit haben, zu wissen, wo die Präsidentschaftskandidaten stehen. Deshalb werden sie und die Journalisten von Scientific American aufgefordert, den Kandidaten und ihrem Kampagnenpersonal diese 20 Fragen beharrlich zu stellen.
Lesen Sie die Fragen und Antworten unten und lesen Sie die Auswertung am 22. September.
What-Do-the-Presidential-Candidates-Know-about-Science_-Scientific-AmericanTitelbild: 905513, pixabay
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