Rolf Günther, Versuchsingenieur mit vielen Berufsjahren Erfahrung in der Schwingungstechnik, geht davon aus, dass der Mensch Infraschall nicht nur bis 16 Hz, wie angenommen wird, oder bis 8 Hz noch hört, sondern noch weiter herunter. Neue Richtlinien für Windenergieanlagen erfordern die Erhebung von Schwingungsmessdaten, die den Infraschallanteil und den Schalldruckpegel von Windenergieanlagen zeigen. Diese Daten können ein Prüfpegel für die betroffenen Menschen ein.
Ich gehe davon aus, dass – wie immer – zur Feststellung der Hörschwelle sinusförmige Frequenzen, also ohne Oberwellen verwendet wurden. Windkraftanlagen erzeugen aber von Natur aus Oberwellen, die z.B. bei 4 Hz pulsieren.
Bisher fehlen noch immer Aussagen über den Infraschallanteil und den Schalldruckpegel, den Windkraftanlagen erzeugen. In der Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall (Herausgeber, Umwelt Bundesamt 40/2014) werden diese Dinge angesprochen.
Hier ein Zitat aus der Machbarkeitsstudie (Seite 25):
Auch wenn zunächst hilfsweise die Hörschwelle als Maßstab herangezogen wird, bleiben noch Fragen offen.
Die den Standards zugrunde gelegte Hörschwelle beruht auf Messungen bei Normalhörenden mit einzelnen Sinustönen. Es kann aber gezeigt werden, dass komplexe Geräusche auch schon dann wahrnehmbar sind, wenn die einzelnen Komponenten unterhalb der Hörschwelle liegen.
Eine weitere Diskrepanz besteht darin, dass die tieffrequenten Geräusche häufig in der Amplitude stark schwanken (soz. Pulsieren) und damit Adaptionsvorgänge im Gehör auslösen, die ebenfalls zu einer erhöhten Wahrnehmung führen. Über dies hinaus scheinen die tieffrequenten Schalle und der Infraschall bei längerer Exposition bei den Betroffenen zu einer erhöhten Wahrnehmung zu führen.
Weiteres zum dem Thema “komplexe Geräusche”. Machbarkeitsstudie: Seiten 14, 15, 26, 44, 45, 63, 75, 111, 116, 117, 118
Einige Male wird in dem Dokument die Psychoakustik zwar erwähnt, findet aber ansonsten keine Beachtung und Anwendung. Auch die durch WEA`s erzeugten Erschütterungen werden nicht berücksichtigt.
Desweiteren erzeugen Windenergieanlagen mechanische Schwingungen. Das bedeutet, dass neben dem emittierten Luftschall auch Körperschall über das Erdreich übertragen wird, und sich als Immissionen in Gebäuden bemerkbar macht. Der Körperschall breitet sich im Erdreich wellenförmig über große Entfernungen aus und kann sich von dort über das Fundament in Gebäude übertragen. In den Gebäuden selbst können durch die Wellen des Luft- und Körperschalls Schwingungen auftreten, die Wände und Decken in ihren Resonanzen anregen. Diese “Vibration” kann der Mensch über den Hör- und Tastsinn wahrnehmen. Werden durch die Schwingungen der Decken und Wände hörbare Schallwellen erzeugt, spricht man von sogenanntem “sekundären Luftschall”. Diese Immission erzeugt letztendlich in geschlossenen Räumen stehende Wellen, wodurch der Schalleindruck noch verstärkt wird. Dieser tieffrequente Luftschall und der Körperschall (Dauererschütterungen) können also als Störschall auch in großen Entfernungen vom Emissionsort – gerade nachts – innerhalb von Gebäuden – hör- und oder fühlbar werden. Es gibt genügend Beispiele die das belegen.
Von Körperschall ist allerdings in der PTB – Untersuchung keine Rede.
Zum Schluss möchte ich noch auf folgendes aufmerksam machen:
Windenergieanlagen, kurz WEA`s genannt, sind Maschinen mit riesigen Ausmaßen und müssten auch schwingungstechnisch als ganze Einheit behandelt werden (ganz neu: Richtlinie VDI 3834 Beurteilungsmaßstäbe für mechanische Schwingungen von WEA`s).
Der Grund dieser neuen Richtlinie besteht darin, die Lebensdauer und Ausfallwahrscheinlichkeit von WEA`s zu verbessern. Und dazu sind detaillierte Schwingungsmessdaten erforderlich, die wiederum Infraschallanteil und den Schalldruckpegel von WEA`s zeigen. Hat man diese Daten, so kann man sie als Prüfpegel für die betroffenen Menschen verwenden.
Rolf Günther