Leitentscheidungen für die Braunkohle
Die Landesregierung NRW hat 1987 und 1991 in zwei Leitentscheidungen Vorgaben für den Braunkohlenabbau im Rheinischen Revier beschlossen. Darin sind die Erfordernisse der Raumordnung für eine langfristige Energieversorgung und die Erfordernisse der sozialen Belange der vom Braunkohlentagebau Betroffenen und des Umweltschutzes festgelegt. Die Leitentscheidungen sind gemäß § 29 Abs. 2 Landesplanungsgesetz landesplanerische Vorgaben für die Braunkohlenplanung. Auf der Grundlage der Leitentscheidungen werden die Braunkohlenpläne für die Tagebaue und die Umsiedlungen erarbeitet.
“Die Grundannahmen dieser beiden Leitentscheidungen haben die Braunkohle als sicheren, kostengünstigen und verfügbaren Rohstoff bewertet und den energiewirtschaftlich und energiepolitisch erforderlichen Einsatz festgestellt. Beide Leitentscheidungen haben die Braunkohle als volkswirtschaftlich günstigsten Energieträger hervorgehoben.”
Zukunft des rheinischen Braunkohlenreviers/Garzweiler II
Der neue Landesentwicklungsplan (LEP), der 2016 von einer rot-grünen Landesregierung beschlossen wurde, löst den bisher geltenden LEP aus dem Jahr 1995 ab. Er bündelt als Rechtsverordnung alle Regelungen zur Raumordnung in Nordrhein-Westfalen und legt die mittel- und langfristigen strategischen Ziele zur räumlichen Entwicklung des Landes fest.
Als Grundlage für die Leitentscheidung zur Zukunft des Rheinischen Reviers / Garzweiler II diente der Landesregierung die Auswertung von neun Studien, die sich mit der Energieversorgung bis in die 2050er Jahre auseinandersetzen. Als Ergebnis enthält der Landesentwicklungsplan vier Leit- oder Entscheidungssätze. Sie bestimmen die neue Leitentscheidung für das rheinische Braunkohlenrevier.
Wesentlich ist, dass der Braunkohlenabbau Entscheidungssatz 1 weiterhin als notwendig erachtet wird. Beschlossen wird eine Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler II, da ein langfristig erkennbarer Rückgang der Braunkohlenverstromung eine Neubewertung der Notwendigkeit des ursprünglich geplanten Umsiedlungsverfahrens erforderlich gemacht habe, so die Landesregierung. Der Hambacher Forst gilt nach wie vor als Abbaugebiet.
Entscheidungssatz 1:
“Erfordernisse einer langfristige Energieversorgung
Braunkohlenabbau ist im rheinischen Revier weiterhin erforderlich, dabei bleiben die Abbaugrenzen der Tagebaue Inden und Hambach unverändert und der Tagebau Garzweiler II wird so verkleinert, dass die Ortschaft Holzweiler, die Siedlung Dackweiler und der Hauerhof nicht umgesiedelt werden.”
Die Zukunft der Braunkohle
Die Landesregierun beurteilte die Leitentscheidungen von 1987 und 1991 als zutreffend und bewertete die Braunkohle erneut als einen sicheren, heimisch verfügbaren und preiswerten Rohstoff.
“Damit bleibt Braunkohlenabbau in den Tagebauen Garzweiler II, Hambach und
Inden in Nordrhein-Westfalen zur langfristigen Energieversorgung weiter erforderlich.”
Die Landesregierung “geht von der grundlegenden Annahme aus, dass die Gewinnung der Braunkohle zur Sicherstellung der Energieversorgung und ganz überwiegend zur Verstromung erforderlich ist.” Mehrere Gründe spielten für diese Einschätzung eine Rolle:
- Trotz der Umweltbelastungen, die von Braunkohle ausgehen, werde sie in den 2020iger Jahren für NRW ein wesentlicher Bestandteil des Energiemixes und damit noch erforderlich sein. Erst danach werde ihre Bedeutung allmählich bis 2050 zurückgehen.
- Die inländische Gewinnung und Verwendung der Braunkohle leiste bislang einen wesentlichen Beitrag für eine gesicherte und preisgünstige Energieversorgung von Industrie und Haushalten, nicht nur für NRW.
- Braunkohle diene der Versorgungssicherheit (gesicherte Verfügbarkeit des Energieträgers selbst und hoher Beitrag der Braunkohlenkraftwerke zur gesicherten Leistung).
- Sie leiste einen Beitrag zur Preisstabilität (andere fossile Energieträger wie Erdgas und Steinkohle weisen gegenüber der Braunkohle deutliche Kostennachteile auf).
- Mit der Abschaltung aller Kernkraftwerke werden bis zur vollständigen Deckung des Strombedarfs durch die erneuerbaren Energien noch fossile Kraftwerke benötigt werden.
Strukturwandel ohne soziale und ökonomische Brüche
Einen sofortigen oder zeitlich vorgezogenen Ausstieg hat die rot-grüne Landesregierung 2016 ausgeschlossen. Der Landesentwicklungsplan bezog die Veränderungen für NRW im Stromsektor bis zum Jahr 2050 und eine Anpassung an Veränderungen bereits mit ein. „Wir sind uns einig, dass ab den 2020er Jahren der Bedarf deutlich zurückgeht und haben darauf gemeinsam reagiert”, sagte Umweltminister Johanes Remmel (Grüne) laut Pressemitteilung.
Die Ausstiegsphase aus der Braunkohle sieht nach den Plänen der letzten, rot-grünen Landesregierung einen geordneten Rückzug vor. Er soll dem Strukturwandel im rheinischen Revier und damit der sozialen Verantwortung für die dort lebenden Menschen Rechnung tragen.
Entscheidungssatz 4:
“Strukturwandel im rheinischen Revier in örtlicher und regionaler Zusammenarbeit
Entwicklungsperspektiven für das rheinische Revier sind ausgehend von der örtlichen und regionalen Ebene gemeinsam zu erarbeiten. Das Land wird den Strukturwandel im rheinischen Revier weiter begleiten.”
In der ausführlichen Begründung der damaligen rot-grünen Landesregierung zu diesem Entscheidungssatz heißt es: “Die Landesregierung steht zu Ihrer industriepolitischen Verantwortung. Der Strukturwandel im Rheinischen Revier ist ohne soziale und ökonomische Brüche zu gestalten.” Auch die Umsiedlung war ein Thema. Sie sei ein schwerer Eingriff in das soziale Gefüge und das verfassungsrechtlich garantierte Eigentum der unmittelbar betroffenen Menschen. Sie galt unter der Bedingung als gerechtfertigt, “wenn die Sicherung der langfristigen Energieversorgung die Umsiedlung erforderlich macht.”
Vertrauensschutz und Planungssicherheit
Der Braunkohleabbau bedarf einer sorgfältigen Planung. Zwar wird die Braunkohle “just in time” verarbeitet, aber die Vorbereitungen darauf brauchen unter Umständen Jahrzehnte. Sie dienen dem stromproduzierenden Unternehmen, den Arbeitnehmern, der Versorgungssicherheit und auch den Einwohnern der Siedlungen, die dem Tagebau weichen müssen.
“Es gehört zu den Besonderheiten der Braunkohlenplanung, dass diese langfristig verlässlich und verbindlich sein muss. Dieses entspricht nicht nur der notwendigen Investitionssicherheit für die betroffenen Unternehmen, sondern auch den Grundsätzen der allgemeinen Energievorsorge, die ebenfalls einem längerfristigen Beurteilungshorizont entsprechen muss. Und schließlich bedarf die Lebensplanung der betroffenen Bürger einer verlässlichen Perspektive. Die Genehmigung eines Braunkohlenplans geht somit davon aus, dass dieser langfristig Bestand hat. Die Genehmigung begründet damit einen umfassenden Vertrauensschutz. Weder unterliegt sie einer regelmäßigen, noch einer beliebigen Änderbarkeit.”
Der Bedarf an hochflexiblen und -effizienten fossilen Kraftwerken wird zunehmen
Die Landesregierung NRW ist sich sicher, dass bis zur vollständigen Deckung des Strombedarfs durch die Erneuerbaren Energien noch fossile Kraftwerke benötigt werden. Die Landesregierung geht davon aus, dass mit dem fortschreitenden Zubau volatiler Erneuerbarer Energien der Bedarf an hochflexiblen und -effizienten fossilen Kraftwerken zunehmen wird. “Dabei wird Braunkohle auch weiterhin zur Stromerzeugung – wenn auch in abnehmendem Maße – gebraucht.”
Wegen der steigenden Strompreise und Ressourcenknappheit erscheint es zwar mehr als zweifelhaft, dass jemals komplett auf Kohle und Kernenergie gleichzeitig verzichtet werden kann. Unabhängig davon bedeutet die Bewertung der Braunkohle als einen sicheren, heimisch verfügbaren und preiswerten Rohstoff als größtmögliche Beitrag zur Versorgungssicherheit. Der Braunkohlenabbau in den Tagebauen Garzweiler II, Hambach und Inden in Nordrhein-Westfalen ist zur langfristigen Energieversorgung weiter erforderlich. Das heißt: Die Braunkohle wird auch in Zukunft unentbehrlich sein.
Quellen:
https://www.land.nrw/de/pressemitteilung/kabinett-beschliesst-neuen-landesentwicklungsplan-und-garzweiler-leitentscheidung
https://www.wirtschaft.nrw/sites/default/files/asset/document/leitentscheidung_5_07_2016.pdf