Befangenheit: Das Urteil des Landgerichts Erfurt gegen Christian Dettmar

Das schriftliche Urteil des Landgerichts Erfurt gegen Christian Dettmar wurde bisher nicht veröffentlicht, liegt dem Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.. (KRiStA) aber vor. Allgemein zugänglich ist auf der Webseite eines der Verteidiger des Angeklagten eine professionelle stenografische Mitschrift der mündlichen Urteilsbegründung.

Der einzige Vorwurf, der der Kammer zufolge von der Anklage übrigbleibt und der die Verurteilung wegen Rechtsbeugung tragen soll, ist laut KRiStA der der Voreingenommenheit und Befangenheit.

Bei der Auswahl der Sachverständigen habe Christian Dettmar keine Objektivität walten lassen, heißt es in dem Urteil, sondern diese ergebnisorientiert ausgewählt. Insgesamt sei das Verfahren von ihm nicht ergebnisoffen geführt worden. Und schließlich sei er auch befangen „aufgrund seiner vorgefassten Auffassungen zu der SARS-CoV-2-Pandemie und der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen“.

Aus der Sicht von KRiStA ist der Vorwurf absurd. “Die Kammer behauptet tatsächlich, der Angeklagte hätte in dieser Sache nicht entscheiden dürfen, weil er sich im Vorfeld bereits intensiv mit der Coronakrise und insbesondere den Coronamaßnahmen auseinandergesetzt und sich eine Meinung dazu gebildet hatte. Wenn das stimmen würde, dürften auch Richter, die wissenschaftliche Literatur über illegale Drogen gelesen haben und sich eine Meinung zum Thema gebildet haben, kein Betäubungsmittelverfahren mehr führen. Das ist so absurd, dass man dazu gar nichts weiter sagen muss. Es stellt sich allerdings die Frage, warum der Kammer die Absurdität nicht selbst auffällt.”

“Das alles kann man Befangenheit nennen und es ist eine bittere Ironie des Verfahrens, dass hier Richter, denen es selbst an der notwendigen Objektivität, inneren Unabhängigkeit und Souveränität für ein hochpolitisiertes Strafverfahren fehlte – wobei sie sich insofern aber sicher keine Sekunde lang im Verdacht hatten –, über einen Kollegen zu Gericht saßen und ihn wegen (angeblicher) Befangenheit zu einer Strafe verurteilten, die bei Rechtskraft den Verlust seiner beruflichen Existenz bedeuten würde.”

“Es gibt keine Rechtspflicht für Richter, bei der Leitung eines Verfahrens unbefangen zu sein.”

Christian Dettmar wurde von der 2. Strafkammer des Landgerichts Erfurt zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Rechtsbeugung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Titelbild: 2541163, pixabay


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