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Martin Schwab – Bielefelder Juraprofessor im Visier des AStA

Der Bielefelder Jura-Professor Martin Schwab richtetet eine persönliche Erklärung an seine Studenten zu einer diffamierenden Stellungnahme des AStA.

Der AStA (Allgemeiner Studentenausschuss) ist in den Hochschulen die rechtlich offizielle Vertretung der Studierenden. Er wird vom Studierendenparlament gewählt und besteht aus einem oder mehreren Vorsitzenden sowie einer Reihe von Referenten für verschiedene Aufgabengebiete. Ein allgemeinpolitisches Mandat steht ihm nicht zu.

Von rund 25.000 Studierenden an der Universität Bielefeld nahmen bei der letzten Wahl 2021 zum Studierendenparlament 952 Studierende teil. Dies entspricht einer Wahlbeteiligung von 3,8 %. Vorsitzende des AStA sind Ida Latendorf und Maximilian Hampel von der linksradikalen Liste unilinks.

Dass Studenten sich mit ihren Professoren streiten, gehört zum Leben an Hochschulen. Universitäten waren stets Austragungsorte unterschiedlicher Auffassungen.

“Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren” lautete ein Slogan, mit dem Ende der 60-er Jahre Hörsäle gestürmt und Professoren, die im politischen Einklang mit der Regierung waren, zum Verschwinden aufgefordert wurden. Die Studentenbewegung der 60-er Jahre war nicht zimperlich.

Im Unterschied zu den damaligen kritischen Rebellen gegenüber Regierung, Hochschulen und Politik richtet sich der Zorn der Studierendenvertreter in Bielefeld gegen einen regierungskritischen Hochschullehrer.

Der AStA Uni Bielefeld fordert die Universitätsleitung auf, sich von Martin Schwab zu distanzieren und seine Aussagen zu verurteilen, weil er unter anderem gegen Presse und Medien gehetzt und den Bundesgesundheitsminister der Volksverhetzung bezichtigt habe.

Einige der schwerwiegenden Vorwürfe, wie sie der AStA Bielefeld gegen Martin Schwab und Wolfgang Wodarg erhebt, wäre in früheren Zeiten, vor Mai 1933, vermutlich dem Dachverband Deutscher Studentenschaften äußerst gelegen gekommen.

Der Anlass für den wenig linken Zorn der Linksradikalen war eine Rede von Prof. Dr. Martin Schwab, Rechtswissenschaftler und beamteter Hochschullehrer für Bürgerliches Recht und Verfahrens- und Unternehmensrecht, die er am 18. März 2022 auf dem Kesselbrink in Bielefeld zum Thema “Propaganda-Narrative” hielt.

Die linke, regierungskritische Studentenbewegung der 60-er Jahre konnte von konsequent demokratischen Juraprofessoren wie Martin Schwab nur träumen. Was umgekehrt den Schluss zulässt, dass “unilinks” zwar radikal, aber nicht links im Sinne von Aufklärung und Demokratie sein kann.

Persönliche Erklärung von Prof. Dr. Martin Schwab zur Stellungnahme des AStA vom 28.3.2022 und zum Beitrag vom WDR

„Liebe Studentinnen und Studenten der Fakultät für Rechtswissenschaft,

Der AStA der Universität Bielefeld hat am 28.3.2022 einen Text veröffentlicht, in dem ich auf eine Weise diffamiert werde, die ich so nicht unkommentiert im Raum stehen lassen kann. Da der AStA seine Stellung als studentische Interessenvertretung dazu missbraucht, mich Ihnen gegenüber öffentlich verächtlich zu machen und Ihr Vertrauen in mich als Hochschullehrer zu destabilisieren, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als mich auf diesem Wege an Sie zu wenden.

  1. Mit seiner Stellungnahme vom 28.3.2022 reagiert der AStA auf eine Rede, die ich am 18.3.2022 in Bielefeld auf dem Kesselbrink gehalten habe. Ich habe in dieser Rede beschrieben, mit welchen rhetorischen Mitteln Politiker und Medien versuchen, die Gegner der Corona-Maßnahmen und die Kritiker der COVID-Impfstoffe als Feindbild darzustellen.
  2. Die Stellungnahme des AStA bestätigt in vollem Umfang die Richtigkeit meiner Beobachtungen. Der AStA verwendet gegen mich dieselben Kampfbegriffe, die in ganz Deutschland seit zwei Jahren zum Aufbau dieses Feindbildes eingesetzt werden. Der AStA unterstellt mir zudem mit an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen eine Nähe zu Gruppierungen und Bewegungen, mit denen ich in Wirklichkeit keinerlei Verbindung habe und auch keinerlei Verbindung haben will. Damit setzt der AStA die Denkfigur der Kontaktschuld ein, die ebenfalls seit zwei Jahren zum Repertoire der besagten Feindbild-Rhetorik gehört.
  3. Es ist richtig, dass ich auf dem Kesselbrink deutliche Worte an die Adresse von Politik und Medien gerichtet habe. Aber ich habe – im Gegensatz zum AStA in seiner Stellungnahme – jede meiner Aussagen begründet und belegt (sogar die Quellen in meiner Rede datumgenau zitiert) und mich daher in vollem Umfang auf dem Boden der geistigen Auseinandersetzung bewegt. Mit Hetze gegen Presse und Medien hat das entgegen der Auffassung des AStA nichts zu tun. Der Begriff „Hetze“ trifft nicht auf meine Rede zu, sondern einzig und allein auf das, was sich die Gegner der Corona-Maßnahmen seit zwei Jahren anhören müssen. Und leider auch auf die Stellungnahme des AStA vom 28.3.2022.
  4. Zu dem bösartigen Rechts-Framing, das der AStA gegen mich in Stellung bringt, kann ich nur sagen: Ein Mensch ist nicht deshalb rechtextrem, weil Linksextreme ihn dafür halten. Jeder, der mich kennt, weiß, dass mir rechtsextremes Gedankengut völlig fremd ist. Ich muß das niemandem beweisen. Und deswegen werde ich auf die absurden Vorwürfe, die gegen mich erhoben werden, in der Sache gar nicht erst eingehen. Seit ich in der akademischen Lehre tätig bin, war ich immer für alle da, die meine Unterstützung brauchen, egal wer sie sind und wo sie herkommen. Und dabei bleibt es auch!
  5. Ich bleibe im übrigen bei dem, was ich auf dem Kesselbrink gesagt habe: Wer unbescholtene Menschen, die einfach nur ihr Leben zurückhaben wollen, mit Neonazis gleichsetzt, banalisiert das Treiben derjenigen, die wirklich mit einer ausländerfeindlichen und rassistischen Agenda unterwegs sind, und verharmlost damit das NS-Unrecht. Der Versuch, die Corona-Proteste in die rechte Ecke zu drängen, ist nicht nur substanzlos, sondern gefährdet auch unsere so wichtige Erinnerungskultur. Ich habe mich entschlossen, mich durch dieses Rechts-Framing nicht in die Defensive drängen zu lassen. Vor selbsternannten Tugendwächtern werde ich nicht einen Millimeter zurückweichen!
  6. Es ist richtig, dass ich in meinem Büro saß, wenn ich im Corona-Ausschluss auftrat und dort per Video zugeschaltet wurde. Auch bei einigen anderen meiner Video-Auftritte war dies der Fall. Ich sehe daran auch nichts, was in irgendeiner Weise dienstrechtlich bedenklich wäre. Wenn ich von meinem Büro aus der Tagesschau ein regierungsfreundliches Interview geben würde, würde sich niemand daran stoßen. Dann muss ich aber eben auch dem Corona-Ausschluss ein regierungskritisches Interview geben dürfen. In einer Demokratie. die diesen Namen verdient, gibt es keine höhere Instanz, die eine bestimmte Meinung bzw. einen bestimmten Medienkanal als „gut“ oder „schlecht“ zu qualifizieren befugt ist.
  7. Ich bin allerdings kürzlich von der Dekanin meines Fachbereichs gebeten worden, keine Videoauftritte mehr von meinem Büro aus zu machen. Dieser Bitte habe ich seither entsprochen und werde ihr auch weiterhin entsprechen – nicht, weil ich die Ungleichbehandlung von regierungsfreundlichen und regierungskritischen Äußerungen richtig finde, sondern weil ich die Dekanin meines Fachbereichs aus der Schusslinie nehmen will. Denn wenn innerhalb und außerhalb der Universität Kritik an meinen öffentlichen Äußerungen laut wird, suchen meine Kritiker das Gespräch nicht mit mir, sondern beschweren sich direkt beim Dekanat oder auch beim Rektorat. Den Mut, den direkten Austausch mit mir zu suchen, haben offensichtlich nur die wenigsten. Meine Entscheidung, keinen Video-Auftritt mehr von meinem Büro aus zu machen, dient also, wenn man so will, der Deeskalation.
  8. Ich werde allerdings auch weiterhin über meine Lehrstuhl-Homepage meine Verteidigungsschrift für Wolfgang Wodarg öffentlich zugänglich machen. Dieses Diskussionspapier (mit dem Titel: „Meinungsfreiheit und wissenschaftlicher Diskurs in der Corona-Krise“) ist Teil meines Schriftenverzeichnisses. Es ist mein Recht, meine Forschungsergebnisse auf meiner Uni-Seite zu veröffentlichen – unabhängig davon, ob andere diese Forschungsergebnisse für gut oder für schlecht halten.
  9. Ich stehe mit all meinem Denken, Reden und Tun fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ob auch der AStA der Uni Bielefeld auf diesem Boden steht, wage ich jedoch nach der Stellungnahme vom 28.3.2022 zu bezweifeln. Ich erinnere daran, dass die Studierendenschaft der Universität Bielefeld eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts bildet, genau genommen eine rechtsfähige Gliedkörperschaft der Universität (§ 53 Abs. 1 S. 2 Hochschulgesetz NRW). Der AStA ist Organ dieser Körperschaft (§ 55 Hochschulgesetz NRW) und ebenso wie diese an die Grundrechte gebunden. Zu diesen Grundrechten gehört auch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Dieses Grundrecht muss sich gerade dann bewähren, wenn jemand sich eine Meinung anhören muss, die ihm selbst nicht gefällt: Meinungsfreiheit ist die Freiheit, anders zu denken und anders zu reden. Der AStA hat es also zu respektieren, dass ich für meine Überzeugungen streite, auch wenn sie nicht die seinen sind. Genau dieses Recht möchte der AStA mir aber aktuell streitig machen.

Als Studierende unserer Fakultät haben Sie vor allem ein Recht auf Lehrende, die sich für einen gedeihlichen Fortschritt Ihres Studiums einsetzen. Diesen Einsatz habe ich 12 Jahre an der FU Berlin und bislang 6 ½ Jahre an der Universität Bielefeld erbracht, und zwar mit großer Leidenschaft. Ich werde auch weiterhin als Hochschullehrer für Sie da sein – und zwar völlig gleichgültig, wie Sie über Corona denken.

Ich freue mich auf das Wiedersehen mit Ihnen im Hörsaal!

Mit freundlichen Grüßen

Bielefeld, den 29.3.2022

Prof. Dr. Martin Schwab

Quellen:

https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/juraprofessor-der-uni-bielefeld-soll-querdenker-unterstuetzen-100.html

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Persönliche Erklärung veröffentlicht in: https://nrw.diebasis.nrw/stellungnahme-prof-martin-schwab-wdr-beitrag/

Titelbild: MPS, “Kartenspiel”, https://piqs.de/fotos/210702.html


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