Parteinahe Stiftungen – ein „Kartell der Staatsplünderer“?

Parteinahe Stiftungen (1)

Stiftungsgelder wichtiger als „offizielle“ Parteifinanzen

Die Finanzen, Aktivitäten und die Berichterstattungen der politischen Parteien und ihrer Stiftungen sind heute in Deutschland eine Analyse wert. Obgleich das Thema ein halbes Jahrhundert alt ist, in Tausenden Publikationen oder Fernsehdebatten behandelt wurde, geriet es wieder in den medialen Fokus – zuletzt im Zusammenhang mit den „Populismus-Debatten“ und den AfD-Stiftungsplänen, die später genauer behandelt werden. Es geht um viel Geld, das wenig(er) kontrolliert wird.

 

Externe Parteienfinanzierung ist völlig legal

Politiker aller Couleurs brauchen hohe Finanzmittel für ihre vielfältigen Aktivitäten (Kampagnen, Publikationen, Veranstaltungen, „Unterstützung“ von Bewegungen und Vereinen usw.). Denn ihre Klientel will durch „freundliche Gesetze“ im Falle eines Wahlsieges begünstigt werden – das ist alles hinreichend bekannt. Wenn eine Parteienfinanzierung demnach legal und nichts Verwerfliches ist, gilt zu fragen, warum dieses Thema so oft negative Schlagzeilen macht? Das liegt letztendlich am Vorwurf des Missbrauchs und der Intransparenz bei der Finanzierung. Auch hier steht das liebe Geld im Vordergrund.

Interne Mittel (Mitgliedsbeiträge und -spenden) reichen für die politische Arbeit nicht mehr aus und externe Förderer und auch der Staat wollen (müssen?) einspringen. Lassen sich die staatlichen Mittel per Gesetz beliebig steuern, gilt das nicht für die Spenden und Zuwendungen von Privatpersonen und Unternehmen.

 

Spenden in unbegrenzter Höhe sind erlaubt

In Deutschland sind Spenden in unbegrenzter Höhe erlaubt. Die Ausgaben sind im bestimmtem Umfang steuerlich absetzbar. Dennoch gibt es ungeschriebene Verhaltensregeln, die zu einer Obergrenze führen. Ein „reiches“ Unternehmen wie Siemens wird keine Hundert Millionen Euro nur an die CDU spenden, was sie aus ihren Milliarden-Gewinnen leicht darstellen könnte, während sie den Linksblock stets benachteiligt. Dafür gibt es weitere Gründe. Zum einem sind die Ausgaben zweckgebunden und Parteigranden dürfen die Gelder nicht veruntreuen. Zum anderen wäre die öffentliche Empörung zu groß. Bei der nächsten Wahl würde die Beschenkte ordentlich an Wählerstimmen einbüßen. Viel Geld führt nicht automatisch zu einen Wahlerfolg. Daher spenden Großfirmen oftmals gleichzeitig an mehrere Parteien, was nicht jeder Otto-Normal-Verbraucher – der nur eine (zwei) Stimmen hat – sofort durchschaut.

Rechnen wir alle Gelder zusammen, ergaben die Finanzierungsquellen 2014 (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung) knapp 450 Mio.€, in 2017 waren es schätzungsweise schon 500 Mio. €. Genaue Zahlen sind in Rechenschaftsberichten der Parteien, die dem Bundestagspräsidenten (zuletzt für 2015) vorzulegen sind, zu entnehmen. https://www.bundestag.de/presse/hib/2017_06/-/511032. Leser, die sich genauer in Zahlen und Graphiken vertiefen wollen, werden beim Googeln erfolgreich sein.

 

„Politiknahe“ Stiftungen verfügen oft über mehr Geld als die Parteien selbst

Das Unvermögen, die professionelle politische Bildung in Deutschland nicht allein von den Parteien und ihren Abgeordneten bewerkstelligen zu können, erklärt die Existenzberechtigung so genannter politiknaher Stiftungen. Diese Einrichtungen setzen sich für die Grundsätze und Ansichten der ihnen „nahe stehenden“ Parteien ein. Warum man hierzulande nicht direkt von einer „Parteistiftung“ spricht, mag eine landespezifische Besonderheit haben. Auf andere Gründe wird im nächsten Beitrag eingegangen. In anderen Ländern gelten andere Systeme.

Die Einnahmen der politiknahen Stiftungen beliefen sich 2017 auf satte 601 Mio. €, davon stammten 581 Mio. € (97%) aus den Staatszuschüssen. Das ist um etwa 15% mehr als die Gesamteinnahmen aller in den deutschen Parlamenten vertretenen Parteien (Graphik). Auch die Anzahl der im In- und Ausland Beschäftigten steigt ständig und beträgt heute über 6.000 Personen.

Während vielerorts im öffentlichen Dienst, in Forschungsinstituten, Gewerkschafts- und Parteizentralen oder Kirchen oft der Rotstift herrscht, blüht und gedeiht „das Kartell der Staatsplünderer“ wie das politische Stiftungswesen manchmal genannt wird, ungehindert.

 

Besteht ein erhöhter Bedarf für politische Aufklärung?

Besteht in Zeiten des Populismus wirklich ein erhöhter Bedarf für politische Aufklärung („politische Propaganda“)? Was machen die Stiftungen mit dem Geld? Wer kontrolliert ihre Finanzen, und wie transparent ist ihre Berichterstattung? Wird die AfD mit einer AfD-nahen Stiftung die Stiftungs-Landschaft bald kräftig durchmischen, wie sie es bereits in den Parlamenten getan hat? Darüber mehr in den Folgebeiträgen.

Dr. Viktor Heese

Dr. Viktor Heese war 30 Jahre als Wertpapieranalyst im Bankensektor tätig. Heute arbeitet er als Dozent, Seminaranbieter und Fachbuchator freiberuflich (Themen: Kapitalmärkte, Fundamental- und Chartanalyse, Emerging Markets, IFRS).

Titelfoto: cocoparisienne

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