„Wahnsinn und Genie gehen Hand in Hand“ dichtete Udo Lindenberg schon 1975. 40 Jahre später hat diese Erkenntnis im Angesicht der kanzlerverordneten Energiewende nichts an Aktualität eingebüßt. 500-Milliarden-Euro-Subventionen für sogenannte „erneuerbare“ Energien hier, Abschaltung der Kernkraftwerke dort und kein Endlager für abgebrannte Atombrennstäbe in Sicht. Genial ist das alles kaum – eher der Wahnsinn?
Feigheit und Verlogenheit
Seit 1963 läuft die Suche nach Endlagern für radioaktive Abfälle in Deutschland (Zweites Atomgesetz). Seit Ende der 60er Jahre werden Lösungen dafür von der Anti-Atomkraftbewegung in einer hoch emotionsgeladenen Dauerkampagne politisch bekämpft, und „die Politik“ ist noch jedesmal eingeknickt. Endlager ja – aber bloß nicht in meinem Sprengel, denkt da der Abgeordnete. Sankt Florian herrscht. Derweil wird fleißig zwischengelagert.
Kommissionen in immer neuer Zusammensetzung bringen Prüfauftrag nach Prüfauftrag auf den Weg. „Ergebnisoffen“ muss die Suche natürlich sein. Das klingt gut, hat aber bisher letztlich zu nichts geführt. Diese Hängepartie nutzt vor allem zwei Lagern: Den Politikern, weil sie in ihrem jeweiligen Wahlbezirk keine unappetitlichen Entscheidungen rechtfertigen müssen.
Und es hilft der Anti-Atomkraft-Bewegung. Der Zustand verschafft ihr die Perspektive für ihre Existenzberechtigung auch über den Zeitpunkt der Abschaltung des letzten KKW hinaus. Denn gegen Standorte einer Endlagerung von bösem Atom läßt sich noch auf Jahrzehnte prächtig mobilisieren, demonstrieren, agitieren. Zwar wird die Notwendigkeit einer Endlagerung auch von den Anti-KKWlern grundsätzlich anerkannt („Das Zeug muß weg“). Doch wird ein Standort konkret, heißt es auch bei diesen Aktivisten: aber gerade hier auf keinen Fall. Verlogener geht´s kaum – auf beiden Seiten.
2075 – oder so
100 Jahre nach Lindenberg soll nach dem ergebnisoffenen Prüfverfahren nun eine Lösung in Sicht sein. „ Am Donnerstag hat die vom Bundestag im April eingesetzte Endlagerkommission zum ersten Mal getagt“, ließ die Bundesregierung am 22.Mai 2014 stolz verkünden und, die Presse berichtete tagsdrauf entsprechend. Aha, da tut sich jetzt was, mag man denken. Aber: „Zum ersten mal getagt?“ Seit 1963? Das klingt irgendwie komisch. Damit der Bürger jedoch nicht zu schnell in Euphorie über so viel Tatendrang oder wahlweise in Schockstarre über ein nahendes Endlager vor seiner Haustür verfällt, wurde zwischenzeitlich das Tempo definiert. Vor 2031 werde eine Standortauswahl kaum erfolgen, so Kommission und Bundesregierung. Es könne aber auch noch bis 2075 dauern, so einzelne Kommissionsmitglieder. Na dann schau´n wir mal. Denn: ist ein Standort erst einmal ausgewählt oder gar bestimmt, werden sich Proteste und jahrelange Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anschließen. Die Anti-Atom-Bewegung läßt grüßen.
Am deutschen Wesen oder Neue Atomtechnologie ?
Bis 2022 soll nach derzeitiger Gesetzeslage („Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes“) das letzte KKW in Deutschland vom Netz gehen. Dann sollen die Atommeiler, nach bestimmten Abklingphasen, „rückgebaut“ werden, wie es neudeutsch und politisch korrekt heißt. Auf gut Deutsch: sie werden abgerissen. Und auch das muß entsorgt werden, wenngleich heute noch niemand weiß, wann und wohin. Siehe oben.
Derweil Deutschland aus Angst vor „bösem“ Atomstrom und „schädlichem“ CO2 mit hunderten von Milliarden Euro in einem weltweit einzigartigen Großversuch an dem Umstieg auf landschaftsverschönernde Windräder und Fotovoltaikanlagen herumexperimentiert (Deutschland – The Sun Shine State), lacht sich das Ausland über den deutschen Sonderweg schlapp: eine führende Industrienation zerstört mutwillig ihre Zukunftsfähigkeit durch eine weltweit beispiellose Fehlinvestition.
Unterdessen werden allerorten neue Atomkraftwerke gebaut und fortschrittliche Techniken für eine verbesserte und risikoarme Atomnutzung entwickelt. Nämlich mit modernen Kernreaktoren, die die gefährlichen und langlebigen Transurane (Plutonium, Americium, Neptunium) weiter spalten. Dadurch wird deren Energie friedlich nutzbar gemacht, und diese Elemente werden in kurzlebige, vergleichsweise harmlose Spaltprodukte zerlegt, die schon binnen 300 Jahren Lagerung auf das Strahlungsniveau von Natururan abklingen. Da stellt sich die Endlagerfrage zukünftig ganz anders dar. Beispiele hierfür sind etwa der russische BN-800 Reaktor (bereits in Betrieb in Rußland), der indische „schnelle Brüter“ vom Typ PFBR oder der Prism-Reaktor von GeneralElectric-Hitachi.
Ökostrom Republik Deutschland
Während Deutschland sich also seiner vormals führenden Atomtechnologie entledigt und im zeitlichen Nirgendwo an der Endlagerlösung herumdilettiert, schaltet man international nicht die Atomkraftwerke ab, sondern das Hirn ein. Weiterer Vorteil: die CO2-Hysterie, die ohnehin und besonders in Deutschland von hochsubventionierten Spezialisten des Klimawandels stilisiert wird, kann so kuriert werden. Atomkraftwerke stoßen bekanntlich kein CO2 aus. Darüber hinaus liefern sie Strom stabil und nicht nach Wetterlage.
Zurück zu Lindenberg. Während in Deutschland also energiepolitisch der Wahnsinn exekutiert wird, hat man sich außerhalb der Ökostrom Republik Deutschland auf das Genie besonnen.
Bis neulich.
Dietrich Kantel
Dieser Artikel ist zuerst bei rantlos.de erschienen.