Ein Rezo-Nachspiel bei CORRECTIV

12 Punkte für Rezo-Grün!

Der von Medien und Bloggern geäußerte Zweifel, dass es sich bei Rezos Video um eine Auftragsarbeit gehandelt haben könnte, hat bei Correctiv ein Nachspiel. Es gibt dafür zwei mögliche Erklärungen. Entweder fehlt es Correctiv am richtigen Verständnis für den Konjunktiv oder, was viel schlimmer wäre, für berechtigte Zweifel. Correctiv sagt, dass keine der Webseiten Belege für die Verdächtigung liefere, dass das Rezo-Video eine Kampagne für die Grünen sei. Es wäre tatsächlich die Aufgabe investigativer Journalisten, dies mit Hilfe von Recherchen herauszufinden. Der Journalisten-Verein, der sich Recherchen auf die Fahne geschrieben hat, hat recherchiert – und hier ist sein Ergebnis:

“Die Grünen dementieren, das Video in Auftrag gegeben zu haben.”

12 Punkte für Grün! Ende der Veranstaltung und Schluss mit den üblen Verdächtigungen!

Ist der Fall Rezo jetzt erledigt? Nein, das ist er sicher nicht. Es wird nur noch interessanter. Welches Licht wirft der Fall Rezo auf Correctiv? Eine spannende Frage, wie man weiß, dass Correctiv eine von zwei Organisationen in Deutschland ist, die im Auftrag von Facebook etwaige Falschmeldungen prüfen und handlungsberechtigt sind.

Trotz einer nachvollziehbaren Kritik des Spiegel an Rezos Video (“zu viele belegbare Faktenfehler”, “Rezos Umgang mit Quellen und Fakten ist also keineswegs so brillant, wie es zahlreiche Reaktionen in den sozialen Netzwerken behaupten”, “irreführende Manipulation”) zeigt die Online-Umfrage des Spiegel, dass von knapp 90.000 abgegebenen Stimmen 75% eine positive Meinung vom Video haben. Es besteht also dringender Aufklärungsbedarf, auch und gerade in Bezug auf das Thema “Klimawandel”. Der Spiegel äußert sich wie folgt:

“Wenn ich solch ein Video mache, dann mache ich es ordentlich”, sagt Rezo am Anfang seiner Rede auf YouTube. Zumindest in Bezug auf den Klimawandel stimmt das nicht. (Spiegel)

Zweifel sind gesund

Die Internetseite “Tertium Datur” hatte kurz vor den Europa-Wahlen Zweifel an der Authentizität des ebenfalls kurz vor den Wahlen veröffentlichten Videos von Rezo geäußert. Die wurden kurzerhand als Behauptung umgedeutet. Tertium Datur hatte geschrieben:

„In Anbetracht obiger Stellenausschreibung steht zumindest im Raum, dass es sich hier um eine von einem Auftraggeber bezahlte politische Kampagne handeln könnte.“ (Tertium Datur)

Diese Formulierung sei “sehr vorsichtig”, räumt Correctiv zwar ein, zählt sie aber dennoch zu den Falschmeldungen, die nach Ansicht des Vereins eine Gefahr für die Demokratie darstellen. Wer diesen Artikel von Tertium Datur in durchaus kritischer Absicht und als Anstoß zu Eigenrecherche verlinkt, hat Correctiv im Nacken. Denn für den Verein sind nicht nur bewusste Falschmeldungen eine Gefahr für die Demokratie. Er kritisiert, dass mehrere Webseiten sich auf den Tertium Datur-Artikel berufen und die angedeutete Behauptung in ihren Überschriften zuspitzen. Das sei “ein klassisches Mittel, um unbelegte oder falsche Meldungen zu kaschieren. Viele Nutzer teilen die Beiträge aufgrund der reißerischen Überschriften, offenbar ohne die Artikel komplett zu lesen.”

Eine Überlegung, die, sollte sie Schule machen, jeder kritischen Äußerung, auch der von Profis in den Redaktionen einen Maulkorb verpasst, bevor sie getätigt werden kann.

Der gemeinnützige Verein Correctiv hat zurzeit die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass Facebook die Seitenqualität ungeliebter Facebookseiten schlechter beurteilt. Facebook kann die Reichweite der Seite verringern oder sie sogar löschen, weil Correctiv behauptet, sie verstoße gegen Facebook-Gemeinschaftsstandards und Richtlinien. Das sieht dann so aus:

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist Seitenqualitaet.jpg.

Löchriges Selbstbild

Correctiv hätte aufgrund seiner Überzeugung den Satz von Tertium Datur auch als eine Aufforderung an alle zur Überprüfung des Sachverhaltes verstehen können. Recherchieren mag der Verein. Immerhin taucht das Wort “Recherche” 49 Mal auf der Seite “Über uns” auf. “Wir initiieren Recherchen, die wir Kooperationspartnern zur Verfügung stellen oder recherchieren direkt gemeinsam mit unseren Partnern”, heißt es. Sehr gut, welche Partner meint Correctiv? Die Selbstdarstellung von Correctiv ist sehr freundlich, aber entspricht sie auch der Realität?

Immerhin erklärt Correctiv, auch dann schon etwas erreicht zu haben, “wenn viele Menschen unsere Recherchen wahrgenommen haben, ob durch unsere eigenen Publikationen oder weil andere Medien das Thema aufgegriffen und weiter recherchiert haben: Sie sind aufgeklärter und besser für eine gesellschaftliche Debatte gerüstet.” Das wäre ein echter Beitrag zur Volksbildung.

Aber Zweifel sind angebracht. Wollen die Macher von Correctiv wirklich zu Recherchen anregen? Warum haben sie dann das Themen-Potpourri von Rezo und die zahlreichen Lücken in seiner Präsentation nicht genutzt, um die vielen Facebooknutzer aufzufordern, sie zu füllen?

Zweifel an Rezos Video – Ein Fall für Recherchen

Dass die Zweifel von Tertium Datur nicht aus der Luft gegriffen waren, räumt Correctiv sogar ein. Der Verein vermerkt:

“Unter Kanalinfo gibt der Youtube-Kanal „Rezo ja lol ey“, der das virale Video veröffentlichte, eine Email-Adresse mit der Domain „Tube One“ an. Auch die Stellenanzeige der GmbH existiert tatsächlich. Beides ist aber kein Beleg dafür, dass das Video „Der Zerfall der CDU“ von jemandem in Auftrag gegeben wurde.” (Correctiv)

Zu dumm nur: Tertium Datur war klug genug, um keine Behauptung aufzustellen! Die musste Correctiv hineininterpretieren und mit Sanktionen gegen Facebooknutzer vorgehen. Eine verpasste Chance.

Gegen eine Unterstellung hätte Rezo aus verschiedenen Gründen (üble Nachrede, Geschäftsschädigung usw.) klagen können. Correctiv hätte sich gar nicht einmischen müssen. Aber der Verein ist mit der Lizenz zum Eingreifen ausgestattet und ist schneller und effektiver als der Klageweg, der ohnehin kaum Aussicht auf Erfolg hätte.

Man kann es natürlich auch so sehen: Facebook ist der Hausherr, kann Hausverbote erteilen und dafür Detektive einstellen. Den Facebook-Laden muss ja niemand besuchen.

Ein umfassendes Geschäftsprofil

Correctiv vereint in seinem Verein mehrere Funktionen. Er ist eine ethische Instanz (“Neben dem Kuratorium wacht ein Ethikrat über die ethisch saubere Arbeit von Correctiv”), zugleich aber auch Kläger und Richter. Ein mini-totalitäres System unter dem Dach von Facebook.

Das Geschäftsprofil von Correctiv ist vielseitig. Die selbst gestellten Aufgaben reichen über Faktenkontrollen weit hinaus. Sie schließen die Meinungskontrolle ebenso ein wie eine Volkserziehung.

“Wir wollen mit unserer Arbeit positive gesellschaftliche Veränderungen anstoßen.” (Correctiv)

Das hört sich ganz nett an, bedeutet aber, dass das Correctiv-Team ein bestimmtes Gesellschaftsbild haben muss, um die Mitglieder der Gesellschaft in eine bestimmte, nämlich seine Richtung zu lenken.

Die Folgen der Erziehungsmaßnahmen sind gewaltig, denn Facebook hat eine zunehmende Bedeutung als Nachrichtenkanal. 23 % aller Altersgruppen bezogen laut einer Umfrage des Reuters Institute der Universität Oxford (Link bei Wikipedia) ihre Nachrichten von Facebook. Im März 2019 verzeichnete Facebook rund 32 Millionen aktive Nutzer allein in Deutschland. Demnach erhielten rund 10 Millionen Menschen im März 2019 ihre Nachrichten über Facebook. (Zu Facebook gehören außerdem Instagram und WhatsApp.)

Correctiv nimmt also erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung in Deutschland.

Die Macht

Correctiv entscheidet über das Ausmaß der Bestrafung, über Einschränkungen einer FB-Seite oder sogar das Löschen der kompletten Seite! Von Nickeligkeiten, wie zum Beispiel Erschwernisse bei der Eingabe von Texten und verlangsamte Ladezeiten durch Kontrollvorgänge, soll gar nicht erst die Rede sein.

Hauptangeklagte im Fall Rezo/”Tertium Datur” sind aus der Sicht von Correctiv die Publikationsorgane Journalistenwatch (nachfolgend auch Politikversagen, Alternative Presseschau, die Facebook-Seite „Oliver Janich“ und Kopp Report), Epoch Times, 24Opposition und Zaro News genannt.

Jeder dieser Artikel sei “wiederum von zahlreichen Facebook-Seiten und Twitterkonten übernommen” worden, klagt Correctiv. “So verbreitete sich die vermeintliche Meldung tausendfach. Zum Beispiel teilte die AfD Bayern den Artikel von Journalistenwatch, wie sich mit dem Monitoringtool Crowdtangle nachvollziehen lässt.” Wobei die Erwähnung der AfD immer noch dazu dient, Reaktionen hervorzurufen wie nach der Beigabe eines Tropfen Maschinenöls in ein Glas Trinkwasser: die gesamte Menge wird ungenießbar.



Nach eigenen Angaben wird Correctiv in der rechtlichen Form einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) geführt.

Für die strategische Entwicklung von Correctiv ist ein Kuratorium zuständig. “Es sollen nur solche Menschen in das Kuratorium eingebunden werden, die den Erhalt der Gemeinnützigkeit und die Wahrung der Unabhängigkeit von Correctiv garantieren können” heißt es auf deren Homepage.

Wie Correctiv diese Unabhängigkeit gewährleisten will, ist schleierhaft. Die in der Reihenfolge aufgezählten Recherchethemen des Vereins lassen die für einen Anspruch auf Unabhängigkeit notwendige Ausgewogenheit und Distanz zu den Adressaten jedenfalls nicht erkennen.

  • Nein, ein Syrer mit vier Frauen und 23 Kindern bekommt nicht monatlich 30.000 Euro Sozialhilfe
  • „AfD-Stimmen mussten weg“? Keine Belege für angeblichen Wahlbetrug in Welden
  • Falsches Zitat von Claudia Roth zu Deutschen und „Nicht-Migranten“ im Umlauf
  • Nein, diese Fotos belegen nicht, dass Ska Keller „Mitglied der Terrororganisation Antifa“ ist
  • Der Verbreiter: „Journalistenwatch“ desinformiert mit Geld und Geschichten aus den USA
  • Der Geschichtenerzähler: Beim „Gatestone Institute“ entstehen Falschmeldungen, die bis nach Deutschland wandern
  • Wie eine angebliche Entscheidungshilfe Wähler in die Irre führt
  • Falsche und unbelegte Behauptungen über Flüchtlingskosten und Renten in Europa
  • Wieder verdrehte Zitate von Grünen-Politikerin Stefanie von Berg im Umlauf
  • Wird Facebook auch in Deutschland durchgreifen?
  • Facebooknutzer verbreitet gefälschtes Grünen-Foto
  • Wieder kursiert ein falsches Zitat von Claudia Roth auf Facebook
  • Bezahlte Posts auf Facebook und Twitter – Damit haben die bayerischen Parteien geworben
  • Zünden Menschen Flüchtlingsheime an, weil sie rassistische Posts auf Facebook gelesen haben?
  • „Dark Ads“ bei Facebook: Wie mit Falschnachrichten Stimmung für den Brexit gemacht wurde
  • Warum Alice Weidel nicht die beliebteste Politikerin bei Facebook ist
  • Kinder gefunden – Alter Artikel über kurzzeitig vermisste Kinder kursiert auf Facebook

Big Spender

Correctiv wird unter anderem von der Open Society Foundations  des amerikanischen Milliardärs George Soros finanziert (2017 laut Geschäftsbericht mit 159.022,93 Euro, 2018 mit 85.676,95 Euro), zum Beispiel für “den Einsatz gegen FakeNews.”

Die Omidyar Network Foundation, vom eBay-Gründer und Milliardär Pierre Omidyar ins Leben gerufen, spendete 2018 insgesamt 640.051,24 Euro. Die Hansestadt Hamburg trug 2018 mit 29.950 Euro zum Erfolg von Correctiv bei. Die Hamburger Stiftung für Kultur und Wissenschaft erübrigte 32.000 Euro und die Rudolf Augstein Stiftung (Sitz Hamburg) 35.000 Euro.

Total neutral?

Vorsitzender des Aufsichtsrates der Gemeinnützigen Gesellschaft Correctiv ist Lukas Beckmann. Er tummelt sich

  • im Vorstand vom Bündnis Bürgerenergie e.V. (BBEn),
  • im Aufsichtsrat der Bürgerenergie Berlin eG,
  • ist Mitglied der Präsidialversammlung des Evangelischen Kirchentags,
  • war 20 Jahre lang Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

Beiläufig bemerkt: Das vorläufige amtliche Ergebnis Hamburg weist für die Europawahl 2019 die Grünen mit 31,2 Prozent als Sieger aus. Die SPD, zweitstärkste Partei, kommt laut NDR auf 19,8 Prozent.

Die Moral von der Geschicht’

Jede Recherche setzt Zweifel voraus. Ähnlich wie in der Wissenschaft: Ohne Skeptik gibt es keinen Fortschritt. Diesem Zweifel soll es offenbar an den Kragen gehen. Er soll kanalisiert und kontrolliert werden, weil, wenn jeder zweifeln darf, wie er will, und das auch noch in den sozialen Medien, sind clevere Geschäftsmodelle bedroht. Und die wollen verteidigt werden.

Die Jahresberichte des Vereins findet man hier.

Wie wird man lästige “Mitbewerber” bei Facebook los?

Auf die Frage, wie wird man lästige “Mitbewerber” und Blogger (Kleinvieh macht auch Mist!) bei Facebook los? Eine mögliche Antwort:

“Wenn unsere Faktenchecker Falschmeldungen als solche kennzeichnen, nimmt deren Reichweite in sozialen Netzwerken drastisch ab.” (Correctiv)

Thomas Strate

Titelfoto: 470906, pixabay


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