Beobachtungen aus dem Revier

Wer ist denn so verrückt, den Krieg zu wollen?

Rainer Kahni, Gottfried Böhmer und Jürgen Todenhöfer gehören zu den Menschen, die den Krieg zur Lösung von Konflikten vehement ablehnen. Sie schreiben regelmäßig für die Gesellschaft Freunde der Künste, ein 1997 gegründeter privater Verein für Kulturförderung. Ihr Artikel zum Syrien-Krieg wurde zuerst auf der Homepage der Freunde der Künste (GFDK) veröffentlicht.  

04.12.2015 Beihilfe zum Selbstmord

Deutschland zieht in den Syrien-Krieg – und die “FAZ” bläst zum Krieg gegen Russland

Alle schreien nach Krieg – Hat das jemand zu Ende gedacht? Jürgen Todenhöfer ist unmittelbar nach der Abstimmung nach Syrien geflogen.
Von: Rainer Kahni, Gottfried Böhmer und Jürgen Todenhöfer

Merkel und Steinmeier ziehen Deutschland in den Krieg, und das Volk schweigt? 445 Abgeordnete votierten am Freitag für den Kriegseinsatz deutschlands im Syrien-Konflikt. Dagegen waren lediglich 145. Nur “Die Linksfraktion” stimmte geschlossen mit Nein. Die Zusagen kamen fast ausschließlich aus dem Merkel, Steinmeier Koalitionslager. Soviel Zustimmung bekam noch nicht mal Adolf Hitler zu seinem Ermächtigungsgesetz. Merkel will es diesmal schaffen.

Waren die Paris‬ ‎Anschläge‬ nur ein Vorwand für den Großen Krieg? Krieg in Syrien‬ aber gegen ‪Russland‬? Alles läuft nach “9/11”-Drehbuch: Auf inszenierte ‪Terror‬-Akte folgt der ‪‎Notstand‬, dann der ‎Polizeistaat‬ und dann der “Krieg gegen den Terror”. Mit Armeen aus 60 Staaten gegen eine handvoll selbstgezüchteter Wüstenflöhe am Arsch der Welt.

Syrien, Land der Tränen

Jürgen Todenhöfer meldet sich aus Syrien: Liebe Freunde, seit Sonntag bin ich in Syrien. Einem Land unendlicher Trauer. Die Menschen hier sehnen sich nach Frieden. Sie können nicht mehr. Nur wenn wir in Syrien und im Irak Frieden schaffen, kann der IS geschlagen werden. Westlichen Politikern bin ich hier nicht begegnet. Anstatt sich vor Ort um Frieden zu bemühen, schicken sie Waffen, Bomber, Tornados. Niemand hilft den Syrern wirklich. Scheißkrieg!

RainerKahni

Rainer Kahni schreibt: Von meiner Grundeinstellung her bin ich kein Pazifist. Ich würde meine Familie, meine Freunde, meine Nachbarn und mein Eigentum mit jeder mir zur Verfügung stehenden Waffe gegen einen Angriff verteidigen. Auch die vielen angeblichen Pazifisten, die sich mit lächerlichen Mahnwachen und Lichterketten als Gutmenschen outen, sind in Wirklichkeit ohnmächtige Feiglinge, die sehr wohl gewalttätig werden könnten, wenn ihnen ihr Fahrrad geklaut würde. Pazifismus, der nichts kostet und keinen Mut erfordert, ist wohlfeil.

USA haben das Oberkommando

Doch uralte schrottreife Tornados in einen völlig unübersichtlichen, aus dem Ruder gelaufenen Krieg nach Syrien zu schicken, ist Beihilfe zum Selbstmord an den Piloten und unverantwortlich. Erstens nützt dieser Einsatz militärisch nichts, denn die Aufklärung wird bereits gestochen scharf von den russischen und amerikanischen Satelliten geliefert und zweitens ist das nur kindische Symbolpolitik, um eine angebliche Solidarität mit Frankreich zu demonstrieren, die aber in Wahrheit nichts wert ist.

Der Elyséevertrag zwischen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer aus dem Jahre 1963 ist längst Makulatur und nationalen Egoismen gewichen.

Wenn Deutschland wirklich ein Interesse an Frieden in Syrien hätte und nicht nur Symbolpolitik heucheln würde, dann würde es sofort ein Waffenembargo gegen die Golfstaaten und Saudi Arabien verhängen, es würde den Antrag stellen, die Türkei aus der NATO auszuschliessen, es würde im NATO – Rat beantragen, dass die Öl – Raffinerie auf türkischem Hoheitsgebiet, über die der IS seine erbeuteten Rohölvorkommen für wöchentlich 40 Millionen US – Dollar verkauft, militärisch unbrauchbar gemacht wird.

Es würde ein Embargo gegen die sehr wohl bekannten internationalen Banken durch UN – Beschluss erwirken, über die die ISIS ihre Finanzgeschäfte abwickelt. USW.USW.

Das wäre ehrliche Politik, alles andere ist scheinheilig, fruchtlos, nutzlos und sinnlos

Der glorreiche schrottreife Rest der deuschen Luftwaffe wird für die Galerie der angeblichen deutsch – französischen Freundschaft geopfert. Kriminellen wird ein Krieg erklärt und damit völkerrechtlich aufgewertet. Alles nur für die Galerie.

Der Einsatz von Tornados in Syrien ist sinnlos, nutzlos, fruchtlos und charakterlos. In der Ukraine wurde wegen der Krim – Annektion das Völkerrecht wie eine Monstranz gegen Russland zelebriert. In Syrien ist das Völkerrecht und das deutsche Grundgesetz scheißegal.

Die “FAZ” bläst zum Krieg gegen Russland

Kriegsaufruf in der “FAZ”: Russland ist der große Gegner, nicht der IS. “Einem Krieg, den der Gegner unbedingt will, kann man nicht ausweichen.” Überall lauern schon die Agenten Moskaus, in Regierungen, Parlamenten, Konzernetagen. Russland bereitet Massaker in Syrien vor, ein unvorstellbares Gemetzel wird Putin schon in wenigen Wochen anrichten. Dann muss der Westen ohnehin eingreifen. Wer mit Moskau paktiert, der begeht Selbstmord. Ein Artikel aus der politischen Klapsmühle oder eine Auftragsarbeit. “Journalismus” in Deutschland.

Alle schreien nach Krieg – Hat das jemand zu Ende gedacht?

Sahra Wagenknecht: “Im so genannten syrischen Bürgerkrieg kämpfen derzeit unter anderem al-Quaida, Bahrain, Frankreich, die Freie Syrische Armee, Großbritannien, Hisbollah, der Iran, ISIS, Israel, Jordanien, Kanada, Katar, mehrere kurdische Gruppen, Russland, Saudi-Arabien, die Syrische Armee, die Türkei, die USA und die Vereinigten Arabischen Emirate. Das Ergebnis bisher: ein komplett zerstörtes Land, über 10 Millionen vertriebene Menschen, rund eine Viertel Million Tote, ein erstarkter IS und eine erreichte Eskalationsstufe, die immer mehr den Weltfrieden gefährdet. Welchen Sinn hat es, dass sich jetzt auch noch Deutschland beteiligt? Ich sage: Nein zum geplanten Einsatz. Nein zu noch mehr Terror und noch mehr Krieg”.

Demonstrationen gegen Kriegs-Einsatz in Syrien

5000 Demonstranten in London, 6000 in Madrid und weitere 3500 in Barcelona wollen keinen Krieg in Syrien. In Großbritannien und in Spanien sind am Samstag tausende Menschen aus Protest gegen den Kriegseinsatz ihrer Länder in Syrien auf die Straße gegangen. London und Madrid wollen sich innerhalb der Nato-Koalition stärker militärisch engagieren. Es sollte niemanden wundern das man darüber in Deutschland weder im TV noch in der Presse ein Wort verloren hat.

„Dies ist ein Konflikt, der nicht durch Bomben gelöst werden kann und wird“, sagte der Vorsitzende des Friedensbündnisses, Andrew Murray, in London. Prominente Persönlichkeiten wie der Musiker Brian Eno und der Filmregisseur Ken Loach unterzeichneten einen offenen Brief gegen eine Beteiligung am Krieg in Syrien.

François Hollande hatte die britischen Parlamentarier am Freitag zur Zustimmung zu den Militärangriffen aufgerufen. „Ich kann nur alle britischen Abgeordneten aufrufen, in Solidarität mit Frankreich, aber vor allem im Bewusstsein für den Kampf gegen den Terrorismus, dieser Intervention zuzustimmen“.

Der Deutsche Militäreinsatz ist ein gefährlicher Aktionismus

“Mit dem Einstieg in den Syrien-Krieg überschreitet die Bundesregierung ihre selbstgesetzte rote Linie. Mehr noch: Ohne Exit-Strategie droht ein jahrelanges militärisches Abenteuer”, meint Andreas Flocken. “Die überstürzte Intervention erfolgt ohne ein politisches Konzept”. Auch Jürgen Todenhöfer schreibt an seine Freunde:

“Liebe Freunde, die Hamburger und Kieler stimmten über die Olympiabewerbung 2024 ab. Darüber aber, dass Merkel und Steinmeier – wie absolutistische Potentaten – jetzt in den Krieg ziehen wollen, darf das Volk nicht abstimmen. Obwohl in Artikel 20 Grundgesetz steht: “Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird in Wahlen und (Volks-) Abstimmungen … ausgeübt.”
Doch Volksabstimmungen gibt es bisher nur in Ländern und Kommunen. Wir sind eine unvollständige Demokratie. Das Volk hat letztlich nichts zu sagen. Das müssen wir ändern. Und mehr Demokratie wagen. Zumindest in der Frage von Krieg und Frieden. Keiner der Abgeordneten, die in den nächsten Tagen über eine Beteiligung Deutschlands am Bombenkrieg gegen den IS abstimmen werden, war in den letzten vier Bürgerkriegsjahren in Syrien. Sie haben nicht die geringste Ahnung vom IS. Sie wissen nicht, dass der IS West und Ost zu chaotischen Überreaktionen provozieren will, die dann zu lebensgefährlichen Zwischenfällen führen, wie dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch ein NATO-Land. Wissen sie auch nicht,
– dass die hirnrissige Bombardierungsstrategie viel mehr Zivilisten tötet als Terroristen? Seit 9/11 1.3 Mio.
– dass wir damit weiter Terroristen züchten? 100. 000 bisher.
– dass die Zahl der Flüchtlinge in Europa weiter steigen wird? Auf 3 Mio., 10 Mio.?
– dass die Terrorgefahr bei uns auch wachsen könnte? Weil maßvolle Außenpolitik bisher unser bester Schutz war.
– dass das vom Westen verursachte Chaos im Mittleren Osten schnell zu einem weltweiten Konflikt ausarten kann? Wie 1914, als ignorante europäische Politiker schon einmal in einen ungewollten Weltkrieg hineinschlitterten. Mit 17 Mio. Toten.
Berlin spielt mit dem Feuer. Ohne das Volk zu fragen. Wir brauchen daher eine Volksabstimmung. Oder Neuwahlen. 14 Jahre Terrorismus züchtende ‘Antiterrorkriege’ sind genug. Man kann und muss den IS bekämpfen. Weiß Gott! Zum Beispiel, indem wir in Syrien und im Irak Frieden schaffen und dadurch dem IS die Verbündeten entziehen. Die Idee, den Terrorismus mit Kriegen auszuschalten, ist seit 14 Jahren ununterbrochen gescheitert. ‘Wahnsinn ist immer wieder das Gleiche zu tun und trotzdem andere Ergebnisse zu erwarten.’ Dürfen wir Berlin diesen Wahnsinn erlauben – in der Frage von Krieg und Frieden?”

Ja, die Abgeordneten des Bundestags hatten wenig Zeit, über den Syrien-Einsatz zu diskutieren – doch das Parlament hat sich auch selbst zur Abstimmungsmaschine degradiert. Darin sieht Arnd Henze einen politischen Offenbarungseid.

NATO und Brüssel provozieren Moskau, ausgerechnet jetzt

Mittwoch 2. Dezember 2015 – Das “Militärbündnis” setzt seine Erweiterungspolitik fort: Montenegro erhielt am Mittwoch eine Einladung zum Nato-Beitritt. Moskau reagierte prompt. Kremlsprecher Dmigtrij Peskow kündigte eine deutliche Antwort Moskaus an: Die russische Führung werde die Situation analysieren und darauf reagieren.

In einem Interview im Rahmen der Promotion für den letzten Hunger Games-Spielfilm hat sich der weltbekannte Schauspieler Donald Sutherland (er verkörpert in der Filmreihe den Präsidenten Coriolanus Snow) nicht regelkonform geäußert. Donald Sutherland sagte:

“Es geht um die Hintergrundmächte in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es sind Profiteure. Kriege werden um Profit geführt. Es geht nicht darum, die Welt der Demokratie wegen zu retten. Nein, Bullshit, es geht um den Profit der oberen 10 Prozent. Und die jungen Menschen, die diesen Film sehen müssen begreifen, dass blindes Vertrauen in ihre Führer in Zukunft – wie Bruce Springsteen gesagt hat – dich fertig machen wird.”


Rainer Kahni, besser bekannt als Monsieur Rainer, ist Journalist und Autor von Polit – und Justizthrillern. Er ist am Bodensee aufgewachsen, lebt jedoch seit vielen Jahren in Paris und bei Nizza. Seine Muttersprache ist deutsch, seine Umgangssprache ist französisch. Er ist Mitglied von Reporters sans frontières und berichtet für Print – Radio – und TV – Medien aus Krisengebieten.
Gottfried Böhmer ist seit 1997 künstlerischer Direktor der Gesellschaft Freunde der Künste und Redaktionsleiter der GFDK.
GFDK ist ein unabhängiges Nachrichtenportal mit einer etwas anderen Sichtweise auf das Weltgeschehen.

Weiterführende Links:

Titelfoto: Iyad, pixabay


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