Kosten

Opportunitätskosten (2): Kosten der Energieversorgung

Opportunitätskosten der Energiewende (2)

Die Opportunitätskosten (Opportunity cost), die auch als Schattenpreis, Alternativkosten oder Verzichtkosten bezeichnet werden, spielen  in der Wirtschaft eine bedeutende Rolle. Sie beschreiben in den Wirtschaftswissenschaften einen Gewinn, der dadurch geschmälert wird, dass auf eine Handlungsalternative verzichtet wird. In Marktwirtschaften müsse jeder, der in irgendeiner Form Verantwortung übernimmt, den Umgang mit den Opportunitätskosten  gelernt haben, sagt der Nationalökonom Prof. Dr. Hans-Lothar Fischer. “Lernen Ökonomen, Kaufleute und Ingenieure dies in ihrer Berufsausbildung nicht, dann ist es um ihre beruflichen Chancen schlecht bestellt.”

Auch von Politikern und Verwaltungsfachleuten sollte man erwarten, dass sie die Opportunitätskosten der Energiewende kennen: Der Schattenpreis sind volkswirtschaftliche Verluste, für die sie die Verantwortung tragen.

 

Klima, Niederschläge und Breitengrade

Die jährliche Sonneneinstrahlung hängt von der Neigung der Erdachse und den Breitengraden ab, sie ist in Zonen nahe am Äquator (Poona in Indien) deutlich höher als in nördlichen Breiten nahe des Polarkreises (Bergen in Norwegen). Jahrestemperatur und Häufigkeit von Niederschlägen variieren ebenfalls. Also findet man unterschiedliche Vegetationsformen.11  Ernährung, Kleidung sowie Ruhe-, Schlaf- und Wohnmöglichkeiten bestimmen die Lebensräume der Menschen und natürlich auch die Art bzw. Folgen
der zwischenmenschlichen Beziehungen und Konflikte.

 

Opportunitätskosten

In marktwirtschaftlichen Ordnungen treten diese Probleme normalerweise nicht auf. Ökonomen in Marktwirtschaften sprechen von Opportunitätskosten, wenn sie vom Nutzen bzw. dem ökonomischen Wert vorenthaltener Handlungsmöglichkeiten sprechen12 .Wenn man Hauseigentümern per Gesetz verbietet, kostenorientierte Mieten von Mietern zu verlangen, dann kommt es zu Problemen. Wenn Dach und Regenrinnen nicht mehr regelmäßig gewartet werden und defekte Teile nicht durch neue ersetzt werden, breiten sich Schäden aus. Regenwasser dringt in das Mauerwerk. Die Beseitigung der aus unterlassener Instandhaltung entstehenden Schäden führt also zu Folgekosten. Immobilieneigentümer konnten somit die notwendige Pflege der Bausubstanz nicht mehr leisten und haben schließlich die Immobilien dem Staat übertragen. Damit war der weitere Weg vorherbestimmt: städtische Gebäude wurden vernichtet.
Rigoros durchgesetzte staatliche Höchstmietenpolitik vernichtet Städte. Die volkswirtschaftlichen Verluste dieser Politik sind also Opportunitätskosten. Neben dem Problem der Instandhaltung gibt es bei Immobilien auch ein Modernisierungsproblem. Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik sollten auf dem neuesten Stand sein, der Zuschnitt der Räume und das Wohnumfeld müssen die Mieter ansprechen. Machen Hauseigentümer hier Fehler, bleiben die Mieter weg, wenn andere Anbieter bessere
und Objekte anbieten.

Wenn das Fließband einer Automobilfabrik zum Stehen kommt, weil z. B. ein Schweiß-Roboter ausfällt, dann muss jedes aufgrund dieses Ausfalls nicht fertiggestellte Auto mit seinem Marktpreis bewertet werden. Steht das Band z. B. für eine Stunde still, dann ergibt sich ein hoher Schaden.
Liegt der Marktpreis des Fertigprodukts z. B. bei 30.000 Euro, dann summiert sich der Schaden auf etwas über eine Million Euro. Während des Stillstands sind die Löhne weiter zu zahlen und es fällt weiterer Aufwand an. Fehler bei der Wartung von Kapitalgütern kommen einen Industriebetrieb also teuer zu stehen. Kommt es dann noch zu Stau bei Zulieferern, werden die Kosten des Stillstands auch in andere Betriebe exportiert und führen zu Schadenersatzansprüchen. Die volkswirtschaftlichen Kosten sind
dann höher als die betrieblichen Kosten des Stillstands.

Stelter

Dieser grundlegende Zusammenhang gilt vor allem für mehrstufige Produktionsverfahren. Fällt z. B. ein Roboter, ein Transportband, die Energieversorgung oder ähnliches in einem Zulieferbetrieb für  Frontscheiben, Autofelgen oder Armaturenbretter aus und kommt es deshalb zu Produktionsausfällen,
wird der Stillstand in nachgelagerte Stufen transferiert.  Die Stillstandskosten lassen sich auf Heller und Pfennig nachweisen und diejenigen, die diese Stillstände zu vertreten haben, werden zur Rechenschaft
gezogen.

Jeder verantwortliche Ökonom wird deshalb nach Wegen suchen, wie man diese Risiken vermeiden kann. Es entstehen Märkte für Instandhaltungsleistungen. Die Nachfrage auf diesen Märkten wird von den
Stillstandsrisiken bestimmt. Hohe Risiken führen zu hoher Preiszahlungsbereitschaft für die Leistungen von Anbietern, die Stillstand erfolgreich vermeiden können. Das stellt einen Anreiz für Anbieter dar, die diese wichtigen betrieblichen Aufgaben lösen können. Es bilden sich Unternehmen, die wichtige Kapitalgüter (z. B. Roboter) warten können. Die Hersteller der Roboter werden sich um besonders wartungsfreundliche Produkte bemühen. Je länger die Wartungsintervalle sind, umso störungsfreier läuft der normale Produktionsprozess. Roboter mit guten Diagnosesystemen werden bevorzugt, wenn sie erkennen lassen, wann welche Wartungsschritte als nächste zu erledigen sind. Wenn einzelne Anbieter das nicht schaffen, dann werden eben Konkurrenten ihnen diese Aufträge wegnehmen. Auf Wartungs- und Instandhaltungsmärkten herrscht also intensiver Wettbewerb.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel: Ein Betrieb, der einen Automobilproduzenten mit den Reifen für die Erstausstattung beliefert, wird natürlich auch den Markt sehr sorgsam beobachten, auf dem die Kfz.-Käufer später Winter- und Sommerreifen nachfragen. Ein Betrieb, der den Automobilproduzenten mit Zündkerzen beliefert, wird auch den Markt betrachten, auf dem die Autofahrer Ersatz für ihre verbrauchten Zündkerzen nachfragen. Auch hier werden die Verantwortlichen in den Betrieben darauf achten, dass die Nachfrager zufrieden gestellt werden. Kunden sind sehr kritisch: wenn sie die geforderten Ersatzteile nicht sofort bekommen, “stimmen sie mit den Füssen ab” und gehen zum Konkurrenzanbieter, wenn sie dort die bessere Leistung finden. So achten Automobilhersteller sehr genau darauf, ob ihre Zulieferer ebenfalls in der Lage sind, den Ersatzteilbedarf der Konsumenten schnell und zuverlässig zu befriedigen.
Auch auf diesen Märkten herrscht intensiver Wettbewerb.

Es gibt wichtige institutionelle Voraussetzungen dafür, dass die Dinge wie oben skizziert funktionieren. Eine Marktwirtschaft setzt einiges an Grundbedingungen voraus: Die Entscheidungsträger müssen ökonomische Wahlmöglichkeiten haben. Sie müssen die Erträge ihrer Entscheidungen verwerten können und auch für die Risiken von Fehlentscheidungen einstehen.
Um Verwertungsrechte zu garantieren, bedarf es einer von allen akzeptierten Rechtsordnung. Klar definierte Eigentumsrechte und Schutz davor, dass andere in diese Rechte eingreifen. Die Entscheidungen von Anbietern und Nachfragern müssen auf funktionierenden Märkten koordiniert werden. Kommt es zu Überangeboten, dann müssen unter sonst gleichen Bedingungen die Preise sinken. Kommt es zu Übernachfrage, dann müssen die Preise steigen. Steigende (sinkende) Preise haben wichtige Signalfunktion für Anbieter und Nachfrager. Wer in den Preismechanismus – aus welchen Gründen auch immer – eingreift, setzt diese wichtige Voraussetzung einer Marktwirtschaft außer Kraft.

In Marktwirtschaften muss jeder, der in irgendeiner Form Verantwortung übernimmt, den Umgang mit den oben skizzierten Problemen gelernt haben. Lernen Ökonomen, Kaufleute und Ingenieure dies in ihrer Berufsausbildung nicht, dann ist es um ihre beruflichen Chancen schlecht bestellt. Auch hier gilt das Prinzip des Wettbewerbs. Von Politikern und Bürokraten sollte man das eigentlich auch erwarten.

 

Kosten der Energieversorgung

Die Energieversorgung einer Volkswirtschaft erzeugt ganz allgemein Kosten der Gewinnung und Bereitstellung der Energieinputs (Kohle, Gas, Kernbrennstoffe etc., bei der Verarbeitung der Inputs oder auch Produktionskosten, Kosten der Verteilung an die Verbraucher und Kosten der Instandhaltung aller Systemkomponenten).

Bei der Einführung neuer Energietechnologien ist sorgfältig zu prüfen, ob diese die traditionellen Verfahrensweisen der Erzeugung und Verwendung vollwertig ersetzen oder ob sie zusätzlich geschaffen werden. Entscheidend ist also die allzeitige und vollständige Verfügbarkeit der zu beurteilenden
Produktionsverfahren. Wenn die neuen Energietechnologien die traditionell notwendige, allzeitige Verfügbarkeit nicht mit absoluter Sicherheit garantieren können, sondern auf das weitere Funktionieren der traditionellen Verfahren absolut angewiesen sind, dann entstehen ganz volkswirtschaftliche
Zusatzkosten durch Parallelproduktion.

Wenn dann die Politik noch per Gesetz vorgibt, dass den alternativen Methoden der Energieerzeugung (Wind, Solar) gesetzlich Vorrang beim Zugang zum Verteilungsnetz eingeräumt wird und die dadurch entstehenden Kosten der sog. „Vorrangeinspeisung“ sowohl über höhere Stromtarife als auch durch staatliche Subventionen (also über Steuern) finanziert werden, dann müssen die dadurch zusätzlich entstehenden Kosten auch als Opportunitätskosten abgerechnet werden. Somit ergeben sich die gesamten Energiekosten der Volkswirtschaft nicht nur aus den Kosten der Erzeugung und Verteilung der traditionellen Energie durch die Erzeuger (Kohle, Gas, Kernenergie etc.) sondern auch die Kosten der
alternativen Energieerzeuger und es kommen die durch den privilegierten Netzzugang der Alternativerzeuger (Wind, Sonne) erzeugten Kosten der betrieblichen Anpassungen zur Sicherstellung der Netzfrequenzen als Kostenfaktor hinzu.

Hier spielen natürlich die Auswirkungen von Windstille- und Orkanereignissen sowie Bewölkung und natürliche Dunkelheit eine wichtige Rolle für Leitungsumfang und Verfügbarkeit dieser alternativen Energieträger. Die Opportunitätskosten des dualen Energiesystems steigen also durch die politischen Vorgaben. Eigentlich müsste man hier noch auch die sogenannten politischen Überzeugungkosten ermitteln, die dann entstehen, wenn diese Energiestrategie auf politischen Widerstand trifft.
Die Höhe der politischen Überzeugungskosten wird entscheidend von dem Grad an naturwissenschaftlicher Bildung beim Wähler, Politiker und Bürokraten bestimmt. Je dümmer dieser Kreis der Akteure ist, umso
niedriger sind die Überzeugungskosten und umso größer wird der Schaden für zukünftige Generationen.

 

Speicherung von Energie

Ein zentrales Problem der Energieversorgung einer Volkswirtschaft besteht darin, dass erzeugte Energie nicht so wie Kohle, Erdgas, Erdöl oder Kernbrennstoff ohne Wirkungs- und Substanzverlust gespeichert werden kann. Man kann überschüssige Energie allerdings nutzen, um damit Batterien zu laden oder höher gelegene künstliche oder natürliche Stauseen über Turbinen mit Wasser zu füllen und dann zu gegebener Zeit die Batterien in das Stromnetz entladen oder die Stauseen über die Turbinen entleeren und dabei Energie erzeugen.

Das entscheidende Problem dabei ist, dass es in beiden Fällen (Füllen und Leeren der Speicher) zwangsläufig zu Energieverlusten kommt. Werden die Stauseen mit 70%-Wirkungsgrad gefüllt und liefern die Turbinen beim Entleeren des Stausees ebenfalls mit einem Wirkungsgrad von 70%, dann beläuft sich der Gesamtwirkungsgrad auf 49%, weil 0,7*0,7 = 0,49 gilt. Über die „Launenhaftigkeit“ der beiden angeblich erneuerbaren Energien informiert die folgende Grafik. Erläuternd ist darauf hinzuweisen, dass es sich hier um 12-Uhr-Meßwerte handelt. Da scheint im April normalerweise irgendwo in Deutschland die Sonne. Um 24 Uhr allerdings scheint sie nirgendwo in Deutschland. Bemerkenswert ist der Verlauf der
Windenergiewerte.

Die Schwierigkeit der Gesamtnetzbetreiber besteht nun darin, den Strom aus Kraftwerkserzeugung so zu dosieren, dass die Lücke zwischen der jeweiligen Stromnachfrage – aller Verbraucher, wohlgemerkt – möglichst genau gefüllt wird.

 

Windenergie und Pumpspeicher

El Hierro ist eine Insel im Atlantik mit einem erloschenen Vulkan. Hoch auf diesem wurden Windenergieanlagen installiert. Kräftige und stetig wehender Wind vom Atlantik sollten Strom erzeugen und damit den Energiebedarf von etwa 7.000 Inselbewohnern decken. Auf der Insel herrscht mildes
Klima und es gibt keine Industrie. Daher ist der Strombedarf nicht hoch.
Mit dem nicht direkt benötigten Strom aus den Windkraftanlagen sollten Pumpen ein Wasserreservoir auf der Spitze des Vulkans mit Wasser füllen. In Schwachwindzeiten sollte dann das gespeicherte Wasser über eine am Fuß des Vulkans gelegene Turbinenanlage in Strom verwandelt werden. Die Anlage wurde im Juni 2014 fertig.

Man hoffte, mit diesem System den gesamten Energiebedarf der Insel zu 100 % aus „erneuerbarer“ Energie zu decken. Bis dahin wurde die Energie von einem Schweröl-Kraftwerk geliefert, das sollte dann aber nur noch als Notfall-Reserve dienen.

Das in Aussicht gestellte Ziel – 100 % „sauberer EE-Strom“ – wurde nicht erreicht. Auch hochgelobte Nebenziele einer begeisterten Öko-Gemeinde – etwa die totale Umstellung des traditionellen Kfz.-Einsatzes der Insel auf E-Antrieb – mussten aufgegeben werden.

Anfang 2016 kam dann die Wahrheit heraus: Das 650 m über dem Kraftwerk gelegene Wasserbecken fasst lediglich 150.000 Kubikmeter Wasser. Experten schätzen, dass mindestens die fünffache, nach anderen Berechnungen sogar die 20fache Kapazität erforderlich wäre. Das jedoch ist wegen der erheblichen Erdbebengefahren in der Region nicht realisierbar. Es ergaben sich Probleme mit Über- und Unterspannungen und mangelnde Frequenzstabilität schuf Blackout-Gefahren. Zudem verursachte das salzige Meerwasser Korrosionsschäden an den Turbinen.

Schließlich stellte sich heraus, dass die Projektanten völlig falsche Strompreise je Kilowatt-Stunde versprochen hatten. Expertenmeinungen zufolge soll der Preis für den Strom bei 81 ct./kWh liegen.

 

Talsperren sichern die Wasserversorgung

Der Ruhrtalsperrenverband entstand kurz nach 1900 auf Initiative der preußischen Regierung zusammen mit den in der Industriealisierung aufstrebenden Städten im Ruhrgebiet. Die Ruhr führt vor allem in Sommerzeiten sehr häufig Niedrigwasser und in Zeiten mit hohen Niederschlägen und Schneeschmelze in Südwestfalen und Siegerland kommt es häufig zu Überflutungen. Das Problem: anhaltende Wasserknappheit bzw. starke Verschmutzung bei Niedrigwasser bedeuteten gesundheitliche Risiken für
die Bevölkerung. Hochwasser führten zu Flutschäden. Außerdem herrschte Wasserknappheit in den wachsenden Ruhrgebietsstädten. So plante man für die Flüsse am Oberlauf der Ruhr ein System von Stauseen. Das Jahrhundertprojekt hat sich bewährt: Trotz oft langer Perioden mit anhaltender
Trockenheit ist davon heute davon in der Ruhr jedoch wenig zu spüren. Dank des Talsperrensystems ist die Wasserversorgung für 4,6 Millionen Menschen im Ruhrgebiet gesichert. Die Speicher Möhne-, Bigge-,
Henne- und Sorpesee geben in diesen Trockenperioden nämlich jede Sekunde bis zu 17 100 Liter Wasser an die Ruhr ab, obwohl hier in dieser Phase nur etwa 2200 Liter pro Sekunde zufließen. “Ohne diese zu-sätzliche Wasserabgabe wäre die Ruhr in den letzten Tagen spätestens bei Schwerte immer wieder streckenweise trockengefallen, und der Abfluss in den Rhein bei Duisburg hätte nur etwa ein Viertel der tatsächlich gemessenen Wassermenge von 23 000 Litern in der Sekunde betragen”, so lautet eine zutreffende Aussage des Ruhrtalsperrenverbandes13.

Während meiner Schulzeit an Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Zweig des Märkischen Gymnasiums Iserlohn wurde in einer naturwissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft bei meinem verehrten Lehrer Herbert
Henkel die “Chemie des Hengsteysees” untersucht. Der Stausee am Zusammenfluss von Ruhr und Lenne diente nämlich vor allem auch dazu, die Trinkwasseranlagen am weiteren Unterlauf der Ruhr mit sauberem
Wasser zu versorgen. Das Wasser der Lenne hat “saure PH-Werte”, die von einem hohen Gehalt an Eisensalzen stammen. Das Ruhrwasser dagegen ist basisch. In dem Stausee werden die Eisensalze ausgefällt, der rötliche Schlamm wird von Zeit zu Zeit ausgebaggert. Diesen Zusammenhang
haben wir im Labor nachvollzogen.

Später dann in meinem Ökonomie-Studium bei meinem Lehrer Hans K. Schneider habe ich in meiner Diplomarbeit (Thema „Beurteilungskriterien für Großprojekte in der Regionalanalyse“ ) dieses Problem erneut aufgreifen können. Dabei stieß ich auch auf viele ähnliche Untersuchungen, die in den 30erJahren im Rahmen des “New Deal” die volkswirtschaftlichen Nutzen und Kosten von Staudamm-Projekten in den USA behandelten14.

 

Speicherung von Energie aus Wind und Sonne

Das Pumpspeicherkraftwerk am Hengsteysee – am Zusammenfluss von Ruhr und Lenne – pumpt Wasser in das höher gelegene Reservoir. Dies geschieht in den Nachtstunden, wenn aufgrund gesunkener Strom-Nachfrage nur wenig Strom aus traditionellen Kraftwerken über das Netz abgegeben werden kann. Die zu diesen Zeiten niedrige Nachfrage hat niedrige Preise zur normalen Folge. In Zeiten hoher Stromnachfrage – und demzufolge hohen Preisen je Kilowattstunde – wird der Pumpspeicher geleert. Trotz der dabei zwangsläufig auftretenden Umwandlungsverluste können Pumpspeicherkraftwerke unter bestimmten Bedingungen Kostendeckung erreichen, sodass sich die Investitionen für den Betreiber lohnen.

Betrachtet man das Umfeld genauer, in dem dieses Pumpspeicherkraftwerk wirtschaftlich arbeiten kann, dann muss man sehen, warum das Konzept des Ruhrtalsperrensystems mit einer mehrfachen Zielsetzung im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts entwickelt wurde.

Erstens ging es um die Verhinderung von Flutschäden durch Schneeschmelze im Tal der Ruhr und seinen Nebenflüssen in Frühlingszeiten.

Zweitens ging es um die Sicherstellung der Wasserversorgung für die Ruhr-Stahlindustrie nördlich des Haarstrangs.

Drittens sollte damit die Trinkwasserversorgung für die steigenden Bevölkerungszahlen in den Städten im nördlichen Ruhrgebiet sichergestellt werden.

Viertens kanalisierte man die Abwässer aus industrieller und ziviler Nutzung in einem zentralen Sammler über die nördlich im Ruhrgebiet fließende – Emscher in den Rhein.

Das gesamte System erwies sich als umweltpolitischer Erfolg:
Der Rhein war vor einiger Zeit – vor der ökologischen Sanierung der Wupper beispielsweise – etwa in Höhe der Einmündung der Wupper weitaus stärker verschmutzt als nach der Einmündung der Emscher
nördlich von Duisburg. Die Ruhr hat also den Rhein sauberer gemacht.

Betrachtet man nun die jahreszeitlichen Wasserstände an anderen deutschen Talsperren, dann stellt man fest, dass alle Talsperren im Herbst nur noch über geringe Wassermengen verfügen. Bei sinkenden Wasserständen kommen oft Bauruinen aus Zeit vor der Erbauung der Talsperre zum Vorschein.
Die Edertalsperre – gebaut zur Regulierung der Wasserstände in Weser und Mittellandkanal – läuft zum Herbst und Winteranfang fast leer.

Fragt man nun nach der Eignung der verschiedenen Ruhrtalsperren und auch der Talsperren im Bergischen Land für die Speicherung von Energie für Pumpspeicherkraftwerke, dann muss man zu dem Ergebnis kommen, dass das – wegen des immer wiederkehrenden Wassermangels – nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden kann. Das Gleiche gilt auch für den gesamten nordwestlichen Bereich der deutschen Mittelgebirge. Hier kommt die Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken wegen Wassermangels
nicht in Frage.

Hans-Lothar Fischer

 

Quellen:

11 M. Begon, J. L. Harper, C. R. Townsend, Ökologie – Institutionen, Populationen und Lebensgemeinschaften, Basel-Boston-Berlin 1991, S. 29 (terrestrische Biome) und S. 91 (Tägliche Sonneneinstrahlung Poona (Indien), Coimbra (Spanien), Bergen (Norwegen)
12 Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort „Opportunitätskosten“, Wiesbaden 1988
13 https://www.zfk.de/wasser/talsperren-sichern-wasserversorgung.html
14 Darunter die vorbereitenden Planungen der Staudämme im Tennessee Valley Authority und die Industriekomplex-Analyse für Puerto Rico. Der Zugang zu den Akten des Hengsteysee-Projekts war schwierig und sehr zeitaufwändig.

 

Titelfoto: Jochen Schneider

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