Klimaschutz spaltet US-Demokraten

James Hansen nennt den Green New Deal “Unsinn”

Am 20. April debattierte der früherer NASA Wissenschaftler James Hansen mit Varshini Prakash von der Graswurzelbewegung Sunrise Movements und Amanda Mukwashi von Christian Aid über den Klimaschutz. In diesem Gespräch, das Al Jazeera moderiert, nennt Hansen den Green New Deal “Unsinn”.

Der früherer NASA Wissenschaftler James Hansen machte als einer der ersten Klimawissenschaftler in den achtziger Jahren auf den Klimawandel aufmerksam. Er sagte 1988 aus, dass die Menschen für den Anstieg der globalen Temperaturen verantwortlich seien. Von dieser Auffassung ist er bis zum heutigen Tag nicht abgerückt. In der 12-minütigen Debatte wird jedoch, wie Grist feststellt, “eine wachsende Bruchlinie zwischen zwei Theorien über den Klimaschutz” deutlich. Grist ist ein US-amerikanisches Non-Profit-Online-Magazin, das seit 1999 Umweltnachrichten und -kommentare veröffentlicht.

Zwei Linien beim Klimaschutz

Den nur 14 Seiten umfassenden Green New Deal hatte vor wenigen Wochen die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez vorlegt (http://www.greennewdealgroup.org). Ein Antrag auf Umsetzung des Green New Deals im Senat scheiterte am 26. März 2019. Kein Senator stimmte für den Antrag. 57 von 100 Senatoren stimmten dagegen, nicht nur die Republikaner, sondern auch einige Demokraten. (Die europäischen Grünen haben sich den Vorstellungen des Green New Deals angeschlossen.)

James Hansen plädiert im Gegensatz zum Green New Deal für eine CO2-Steuer und für einen allmählichen Verzicht auf CO2-Emissionen. Er geht damit einen anderen Weg als die großen Umweltverbände und die Mehrheit der Grünen und Demokraten in den USA. Hansen sagt, dass die Menschen zur Hebung ihres Lebensstandards Energie brauchen: “Die Menschen brauchen Energie, wir müssen die Kosten für die fossilen Brennstoffe in die Gesellschaft einbeziehen.” Und dies solle über eine CO2-Besteuerung geschehen.

Wenn wir die Emissionen jetzt reduzieren, sagte Hansen, werden wir es ein bisschen wärmer als heute haben, und dann könnten die Temperaturen sinken. Er fügt hinzu, dass die fossilen Brennstoffe in den “nächsten Jahrzehnten” auslaufen müssen, um dieses Ziel zu erreichen.

Varshini Prakash widerspricht Hansen, denn sie glaubt, dass ihre Vorgänger zu wenig anbieten und zu spät reagieren. Sie hebt während der Debatte einen „Punkt ohne Wiederkehr“ hervor, eine Schwelle, bei der die Temperaturen so stark ansteigen, dass sie eine Reihe unaufhaltsamer und katastrophaler Rückkopplungsschleifen auslösen. Ein solches Ergebnis könne nur durch drastische Maßnahmen gestoppt werden, argumentiert sie.

Kernenergie – die pragmatische Lösung

Die Überarbeitung der vorhandenen Kernreaktoren und der Bau neuer Kernkraftanlagen gehören nicht zu den Maßnahmen, die sich Grüne und Demokraten ausdenken.

James Hansen jedoch gehört zu den vier prominenten Klimawissenschaftlern, außer ihm auch Ken Caldeira, Tom Wigley und Kerry Emanuel, die Anfang November 2013 in einem offenen Brief Umweltschützer dazu aufgerufen hatten, die Kernenergie im Kampf gegen die globale Erwärmung einzubeziehen. Sie befürchteten, dass sich bei einer anhaltenden Ablehnung der Klimawandel nicht verhindern lassen werde. Man könne es sich nicht leisten, heißt es in dem Brief, eine Technologie abzulehnen, die einen großen Teil des Kohlendioxid-Ausstoßes verringern würde. Die Klimawissenschaftler betonten, dass es keine glaubwürdige Alternative zur Stabilisierung des Klimas gibt, wenn sie der Kernkraft keine substanzielle Rolle einräume.

Die vier Wissenschaftler wandten in ihrem Brief ein, dass Fortschritte in Sicherheitsfragen neue Kernkraftwerke erheblich sicherer machen können als die gegenwärtige Generation. In dem Brief heißt es: “Quantitative Analysen zeigen, dass die Risiken, die mit einer erweiterten Nutzung der Kernenergie verbunden sind, um Größenordnungen kleiner sind, als Risiken, die mit fossilen Energien zusammenhängen. Es gibt kein Energiesystem ohne Nachteile. Wir fordern lediglich, dass Entscheidungen über ein Energiesystem auf Fakten basieren muss und nicht auf Emotionen und Vorurteilen, die nicht auf die Nuklear-Technologie des 21. Jahrhunderts zutreffen.”

Die Reaktion der Kernkraftgegner auf den offenen Brief der Klimaforscher war heftig. Der Protest von vielen Umweltschützern und prominenten Gruppen wie Sierra Club und Greenpeace ließ nicht auf sich warten; die Antworten lagen offenbar schon vor der geheim gehaltenen Veröffentlichung des Briefes parat.

In den USA haben sich, wie dies auch in Deutschland zu beobachten ist, fundamentalistische Organisations- und Meinungsstrukturen zur Förderung des neuen ökologischen Wirtschaftskomplexes herausgebildet, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Kernkraft nicht verarbeiten können oder wollen. Die Kernenergie ist für diesen Zweig der Industrie ein unschlagbarer Gegner und wird von ihm erbittert bekämpft.

Jens Krüger

Titelfoto: Screenshot Video Al Jazeera

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