Grönemeyer

Grönemeyer in Wien

Herbert Grönemeyer sagte auf seinem Konzert in Wien am 12. September 2019:

“Ich kannte das nur vom Hörensagen, in Zeiten zu leben, die so zerbrechlich, so brüchig und so dünnes Eis sind. Und ich glaube, es muss uns klar sein, auch wenn Politiker schwächeln, das ist, glaube ich, in Österreich nicht anders als in Deutschland, dann liegt es an uns zu diktieren, wie ne Gesellschaft auszusehen hat.”

Er spricht den Teil des Satzes “dann liegt es an uns zu diktieren, wie ne Gesellschaft auszusehen hat!” nicht ruhig aus, sondern brüllt ihn in die Menge. Das Publikum grölt begeistert zurück. Auch Menschen, die Grönemeyer ideologisch nahe stehen, reagieren aufgeschreckt. Zu ihnen gehört unter anderem auch der linksgerichtete Intellektuelle, Autor und Dramaturg Bernd Stegemann, der die linke Sammlungsbewegung «Aufstehen» unterstützt. Stegemann twittert:

“Der Tonfall, mit dem Grönemeyer sein Publikum politisch anheizt, macht mir ein wenig Angst. Ich sags ungern, aber er klingt wie ein Redner vor 1945.”

https://twitter.com/bernd_stegemann/status/1172833076159877120

Das sei Grönemeyers Stil, sagt der Moderator und Komiker Florian Schröder. Er brülle seine Moderationen und Songs immer auf diese Weise und verteidigte den Sänger. Den Aufruf mit einer Sportpalast-Rede zu vergleichen, sei “infam und vor allem dumm”. Entscheidend ist der Inhalt einer Rede, nicht der Ton. Wer den Ton, die Form, vom Gesagten trenne oder darüber stelle, betreibe gerade das Geschäft der Faschisten, sagt er.

Engels

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Anderen Menschen Meinungen zu diktieren, ist nur innerhalb bestimmter Herrschaftsformen möglich. Auch Grönemeyer müsste wissen, dass die Möglichkeit, Meinungen zu diktieren, nur unter bestimmten Herrschaftsformen möglich ist, die ihr Diktat grundsätzlich mit Blutvergießen aufbauen und sichern können. Grönemeyer weist selbst darauf hin, dass wir in zerbrechlichen, brüchigen Zeiten leben, und dennoch wählt er für den Inhalt seiner Schlachtrufe den Ton im Stile der berüchtigten Sportpalastrede Josef Goebbels, die bei den Konzertbesuchern 2019 eine ähnliche Resonanz erzeugten wie Goebbels Schlachtruf “Wollt ihr den totalen Krieg” beim Publikum 1943.

“Keinen Millimeter nach rechts! Keinen Millimeter nach rechts!”, rief Grönemeyer. Aber wer in Deutschland will ein faschistisches Regime errichten?

Das Problem liegt bei Grönemeyer. Dazu sagt Jonas Hermann in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ):

“Wie so oft in der Debatte verzichtet auch Grönemeyer auf die Unterscheidung zwischen rechts und rechtsradikal. Ob dies bewusst oder unbewusst geschieht, ist unklar. Wer die Begriffe aber absichtlich vermischt, tut dies möglicherweise, um jene Stimmen zu diskreditieren, die bloss eine abweichende Meinung vertreten oder weltanschaulich anders verortet sind.”

Zu denen, die diese Unterscheidung nicht bewältigen, sich ihrer demokratischen Gesinnung aber zu einhundert Prozent sicher sind, gehört auch der ehemalige Justiz- und derzeitige Außenminister Heiko Maas. Von ihm erhält Herbert Grönemeyer Zustimmung. Heiko Maas twitterte: “Es liegt an uns, für eine freie Gesellschaft einzutreten und die Demokratie gemeinsam zu verteidigen. Danke an Herbert #Groenemeyer und allen anderen, die das jeden Tag tun.”

https://twitter.com/HeikoMaas/status/1173139512576360448

Es fragt sich, aus welchem Grund, auf der rechten Seite eine wachsende Gewaltbereitschaft wahrgenommen wird, auf der linken aber nicht. Warum werden kriminelle Aktivitäten aus dem Umfeld der Antifa-Bewegung gegen Personen und Sachen stillschweigend geduldet, während jeder interpretierbare Satz eines politischen Gegners Politiker, Sänger, Schauspieler und Medien in Alarm versetzt? Man wird nicht nur die Texte der von Bundespräsident Walter Steinmeier gelobten Band “Feine Sahne Fischfilet” genauer unter die Lupe nehmen müssen, sondern auch das Lied von Herbert Grönemeyer “Kinder an die Macht”. Erfahrungen mit der Schülerbewegung Fridays for Future und den Aktionen im Hambacher Forst, die von Erwachsenen bejubelt werden, machen dies notwendig.

Kritik an Grönemeyers gefährlicher Diktaturphantasie üben nicht die Gegner des Faschismus, sondern diejenigen, denen man die Nähe dazu unterstellt, insbesondere der AfD.

Unterschiedliche Reaktionen

Suchergebnis bei Google, Stichwort “Grönemeyer”, Stand 17.09.2019, 11:15 Uhr, Zeiteinschränkung: letzte 24 Stunden

Stand: 17.09.2019, 11:15 Uhr (Google, Stichwort: Grönemeyer, die ersten sieben Einträge)
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Twitter-User verteidigen Herbert Grönemeyer gegen Angriffe von Rechts, 16.09.2019

NeverforgetNiki: ANSAGE an Herbert Grönemeyer, 16.09.2019


Titelfoto: geralt, pixabay

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