Flugzeugabsturz mit Todesfolge im Kaufunger Wald – nach Kollision mit Windmessmast?

Ein Kleinflugzeug stürzte am Karfreitag, 03.04.2015, im Kaufunger Wald zwischen Nieste und Kleinalmerode in der Nähe der hessisch-niedersächsischen Landesgrenze bei dichtem Nebel und Schneefall in einem unwegsamen und schwer zugänglichen Teil des Waldes ab, der Pilot kam ums Leben.

Nach Angaben des Sprechers der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU), Germout Freitag, war die Untersuchung vor Ort einen Tag später, am Samstag, 04.04., abgeschlossen. Es werde allerdings sechs bis acht Wochen dauern, sagte der Sprecher, bis es einen ersten Zwischenbericht über die Ursache des Absturzes geben werde. Dies berichtete am selben Tag, um 17:45 Uhr, die HNA.de, ein Portal der Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA).

Bereits drei Tage später, am 07.04., steht allerdings für die BFU fest: “An der Maschine war alles in Ordnung”. Der Sprecher sagte weiterhin, dass die Überreste der Piper-Maschine deshalb nicht zur Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung nach Braunschweig gebracht, sondern verschrottet werde. Eine Untersuchung finde nur statt, “wenn wir keine Idee für den Grund des Absturzes haben.“ Die Staatsanwaltschaft Göttingen hat die Obduktion der Leiche des 67-jährigen Piloten angeordnet, das Ergebnis werde voraussichtlich in einigen Tagen vorliegen, sagte der Behördensprecher auf Anfrage.

Es wird schnell Gras über die Sache wachsen: Maschine intakt, schlechtes Wetter – der Pilot war schuld.

Flugzeuabsturz bei Nieste: Pilot tot

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Wären da nicht ein paar Ungereimtheiten und Fragen, die niemand beantworten will.

In der Nähe des Absturzortes wohnt Klaus J., der die Gegend um den Absturzort sehr genau kennt. Er weiß, dass in unmittelbarer Nähe der Absturzstelle ein Windmessmast steht, der bei Nebel bzw. Schneefall unsichtbar sei. Er stellte sich die Frage, wodurch der Flugzeugabsturz verursacht worden sein könnte: “Könnte es sein, dass das Flugzeug bei schlechter Sicht den Windmessmast touchiert hat?”

Beim Absturz herrschte dichter Schneefall und Nebel. Knapp eine Stunde nach dem Start hatte nach Zeitungsberichten eine groß angelegte Suchaktion begonnen, Einsatzkräfte der Bundes- und Landespolizei aus Göttingen und Nordhessen hätten zusammen mit etwa 100 Kräften der Freiwilligen Feuerwehren aus den Kreisen Göttingen, Werra-Meißner und Kassel nach dem Flugzeug gesucht. Fußspuren seien auch zwei Tage nach dem Unfall überall zu sehen gewesen, sagt Klaus J., der sich vor Ort umgesehen hat, aber nicht am Messmast:

– “Am Windmessmast selbst und in seiner Umgebung scheinen keine Recherchen unternommen worden zu sein, denn es fehlen Fuß- und Autospuren im Schnee. Es scheinen also die Ermittlungsbehörden diese Ursache für den Unfall noch nichtmal in Erwägung gezogen zu haben.”

– “Auffallend ist auch, dass ich keine Tragflächenteile an der Absturzstelle vorfinden konnte. Es liegen dort nur der Rumpf mit Leitwerk und das abgerissene Cockpit. Auch der Propeller liegt dort. Und natürlich jede Menge Papierkram und der abgerissene linke Schuh des Piloten. – Der hatte jedenfalls keine Chance und muss sofort tot gewesen sein.”

Klaus J. schrieb am Dienstag, 07.04., einen Kommentar zum HNA-Beitrag (Überschrift:  “Ermittler: Verunglücktes Flugzeug war technisch intakt”). Der Kommentar wurde gelöscht, die Kommentarfunktion deaktiviert. Die “Welt” hat jedoch seine Fragen veröffentlicht:

  • “Was ist mit dem Windmessmast in unmittelbarer Nähe?
  • Könnte es nicht sein, dass das Flugzeug bei schlechter Sicht den Windmessmast oder seine Abspannung touchiert hat?
  • Ist das Kartenmaterial immer aktuell?
  • Ist der immerhin 120m hohe, kürzlich aufgestellte Windmessmast im Kartenmaterial verzeichnet?
  • Warum ist das Flugzeug aus südlicher Richtung in den Wald eingeschlagen und nicht von Westen her?
  • Am Absturzort konnte ich keine Tragflächenteile finden. Wo sind die Tragflächen hin?
  • Am Windmessmast sind keine Beschädigungen erkennbar. Tragflächenteile habe ich dort auch nicht gefunden, aber hat das was zu sagen?
  • Wie weit kann ein abgerissenes Tragflächenteil durch die Luft geschleudert werden? Der weitere Bereich ist sehr unübersichtlich.
  • Warum befinden sich um den Windmessmast herum kaum Fuß- oder Fahrspuren im Schnee, haben die Ermittlungsbehörden diese Möglichkeit als Ursache nicht mit einbezogen?”
Flugzeugabsturz_Kaufunger_Wald_030415

Ein mögliches Szenario, das sich aus der Kombination der Flugrichtung, die allerdings etwas weiter nördlich, als in der Abbildung dargestellt, verliefe, einer Kollison mit dem Windmessmast und der Absturzstelle ergibt, ist das folgende: Die Tragfläche touchiert den Messmast oder das Drahtseil, der rechte Flügel wird beschädigt, der Auftrieb auf der rechten Seite ist dadurch geringer als auf der linken Seite, es folgt eine erzwungene Rechtskurve. Der Pilot hat versucht, das Flugzeug mit Querruder wieder geradeaus zu trimmen, was ihm kurzfristig gelang, aber nach einer weiteren Rechtskurve und einem Sinkflug folgte der Absturz.

Es bestehe kaum öffentliches Interesse, sagt Klaus J., “schon gar nicht, wenn dabei auch noch HSE mit dem Windmessmast als Mitverursacher dieses Unglücks in Frage kommen könnte. Es ist ja nicht auszudenken, wenn in Zukunft öfters Kleinflugzeuge auf Bergzügen von Windkraftanlagen geschreddert würden. Diese Diskussion möchte man möglichst nicht anfachen…”

Wer ist die HSE?

Der Energie- und Infrastrukturdienstleister HSE (HEAG Südhessische Energie) Regenerativ GmbH ist ein kommunales Unternehmen mit Sitz in Darmstadt. Die Konzernumsatzerlöse der HSE betrugen 2013 laut Geschäftsbericht 1,9 Milliarden Euro. Anteilseigner der HSE sind zu 93,13% die HEAG Holding AG, zu 5,12% Städte und Gemeinden.

Die HEAG Holding ist die Muttergesellschaft der HSE. Die Anteile an der HEAG halten zu 94,99 % die Stadt Darmstadt und zu 5,01 % die Sparkasse Darmstadt.

Der HSE-Konzern bezeichnet sich als einen der führenden Energie- und Infrastrukturdienstleister Deutschlands. Zu seinen Aufgaben gehören die regenerative Energieerzeugung, die klassische Versorgung mit Energie und Wasser so wie der Betrieb und Bau von Netzen und “energieeffizienten” Großanlagen. “Die HEAG ist der zentrale und maßgebliche Berater der Stadt Darmstadt in allen wirtschaftlichen Angelegenheiten der Stadtwirtschaft und stellt den Mittelpunkt einer Netzwerkorganisation dar, die sich auf Kommunikation und enge Zusammenarbeit zwischen den Beteiligungen sowie weitergehende Optimierung der Darmstädter Stadtwirtschaft konzentriert.” (Wikipedia)

Bürgerinititiative Kaufunger Wald

Der HSE-Konzern plant den Bau von zehn Windkraftanlagen nördlich von Großalmerode im Kaufunger Wald. Dagegen kämpft die Bürgerinitiative (BI) Kaufunger Wald: „Als ausgewiesenes FFH-Gebiet ist der Kaufunger Wald einer der letzten zusammenhängenden und unzerschnittenen Naturräume der Region“, argumentiert der BI-Vorsitzende Detlef Ahlborn. Die Initiative kritisiert unter anderem, dass hier offenbar ohne Information und Beteiligung der Bürger vollendete Tatsachen geschaffen werden, obwohl „alle Träger öffentlicher Belange in der Region“ schon seit Monaten sehr genau über die Planungen für den Kaufunger Wald als Windkraftstandort informiert seien.”

Faina Faruz

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