Sarrazin

Sarrazin in der Kritik

Zur Person Thilo Sarrazin

Thilo Sarrazin gilt als einer der profiliertesten politischen Köpfe der Bundesrepublik. Mit Deutschland schafft sich ab (2010) schrieb er einen Millionen-Bestseller, der eine große gesellschaftliche Debatte auslöste. Ebenso erreichten alle seine folgenden Bücher Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste.

Als Fachökonom und Politiker war Sarrazin verantwortlich für Konzeption und Durchführung der deutschen Währungsunion, beaufsichtigte die Treuhand und saß im Vorstand der Deutschen Bahn Netz AG. Von 2002 bis 2009 war er Finanzsenator in Berlin, anschließend eineinhalb Jahre Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank.

Sarrazin ist Mitglied der SPD. Ein Beschluss der Berliner Landesschiedskommission, ihn auszuschließen ist nicht rechtskräftig. Sarrazin hat angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.

Inhalt des Buches “Feindliche Übernahme”

Sarrazin vertritt in seinem neuen Bestseller “Feindliche Übernahme” den Standpunkt, dass das Zurückbleiben der islamischen Welt, die Integrationsdefizite der Muslime in Deutschland und Europa sowie die Unterdrückung der muslimischen Frauen eine Folge der kulturellen Prägung durch den Islam sind. Aus seiner Sicht sind dies Tatsachen.

Auch Deutschland müsse sich diesen Tatsachen stellen, sagt Sarrazin. In einem “Welt”-Interview steht er Rede und Antwort. Der Anteil der Muslime in Deutschland und Europa wachse durch Einwanderung und anhaltend hohe Geburtenraten immer weiter an. Bei einer Fortsetzung dieses Trends seien die Muslime hier auf dem Weg zur Mehrheit. Kritiker werten diese Position als “klar rassistisch”.

Sarrazin wirft dem SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil vor, er habe in einer mündlichen Berufungsverhandlung Mitte Januar keine Zitate vorlegen können, “um den gegen mich erhobenen Vorwurf des Rassismus zu belegen”. Sarrazin: “Es ging ganz offenbar nicht darum, Wahrheit zu ermitteln, sondern Gesinnung zu bestrafen.” Niemand aus der SPD-Führung habe belegen können, was daran sachlich falsch sei. “Ich lasse mir meinen Ruf als Sachbuchautor nicht kaputtmachen.”

Zu seinem Buch „Feindliche Übernahme“ sagte er, es handele sich um „ein wissenschaftliches Sachbuch, das niemanden beschimpft, das im Ton völlig neutral ist, welches aber unliebsame Fakten präsentiert“. Es gehe darum, die SPD vor Schaden zu bewahren. „Denn wenn sich diese Linie ,Gesinnung kommt vor Wahrheit‘ durchsetzt, ist es um die SPD langfristig wirklich geschehen.“

“Unsere Kultur und Gesellschaft lassen sich nur schützen, indem die weitere Einwanderung von Muslimen gestoppt und die Integration der bei uns lebenden Muslime mit robusten Mitteln vorangetrieben wird. Denn alle Tendenzen, den Islam zu reformieren, sind bisher weitgehend gescheitert. So gibt es in keinem Land, in dem Muslime in der Mehrheit sind, Religionsfreiheit und eine funktionierende Demokratie. Stattdessen leidet die islamische Welt als Ganzes unter einem explosionsartigen Bevölkerungswachstum, und ihre Fanatisierung nimmt ständig zu”, heißt es in dem Klappentext zu Sarrazins Buch “Feindliche Übernahme“.

Befreiungsschlag der SPD?

Sarrazin selbst hat angekündigt, notfalls alle Instanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht zu bemühen, um seinen Rauswurf zu verhindern. Das kann Jahre dauern. Bis dahin bleibt er SPD-Mitglied. Sarrazin will die SPD nicht verlassen, denn nicht er, sondern die SPD habe sich von ihren Grundsätzen entfernt. Er will erreichen, dass über die Zuwanderung und die Integration von Muslimen diskutiert wird.

Einer der schärfsten Kritiker Sarrazins ist Ralf Stegner. Er hat einen Abschluss als Master of Public Administration (Master im Bereich Verwaltungswissenschaft und -kunde). Seit 2008 ist Stegner Vorsitzender der SPD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Er wird zum linken Flügel der SPD gezählt. Von 2007 bis 2019 war er Vorsitzender der SPD Schleswig-Holstein und von 2014 bis 2019 einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD. Einige Auszüge aus Ralf Stegners Twitter Account zeigen seine unmissverständliche Abneigung gegen Sarrazin.

Ralf Stegner twitterte am 23. und 24. Januar:


Karl Lauterbach begrüßt ebenfalls die Entscheidung der Berliner Landesschiedskommission. Von Ende 2013 bis September 2019 war Lauterbach stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.

Pro und Kontra

Sarrazin verteidigt sein Buch “Feindliche Übernahme” als Sachbuch. Seine Kritiker beurteilen nicht die von ihm belegten Fakten, sondern die Diskussion darüber. Dies zeigt auch der Kommentar eines Lesers zu dem Buch “Feindliche Übernahme“.

“Undifferenzierter Blödsinn. Von der ersten Seite an spricht das Buch die niederen Instinkte an. Mein ganzes Leben lang kritisiere ich Religionen im Allgemeinen und die monotheistischen Religionen im Besonderen. Was ich hier lesen musste ist undifferenzierter Blödsinn. Der Islam hat keine eigen Baukultur sagt er, eigentlich unglaublich, dass es Menschen gibt die ihm das glauben werden. Ein Buch von einem hasserfüllten Autor für hasserfüllte Leser. Der Autor rühmt sich damit, nüchtern und unvoreingenommen an dieses Thema heranzugehen, das ist unfassbar. Mir persönlich macht die aktuelle Entwicklung in der Welt sehr große Sorgen und dieses Buch gießt Öl ins Feuer.”

Ein zweiter Leser sagt:

“Von Undifferenziertheit keine Spur. Zum Vorwurf der Undifferenziertheit muss gesagt sein, dass das Buch zum einen die Meinung des Autoren widerspiegelt und daher theoretisch undifferenziert sein dürfte – sie es aber m.M.n. dennoch nicht ist. Es handelt sich um eine sehr informative und mit Fakten und Quellen gespickte Lektüre.”

Eine eigene Meinung bilden

Die Debatte über die Einwanderungspolitik wird uns noch lange erhalten bleiben. Sie ist nicht durch Verbote oder Rausschmisse zu beenden. Im Gegenteil. Der Versuch, die Diskussion über Alltagserfahrungen von Menschen zu unterdrücken, ist das Öl, das den Rassismus befeuern kann.

Faina Faruz


https://youtu.be/7wztJNRnHeA

Christiane Soler ist Teil der INITIATIVE AN DER BASIS https://basisinitiative.wordpress.com.

Der Initiative gehören nach eigenen Angaben Lehrkräfte, Erzieher, Ehrenamtliche, Sozialarbeiter, BAMF-Übersetzer und Dolmetscher, Justizangestellte, Psychologen, Ärzte, Polizisten sowie säkular und kritisch eingestellte Geflüchtete und Migranten an. Sie bezeichnen sich als Engagierte, die haupt- oder ehrenamtlich mit Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten und teilweise selbst einen Migrationshintergrund haben. “Wir erleben aufgrund unserer Arbeit an der Basis bzw. unserer eigenen Erfahrungen täglich die Auswirkungen der Asyl-/Migrationspolitik sowie der fehlenden politischen Unterstützung. In unserer Arbeit an der Basis bzw. in unserem täglichen Leben werden wir regelmäßig mit Problemen und Missständen konfrontiert, die bislang in der öffentlichen Debatte zum Thema “Migration und Flucht” als Einzelfälle oder gar Ausnahmen deklariert werden. Dabei handelt es sich eben nicht um Ausnahmen, wie wir anhand unserer Erfahrungen feststellen können.”

“Es ist uns ein dringendes Anliegen, unsere gesammelten Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu bringen. Um Probleme anzugehen, ist es erforderlich, diese offen und ehrlich zu benennen, um dann eine sachliche Debatte darüber zu führen, wie diese (vor allem auch auf politischer Ebene) gelöst werden können. Wir von der Basis sehen uns in der Verantwortung, mit unserem – von vielen Menschen zusammengetragenen – Erfahrungsschatz wie auch erarbeiteten, möglichen Lösungsvorschlägen zu dieser Debatte beizutragen.”

Titelfoto: Sarrazin, www.thilo-sarrazin.de


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