Sicherheit: “Atomkraftwerke sind nicht gegen Flugzeugabstürze geschützt”

Behauptung

“Als Biblis gebaut wurde, hatte niemand damit gerechnet, dass jemand mal ein Flugzeug als Bombe benutzen würde. Seit dem 11. September 2001 wissen wir, dass es Menschen gibt, die zu allem bereit sind. Seitdem schwebt eine mal mehr, mal weniger konkrete Terrorgefahr wie ein Damoklesschwert über uns. Was, wenn sich terroristische Gruppen ein Atomkraftwerk als Ziel aussuchen? Fakt ist: die Sicherheitsbehälter vieler deutscher Atomkraftwerke würden nicht einmal dem Absturz eines Kleinflugzeugs standhalten. Von einem Passagierflugzeug oder einem Raketenangriff ganz zu schweigen. Ein solcher Angriff würde unweigerlich zur Kernschmelze führen. Die freigesetzte Strahlung wäre für die Bevölkerung im weiten Umkreis des Atomkraftwerks tödlich. Nicht auszumalen, was so etwas für die Rhein-Main-Neckar-Region in unmittelbarer Nähe von Biblis bedeuten würde.” (Bündnis 90/Die Grünen, 20 Fakten über Atomkraft)

Erwiderung

Die Angst vor einem Terrorangriff auf Atomkraftwerke weist uns zuallererst darauf hin, dass wir die Eskalation der Gewalt und das Führen von Kriegen auf fremden Boden sofort beenden müssen. Terror ist eine Reaktion, keine Ursache. Vor allem ist die angebliche Terrorgefahr keine Generalvollmacht für politische Fehlentscheidungen bezüglich der Kernenergie. Unsere Wasserversorgung ist durch einen chemischen Angriff mehr gefährdet als jedes Atomkraftwerk durch einen Flugzeugabsturz.

Statistisch gesehen muss ein deutsches Kernkraftwerk alle 1,6 Millionen Jahre mit einem Treffer durch ein Verkehrsflugzeug rechnen. Selbst für die sieben älteren Reaktortypen, die nicht explizit gegen Flugzeugabstürze gesichert sind, führt dies nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 15% zum Durchschlagen der äußeren Hüllen. Die neueren Reaktoren haben deutlich dickere Außenwände, der EPR, den Deutschland maßgeblich mitentwickelt hat, aber nun nicht mehr haben will, sogar eine Doppelwand.

Selbst wenn das Flugzeug ein Loch reisst und es innen zu Bränden und Kühlmittelverlust käme – eine Kernschmelze zu bewerkstelligen ist extrem schwierig, da die Sicherheitsvorrichtungen überall verteilt sind. Die mehrere Meter dicke innere Barriere (biologischer Schild und Reaktordruckbehälter) schirmt den schmelzenden Kern ab, über einen separaten Kamin kann gefiltert entlastet werden. Panzerbrechende Geschosse scheitern zwangsläufig an den viel zu dicken inneren Barrieren. So makaber es klingt – Terroristen können offensichtlich rechnen.

Fazit

Ein kritischer Leser fragt sich, warum zum Schutz menschlichen Lebens Bündnis90/Die Grünen nicht verlangen, dass  Hochhäuser, Stadien und Chemiefabriken mit Betonpanzern ausgestattet oder abgeschafft werden. Zu Recht erinnert Kritikalität an den Chemiunfall in Bhopar, Indien.

Gefährlicher Chemiemüll ↓↑

Dass ein in Deutschland fast vergessener Chemieunfall in Indien auch noch 28 Jahre später nach Deutschland ausstrahlen kann, zeigte 2012 das Angebot der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), 350 Tonnen mit Pestizid belastetes Erdreich in Deutschland zu verbrennen. Dies schien der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Stadtverordnetenversammlung in Gernsheim zu gefährlich, weshalb sie am 20.06.2012 eine Resolution mit Ergänzungen der SPD-Fraktion vorlegte, die einstimmig verabschiedet wurde. Darin heißt es: „Kein Giftmülltourismus, sondern verantwortungsvolle Entsorgung vor Ort“. Zudem berge der Transport hochgiftiger Abfälle unverhältnismäßige Gefahren für Mensch und Umwelt. Statt hochgiftigen Müll um den halben Globus zu transportieren und in Deutschland in unterversorgten Giftmüllverbrennungsanlagen zu entsorgen, muss Politik und Wirtschaft Indien dabei helfen, den Müll selbst sicher zu entsorgen.”

Warum wird die Gefahr eines Terrorangriffs auf ein Atomkraftwerk so stark hervorgehoben, wenn es doch viel einfachere, wirksamere und kostengünstigere Möglichkeiten gibt, eine Nation zu lähmen? Die von Flugzeuganschlägen ausgehende Gefahr ist für jedes vollbesetzte Hochhaus oder Stadion und die Verseuchungsgefahr durch jede nach Gewinn strebende Chemiefabrik erheblich größer. Im Gegensatz zu den Chemiefabriken sind Kernreaktoren bestens geschützt. Der weltgrößte Chemiekonzern ist übrigens BASF.

Auszüge aus:

Quellen: