Beobachtungen aus dem Revier

Impact „Erneuerbarer Energien“ in die Biosphäre

Gastbeitrag von Rainer A. Stawarz

Angeregt durch kontroverse Diskussionen bei Facebook will ich den Sachverhalt, der das ganze ausgelöst hat, genauer untersuchen und zwar in Form folgender Rechenaufgabe im Rahmen unserer AG-Energetik:

Aufgabe: Man berechne den Impact der „Erneuerbaren Energien“ in die Biosphäre 😮

SchneiseFuerWKA
Quelle © BI Kaufunger Wald

Dem Leser ist wohl sofort klar, dass eine solche Aufgabe absolut atypisch ist für unsere AG Energetik. Denn eine Lösung in Form einer so kompakten Gleichung wie etwa beim Wachstum schwarzer Löcher wird es hier wohl kaum geben. Ja und was ist eigentlich der „Impact in die Biosphäre“? Wie können wir so was messen?

Nun, sicherlich bedeutet der „Impact“ (also „Einschlag“) in die Biosphäre deren mehr oder weniger nachhaltige Schädigung. Wenn für eine WKA beispielsweise eine breite Schneise in den Wald geschlagen werden muss, so bedeutet es einen solchen Impact, genauso wie im Falle eines KKW die Betonplatte (Welche Energiegewinne wir in den jeweiligen Fällen erzielen, steht freilich auf einem ganz anderen Blatt.. ). Man kann also den „Impact“ mit Fug und Recht als ein Maß dafür ansehen, wie umweltschädlich eine energetische Anlage ist. Offensichtlich gilt, je mehr Impact umso weniger „grün“ ist sie es.

Soweit so gut. Wie können wir dann den „Impact“ messen und quantifizieren? Das dürfte in der Tat ein aussichtsloses Unterfangen werden. Denn wie wollen wir Umweltschäden wegen der Schneise vom Kaufunger Wald (s. Abb. nebenan) mit denen der radioaktiven Exposition eines Kohlekraftwerkes beispielsweise vergleichen? Unsere Überlegungen müssen daher zunächst auf diesen noch so unmöglich scheinenden Vergleich abzielen, also müssen wir uns fragen, gibt es etwas, was diese beiden so unterschiedlich gearteten Impacts doch gemeinsam haben?

Hunde

Niederaussen
Kohlekraftwerk. Quelle © Wiki-Commons

Nun, zunächst ist klar, dass beide Impacts in dieselbe Biosphäre einschlagen und somit dieselbe Flora, Fauna, Landschaft und schlussendlich den Menschen schädigen. Folglich müsste es eine Korrelation zwischen dem Impact auf der einen und einer wie auch immer gearteten Schädigung des Menschen auf der anderen Seite geben. Da wir zunächst beide Kategorien nur als gefühlte (nicht etwa als exakt definierte, dimensionierte) Größen haben, können wir die Korrelation zwischen denen allenfalls nur rudimentär formulieren:

Lemma. Mit zunehmendem Impact in die Biosphäre nimmt die Schädigung des Menschen ebenfalls zu.

Der Beweis ist zumindest in den gefühlten Kategorien trivial. Denn der Mensch ist immer noch Bestandteil der Biosphäre (was so manchem „Grünen“ nicht mehr geläufig ist) und insofern mag wohl kaum jemand allen Ernstes bestreiten, dass schlussendlich eben der Mensch ist, der die zerstörte Waldlandschaft mit seiner Lebensqualität, Gesundheit und schlussendlich mit vorzeitigen Ableben, also dem Leben bezahlen muss.

Gerade der letzte Halbsatz liefert und das folgende überaus makabre Korollar:

Korollar: Mit zunehmendem Impact in die Biosphäre nimmt die Zahl der Toten ebenfalls zu.

DeadsPerKWh
Quelle © www.idigumining.com

Damit wären wir bei derjenigen Statistik – so makaber sie klingen mag – bittere Realität ist und die Anlass für die vorliegende Studie lieferte. Stimmten die Zahlen und wie kommt man auf diese? Zunächst scheinen die Zahlen deshalb belastbar zu sein, weil viele voneinander unabhängige Studien zu ähnlichen Resultaten gelangen – zumindest was die beiden Extrema anbelangt, d.h. Kohle – sowie Kernkraft. Und das geht so: Man zählt die zeitnahen Todesopfer der jeweiligen Betriebsunfälle, sowohl bei Betrieb als auch bei Rohstoff-gewinnung, Bereitstellung etc. zusammen, dann rechnet man noch die Opfer der Schadstoffemissionen und anderer „Impacts“ hoch und so kommt man stets auf diese oder ganz ähnliche Zahlen.

Und diese Zahlen überraschen nicht wirklich. Alleine die „radioaktive Exposition“ eines Kohlekraftwerkes stellt ein Kernkraftwerk regelrecht in den Schatten und die restlichen Emissionen – von SOx , NOx , über Schwermetalle, Feinstaub bis hin zu CO2 – kommen noch dazu. Dass sich diese Impacts um satte drei Größenordnungen unterscheiden, ist absolut klar.

Fessenheim
Centrale nucléaire de Fessenheim. Quelle © Wiki-Commons

Unklar wird es, wenn wir die Toten der EE’s betrachten, insbesondere die von Wind und Sonne. Laufen wir an einem Kernkraftwerk vorbei, der z.B. 2 GW (relativ konstant und verlässlich) liefert und stellen wir uns als „Alternative“ ca. 3’000 Windräder vor… Irgendwie mögen wir nicht so recht glauben, dass dieser monströs-zerstörerische Impact von 3’000 Windrädern mit dem eines Kernkraftwerkes vergleichbar sein kann. Da stimmt etwas nicht, aber was?

Die Antwort liefert uns die genauere Analyse eines ganz anderen Sachverhaltes, der als solcher so oft kommuniziert wurde, dass wir gar nicht mehr auf die Idee kämen, den zu hinterfragen: Es geht nämlich um die Zumessung des CO2-Ausstoßes für die einzelnen Energiequellen. Demnach ist der CO2-Ausstoß sowohl der Wind- als auch der Kernkraft durchaus signifikant über Null, obwohl wir uns beim Betrieb einer WKA allenfalls Spuren von CO2 vorstellen könnten (etwa wegen der Reibung im Getriebe etc.). Wenn wir dann noch feststellen, dass die deutschen Kernkraftwerke vielfach mehr CO2 ausstoßen, als deren französische Pendants, wird die Verwirrung nicht kleiner. Doch wie kommt es denn überhaupt zum CO2-Ausstoß der vermeintlich CO2-freien EE’s sowie der Kernkraft und vor allem, wie kommt es zu dazu, dass das „Centrale nucléaire de Fessenheim“ etwa 10-mal sauberer ist als z.B. das Kernkraftwerk Isar?

Erntefaktoren
EROI’s. Quelle © Institut für Festkörperphysik

Nun, die Antwort liegt in einer Überlegung, die unter methodischen Gesichtspunkten gar nicht zu beanstanden ist und zwar in dem ganzheitlichen Ansatz. Betrachtet man nämlich nicht nur den reinen Betrieb einer energetischen Anlage, sondern auch deren Herstellung, Inbetriebnahme (samt Beschaffung von Rohstoffen, Aufwendung von Primärenergie etc.) bis hin zu den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Stilllegung, Entsorgung etc., so stellt man fest, dass es sich um beträchtliche Energiemengen handelt, die als solche nur aus dem allgemein verfügbaren Energiemix kommen können. Und das ist es!

Gewiss könnte sich gerade die Kernkraft im Sinne der Gestehungsenergie (theoretisch) selbst versorgen, was jedoch blanke Theorie wäre. Denn der Energiemix ist nun mal so wie er ist, von Land zu Land unterschiedlich, also müssen wir die Gestehungsenergie (im Wesentlichen Primärenergie) aus dem vorhandenen Energiemix bestreiten. Und dieser ist hierzulande zu 4/5 durch Kohle geprägt… da hilft nichts

Doch wieviel beträgt denn diese „Gestehungsenergie“? Nun, die Antwort ist (definitorisch) am EROI ablesbar. Setzen wir z.B. für die Windkraft EROI=4, so müssen wir auf jede TWh erzeugter Energie 250 GWh Primärenergie rechnen, wovon 4/5 auf die Kohle entfallen!

Und hier liegt wohl der Hund begraben! Eine einfache Berechnung zeigt nämlich, dass sowohl der CO2-Ausstoß als auch der Impact im Allgemeinen für die EE’s falsch berechnet worden sind und zwar losgelöst von dem Energiemix. Definitorisch gilt nämlich für den Impact hierzulande:
mathtex, wenn wir das restliche Fünftel der Gestehungsenergie vollkommen ohne Impact annehmen!

Für unsere Windkraft heißt es beispielsweise:

mathex_2

 

 

Nun ist zwar eine PWh (Petawattstunde) eine Menge Energie – dennoch bedeutet es bei der Windkraft 34 Tote per TWh! Wenn also z.B. „alpha ventus“ an die 250 GWh jährlich Strom produziert, dann dürfen wir nicht vergessen, dass – selbstverständlich nur rein statistisch gesehen – 8 Personen diesen „sauberen“ Strom mit ihrem Leben bezahlen und beim Windpark „Amrumbank West“ werden es schon an die 20 Personen sein – und das Jahr für Jahr!

Für die Sonnenenergie sieht es noch weitaus schlimmer aus:

mathex_3

 

 

Auch hier muss man sich bei so manchem Vorzeigeprojekt fragen, wie viele Menschen diese „Ökologie“ mit ihrem Leben bezahlen – auch und insbesondere als stolzer Besitzer einer PV-Anlage?

Weitere Impact-Berechnungen seien dem Leser überlassen. Vorstellbar wäre z.B. eine Gewichtung über den gesamten Energiemix hindurch (nicht nur über die Kohle) oder auch eine Berechnung des Impacts unter französischem Energiemix.

 

Rainer A. Stawarz

Dieser Beitrag ist zuerst auf dem Doku-Portal „AG Energetik“, einem “Netzwerk für wissenschaftliche Aufklärung auf dem Gebiet der Physik und Energetik”, veröffentlicht worden. 

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